27. März 2016 | Hochschule | von Annette Kerstein

Ali Abbasi aus Heidelberg startet für Cambridge beim Boat Race am 27.3.2016

Lieber Ali, Sie starten für Cambridge beim legendären Boat Race. Das ist so ziemlich das größte, was ein Ruderer erreichen kann. Wie fühlt sich das an?

Ich habe seit dem ich zum ersten mal vor 5 Jahren in ein Ruderboot stieg von diesem Moment geträumt. Es kommt dazu, dass Ruderer die erst in Cambridge mit dem Rudern angefangen haben nur selten einen Platz im ersten Achter bekommen. Ich bin also auch stolz darauf das erreicht zu haben.

Wie bereitet man sich auf solch ein Rennen vor? Wie sportlich und wie mental? Oder sollen wir das lieber nach dem Rennen fragen?

Natürlich steigen inzwischen die Erwartungen, aber wir sind sportlich gut vorbereitet. Wir haben eine Saison harten Trainings inklusive vieler Rennen hinter uns. Letztes Wochenende (am 13. März) sind wir auf der Rennstrecke in London ein Rennen gegen den deutschen U23 Achter gefahren und haben sie geschlagen, was natürlich das Selbstbewusstsein stärkt.

Was die mentale Vorbereitung angeht, so sprechen wir untereinander viel darüber wie wir das Rennen angehen. Vertrauen in einander ist extrem wichtig - wir helfen uns gegenseitig die Nerven zu behalten.

Die letzten drei Rennen hat Oxford gewonnen. Was ist der Plan um diese Serie zu unterbrechen?

Im Vergleich zur letzten Saison (als ich im Reserveachter war) war das Training dieses Jahr härter und die ganze Mannschaft zeigte mehr Konzentration und Disziplin. Das war nicht immer leicht, hat sich aber ausgezahlt, denn wir haben in der Vorbereitung alle Rennen gewonnen und gehen zuversichtlich in das Boat Race.

In der langen Geschichte dieser Ruderregatta sind abenteuerliche und aufregende Dinge passiert. Beim Rennen 2012 der Abbruch wegen des Schwimmers, der gebrochene Riemen und der Zusammenbruch eines Ruderers nach dem Rennen. Welcher Vorfall hat Sie persönlich in der Geschichte der Regatta am meisten beeindruckt?

Das Rennen 2003 ist für mich unvergesslich. Nach 6.8km wurde das Rennen von Oxford mit nur 30cm Vorsprung gewonnen. Es ist unglaublich wie beide Boote noch auf den letzten Metern um den Sieg kämpften, vor allem wenn man weiß wie das nach 17 Minuten weh tut.

Noch dazu waren zwei Brüder als Ruderer beteiligt - James saß im Cambridge Achter und David im Oxford Achter. Die Höhen und Tiefen der Saison und des Rennens sind Thema des Buchs "Blood over Water", das die Livingston Brüder darüber geschrieben haben.

Was wünschen Sie sich für das bevorstehende Rennen?

Ein faires Rennen. Und natürlich den Sieg.

Sie haben erwähnt, dass Sie erst vor 5 Jahren mit den Rudern begonnen haben. Was war die Initialzündung?

Während meiner Schulzeit hatte ich nie großes Interesse am Sport und hatte daher als ich nach Cambridge kam auch nicht vor das Rudern aufzunehmen. Ich wurde dann aber schon während der ersten Studienwoche auf einer Party angesprochen dass ich das Rudern versuchen solle.

Irgendwie merkte ich dann relativ früh, dass ich gut genug war, um eines Tages im Boat Race für Cambridge zu starten. Seit dem konnte ich dieses Ziel nicht aus den Augen lassen. Das Rudern ist inzwischen ein wichtiger Teil von mir, es hat mich täglich herausgefordert an mir selbst zu arbeiten und gemeinsam unter Druck Leistungen zu erbringen.

Wenn man Ihren Namen googelt stößt man auf den ZEIT-Online Bericht "Krebsforscher mit 16. Wie kam es dazu?

Ich hatte wirklich Glück in Heidelberg aufzuwachsen, weil es hier so viele Möglichkeiten für Jugendliche gibt, ihren Interessen zu folgen, vor allem in der Wissenschaft. Ich war Teilnehmer und später Mentor am Heidelberger Life-Science Lab. Dort arbeitete ich mit anderen Jugendlichen an wissenschaftlichen Projekten, was mich bis zum Bundeswettbewerb Jugend Forscht brachte. Dank dem Life-Science Lab und meinem Interesse an der Wissenschaft entschied ich mich dann auch für das Studium in Cambridge.

Was studieren Sie eigentlich in Cambridge?

Ich mache hier meinen Master in Computational Biology (Bioinformatik). Meinen Bachelor in Physik habe ich auch hier in Cambridge absolviert. Bioinformatik ist für mich ein idealer Übergang von der Physik in die Lebenswissenschaften und der Master hat mir erlaubt noch ein Jahr hier in Cambridge zu bleiben.

Ab diesem Sommer beginne ich das Medizinstudium in den USA. (In den USA wird Medizin als Aufbau auf den Bachelor studiert und das Studium dauert dadurch nur 4 Jahre. Ich entscheide mich grade zwischen Yale und der University of Chicago). Die Motivation dafür kam als ich ein Auslandssemester in Chicago absolvierte und dort in einer Klinik als freiwilliger Sozialhelfer mit illegalen Einwanderern arbeitete. Ich erlebte dort wie viele Menschen in den USA keinen Zugang zu guter Gesundheitsversorgung haben und das möchte ich ändern.

Wie gefällt es Dir ansonsten in Cambridge? Wie oft kommst Du dort zum Rudern?

Nach Cambridge zu kommen war die beste Entscheidung meines Lebens. Die Kombination von Studium auf hohem Niveau und Sport auf hohem Niveau hat mich begeistert und herausgefordert. Man trifft hier unglaublich viele inspirierende Menschen. Morgens trainiere ich mit Jungs die eines Tages bei den olympischen Spielen antreten werden und danach gehe ich in die Vorlesung mit Professoren die zu den Besten in ihrem Fach gehören.

Es ist schon eine Herausforderung das Rudern mit der Uni zu kombinieren, denn wir bekommen als Sportler keine Sonderbehandlung an der Uni. Wir trainieren 12 mal in der Woche und dazu kommen noch Physiotherapie, Pressetermine und Mannschaftsbesprechungen. Insgesamt verbringen wir ca. 50 Stunden in der Woche mit Rudern - man lernt sich also im Team gut kennen.

Lieber Ali, herzlichen Dank für das Interview! Wenn Sie mal wieder in Heidelberg sind, dann sind Sie jederzeit herzlich willkommen in der RGH. Für das Boat Race nächsten Sonntag wünschen wir viel Erfolg. Wir sitzen dann hier in der Rudergesellschaft Heidelberg beim public viewing und feuern Sie und Ihr Boot an! Genießen Sie die Zeit in Cambridge!

Ich bedanke mich ganz herzlich bei der RGH und den Trainingskameraden, die ich dort getroffen habe, für die Unterstützung in den letzten 5 Jahren.