04. Okt. 2015 | Wettkampfsport | von Maren Derlien

Erstmals Kirchboote beim Rheinmarathon am Start

Das 44. Düsseldorfer Marathonrudern mit rund 900 Teilnehmern aus 95 Vereinen aus Deutschland, Irland, Schweden, Frankreich und England war wieder ein großer Erfolg. Auf der deutschlandweit größten Breitensportregatta waren insgesamt 178 Mannschaften am Start. Gesamtsieger wurde die Renngemeinschaft Neuwieder Ruder-Gesellschaft/RC Kleinmachnow-Stahnsdorf-Teltow mit Markus Müller, Patrik Sassin, Ulf Hintze, Stefan Verhoeven und Michael Ehrle in 2:11,46 Stunden. Trotz niedrigem Rheinpegel konnten sich die Ergebnisse gut sehen lassen.

Kirchboote

Premiere: In den geklinkerten Kirchbooten saßen 10-14 Ruderer, ein Steuermann hielt das Schiff jeweils auf Kurs. Beim ersten offiziellen Rennen waren vier Mannschaften mit insgesamt 56 Personen aus Fermoy/Irland, Speyer, Ulm und Neuss gemeldet. Die ursprünglich aus Finnland stammenden Boote werden seit Mitte der 1990er Jahre auch in Deutschland gerudert, vielfach auf Wanderfahrten, nun auch beim Rheinmarathon. "Sie hatten alle riesen Spaß", freute sich Regattaleiter Ralph Beeckmann. "Die Kirchboote erfreuen sich in Deutschland immer größerer Beliebtheit."

Siegerehrung

Sieger waren alle, das Ziel wurde schließlich von allen Teams erreicht. Die Vorsitzende Melanie Lack und Regattaleiter Ralph Beeckmann holten alle ersten drei Platzierten und die Preisträger zur Ehrung nach vorne. Von Seiten der Stadt übergab ebenso Stadtdirektor Burkhardt Hintzsche Medaillen an die Schnellsten. "Der Verein hat tolle Arbeit geleistet." Er dankt dem Club für den enormen Einsatz und erwähnt diejenigen, die sogar während der Ehrung noch mitten in der Arbeit stecken. Die endgültigen Aufräumarbeiten folgen ja noch.

Der Bezirksbürgermeister Walter Schmidt vertrat mit seinem Besuch den Bezirk 3, zu dem u.a. Düsseldorf-Hamm gehört. Zudem war David Mondt von den Düsseldorfer Jonges (Bereich Sonderaufgaben, u.a. Sport) bei der Ehrung mit dabei. Als Spielerberater beim Eishockey hat er eher mit festem Wasser zu tun. Es könnte aber sein, dass das Eis schmilzt, er war sehr beeindruckt von der Regatta: "Ich zieh' den Hut vor den vielen Teilnehmern, eine tolle Leistung!"

Pokale/Ehrungen (Weiteres siehe pdf-Ergebnis)

Der Ulmer RC 'Donau' gewann den Hauptpreis, den Schlüssel-Alt-Schild. Hier waren u.a. das Kirchboot und das Riemenboot mit ihren guten Zeiten beteiligt. Der Riemenvierer mit Mahni Fatahi, Janis Köster, Florian Meiners, Julian Titze und Stm. Christian Huchthausen landeten als Riemenboot sogar auf Gesamtplatz drei.

Mit Gesamtplatz 17 war die Rgm. Akademischer RC Rhenus Sportheim e.V./Bonner RV 1882 e.V./RTHC Bayer Leverkusen mit Katrin Blömer, Sarah Klandt, Astrid Knollmann, Barbara Jonischkeit und Stf. Bernadette Witecy das schnellste Frauenboot der Regatta.

Neu war der Ehrenpreis vom Classic Boat Club, den die RG Benrath mit den Junioren Felix Logar, Ramon Bartelmus, Niklas Freiheit, Edgar Hartmann und Stf. Ronja Unverhau gewinnen konnte. Ralf-Peter Stumme, der den Pokal in seiner Bootswerft gebaut hat, war auch am Start: "Ich kann gar nicht ohne Rheinmarathon." Er möchte mit dem Club die Tradition des Holz- und Klinkerbaus aufrecht erhalten.

Seriensieger und "alterserfahrenste" Sieger

Seriensieger gibt es viele bei der 44. Auflage des Marathons, ein Team im Besonderen. Neunmal in Folge gewann der Doppeldreier der Rgm. Mülheimer Wassersportverein Köln/RTHC Bayer Leverkusen/Ruder- u. Tennis-Klub GERMANIA e.V. Köln mit Reinhard Schulz, Dr. Karl-Ernst Heinsberg und Thomas Christ sein Rennen.

Auch wenn die Männer mit Rekord-Durchschnittsalter 76 vor den Damen liegen, sie folgen unauffällig... Mit 74 Jahren haben die Frauen nach ihrem Sieg im Gig-Doppelvierer mit Stf. (Mindestdurchschnittsalter 70) vom Düsseldorfer Ruderverein eines bereits im Blick: die 75. Mit Jahrgang 1937 war Susi Huygen-Kleinmeyer die älteste Ruderin, die ruderälteste wiederum dürfte Antje Hellwig sein, die seit 1958 Mitglied im DRV ist. Mit an Bord ebenso Heide Barth, Karin Czempin-Kuhlmann und Stf. Bea Lindecke. Mit gleichem Durchschnittsalter gewannen die Clubkollegen den Gig-Doppelvierer mit Stm. (MDA 70) mit Kibi Breidenbach, Gerd Gilz, Wolfram Schildhauer, Detlev Sewczyk und Stm. Sven Breidenbach.

Marathon-Neulinge: 5 Geschichten

Es wären 178 Geschichten mindestens zu erzählen, eigentlich 900, klar. Hinter jedem Ruderer (mindestens) eine. Es gibt "Rudergeschichten", die fangen als Baby an, oder welche, die erst jenseits der 40 oder 50 Jahre anfangen. Zuerst zum Baby. Mit vier Wochen lernte die kleine Paula Rixgens schon das das Rudern hautnah kennen. Sie war natürlich erst nicht im Boot dabei, aber immerhin an Land mit der Mutter am vereinbarten Ort. Als Kind stieg sie dann mit ins Boot, fuhr mit ihren Eltern viel auf Wanderfahrten. Kürzlich stieg sie in das Rennboot um, für den Marathon aber erneut ins breite Gigboot. Mit ihren Trainingskameraden und -kameradinnen Harriet Fuchs, David Lehr und Levi Körber gehörten sie mit weiteren vier Teams (Lehrte/Senden, Fermoy, Leverkusen, Düsseldorf) zu den Jüngsten.

Mit über 40 Jahren kam zum Beispiel eine Ruderin aus Koblenz zum Rudern und ihrem ersten Rheinmarathon. Svanja Berchtold vom Karlsruher Rheinklub Alemannia fuhr in Renngemeinschaft mit dem Ruderclub Nürtingen zum ersten Mal mit. Im Rennen der Mixed-Gig-Doppelvierer der offenen Altersklasse erreichte die Mannschaft Platz 20 (von 28), ließen also einige hinter sich. Wie sie zum Rudern kam hat mit dem magischen Alter 40 zu tun. Sie bekam Gutscheine für vier Dinge, die sie so vorher noch nie gemacht hat: Klettern, Bogenschießen, Einradfahren und Rudern. Ganz einfach: Beim Rudern ist sie voller Freude hängen geblieben. Sie reihte sich bei ihrem ersten Marathon in die Aussagen fast aller ins Ziel gekommenen Teilnehmer ein: "Nie wieder! Das geht ja gar nicht..." Doch schon zur Zeit der Siegerehrung denk sie schon an das kommende Jahr. Insbesondere lobt sie die Veranstaltung: Toll, wie ihr das gewuppt bekommt!"

Ein weiterer Marathon-Neuling hat mit dem Rudern eine neue Liebe entdeckt und reihte sich mit Platz 21 direkt dahinter ein. Zum Rudern kam Markus Rathmann im vorigen Jahr, seine starke Seebehinderung hinderte ihn nicht daran. Der 47-Jährige wollte auch gleich den Marathon mitrudern. Es ergab sich nicht, aber in diesem Jahr. In seinem Klub, dem Mülheimer Wassersportverein (Köln), fühlt er sich so richtig wohl. Er musste aufgrund seiner stärker werdenden Seebehinderung den Radrennsport vor Jahren aufgeben. In der Radtouristik war er unterwegs, ebenso bei Radmarathon. Nun ist er ein glücklicher Rudermarathoni und mit der Körpergröße von 1,95 m in dem Sport sehr gut aufgehoben.

Auch wenn bei den Anfängern nochmal mehr "dabei sein ist alles" eine Bedeutung haben könnte, so sah es das Gewinnerboot u.a. ein wenig anders. Das mag an den Genen liegen? Ralf Kühn , Vater von Paula Kühn, langjährige Germania-Leistungsruderin, war schon als Anfänger Anfang des Jahres auf dem Ruderergometer voller Motivation, Bestleistung zu bringen. Zusammen mit den nicht weniger motivierten Mitruderinnen und Ruderern aus der Germania konnte er den Sieg erkämpfen.

Viel zu erzählen gäbe es auch bei den Gästen aus Schweden. Kurz gefasst: Die Schweden kommen schon lange zu der großen Veranstaltung an den Rhein. Neben dem Nachwuchs nun auch die Erwachsenen als Neulinge. Mona Sörmann , die an der Jönköpings University arbeitet, hat engen Kontakt mit dem Ruderclub und der Schule vor Ort. Sie schnupperte in das Rudern rein, begeisterte sich und fuhr gleich den Marathon mit. Mit einem Aufruf, den Rudersport kennenzulernen, erreichte die Universität kürzlich etwa 10.000 junge Erwachsene, 90 Studentinnen und Studenten meldeten sich daraufhin. Yale, Cambridge und Oxford sind die großen Vorbilder.