30. Juli 2021 | Nationalmannschaft | von Judith Garbe

Deutschland-Achter gewinnt Silber, Zeidler siegt im B-Finale

Der Deutschland-Achter hat wie in Rio 2016 die Silbermedaille gewonnen.

Der Deutsche Ruderverband verabschiedet sich mit zwei Silbermedaillen von den Olympischen Spielen in Tokio. Nach Silber im leichten Männer-Doppelzweier gestern, holte der Deutschland-Achter in einem ganz starken Rennen heute ebenfalls Silber. Oliver Zeidler fährt als Sieger des B-Finales nach Hause.

Enger lag ein Achterfeld vor einem olympischen Finale vielleicht noch nie zusammen. Eine Medaille war für alle Finalisten (Deutschland, Großbritannien, Neuseeland, USA, Niederlande und Australien) greifbar. Der Deutschland-Achter wollte Gold holen und hat am Ende Silber gewonnen. Das DRV-Flaggschiff mit Johannes Weißenfeld, Laurits Follert, Olaf Roggensack, Torben Johannesen, Jakob Schneider, Malte Jakschik, Richard Schmidt, Hannes Ocik und Martin Sauer (Ruderclub 'Westfalen' 1929 e.V. Herdecke/Crefelder Ruder-Club 1883 e.V./Ruder-Club Tegel 1886 e.V./Ruder-Club Favorite Hammonia/Ruderklub am Baldeneysee e.V./Ruderverein Rauxel von 1922 e.V./Ruderverein 'Treviris 1921' e.V. Trier/Schweriner Rudergesellschaft von 1874/75 e.V./Berliner Ruder-Club e.V.) war gut ins Rennen gestartet und ging als führendes Boot ganz knapp vor den Briten und Neuseeland auf die zweite Teilstrecke. Im weiteren Rennverlauf wurden die Neuseeländer auf der Nebenbahn immer stärker. Nach 1.000 m lagen mit Neuseeland, Großbritannien und Deutschland drei Boote fast gleichauf. Auf den dritten 500 m konnten sich die Neuseeländer mit fast einer halben Länge absetzen. Mit 1,76 Sekunden Rückstand ging das deutsche Boot als Dritter, noch hinter den Briten, auf die letzten 500 m. Gold schien bereits an Neuseeland vergeben, aber dahinter kämpften mit Deutschland, Großbritannien und den USA drei Boote um Silber und Bronze. Das Rennen sollte im Schlussspurt entschieden werden. Mit einem ganz starken Finish sicherten sich die Athleten von Uwe Bender die Silbermedaille, ein Zehntel vor den Briten auf dem Bronzerang. Für Neuseeland, die erst bei der Nachqualifikation in Luzern das Olympiaticket gelöst hatten, ist es nach 1972 die zweite Goldmedaille in dieser Bootsklasse.

Hannes Ocik: „Wir haben alle eine Medaille um den Hals hängen, das ist schon mal Grund zur Freude. Wir können sehr sehr zufrieden sein. Wir haben alles in die Waagschale geworfen, was uns heute zur Verfügung stand. Wir haben das Optimum herausgeholt. Heute war alles möglich, sowohl nach vorne als auch nach hinten.“

Martin Sauer: „Es ist sehr ordentlich gelaufen. Wir haben heute gegen einen der professionellsten Verbände, die es gibt, verloren. Wir schämen uns nicht dafür, dass wir gegen die ein starkes Rennen gefahren sind und am Ende den Kürzeren gezogen haben. Für mich bleibt immer, was die Jungs über die Jahre geleistet haben - mit viel weniger als die meisten sich vorstellen können. Alle haben das absolut Letzte aus sich herausgeholt. Wir müssen auf der Rasierklinge tanzen können, das haben wir gemacht.“ Für Sauer war es das letzte olympische Rennen als Steuermann des Deutschland-Achters. „Für mich ist es noch zu früh, um nostalgisch zu werden. Das muss man alles erstmal etwas Revue passieren lassen. Die ganzen letzten Jahre waren etwas Besonderes. Das wird bleiben.“

Richard Schmidt: „Die letzten fünf Jahre waren nicht einfach. Wir hatten viele Rückschläge, wir haben uns immer wieder rausgekämpft. Das mit der Pandemie hat uns echt zugesetzt. Ich muss sagen, dass ich echt stolz bin auf die Mannschaft. Wir haben heute ein super Rennen abgeliefert. Die Neuseeländer waren einfach bärenstark."

Deutlicher Sieg für Zeidler         
Nach dem enttäuschenden Halbfinal-Aus wollte Oliver Zeidler (Donau-Ruder-Club Ingolstadt e.V.) heute im B-Finale noch einmal alles aus sich herausholen. Und das gelang dem 25-Jährigen. Der Weltmeister von 2019 dominierte das Rennen von Beginn an und gewann mit mehr als einer Länge Vorsprung vor dem Italiener Gennaro Alberto di Mauro. Ein versöhnlicher Abschluss für den großen Favoriten. „Gestern war extrem hart, ich hab alles gegeben und es war schon ein bisschen unverständlich, wie es dann mit den ganzen Titeln, die ich zuvor geholt habe, nicht für das Finale gereicht hat. Ich habe mir das Rennen danach nochmal angeschaut. Wenn nicht diese unglückliche Zusammenkunft von Welle und Böe auf den letzten 150 m, mich dann in die Leine getrieben hat, gekommen wäre, hätte ich es auch als Dritter ins A-Finale geschafft. Aber es sollte nicht sein. Jetzt verstehe ich auch, besser als jeder andere vielleicht, dass Olympia seine eigenen Regeln hat. Ich brauche jetzt sicherlich noch ein paar Tage, zu reflektieren und bis sich das alles setzt“, so Zeidler, der auf jeden Fall bis 2024 weitermacht. „Ich möchte auch in Paris um Gold kämpfen, das schulde ich auch meinem Vater ein bisschen.“

Gold im Einer holte etwas überraschend der Grieche Stefanos Ntouskos, vor Kjetil Borch aus Norwegen und dem Kroaten Damir Martin.

Fazit des leitenden Bundestrainers       
Ralf Holtmeyer: „Wir hatten, optimistisch, mit vier Medaillen gerechnet, irgendwas klappt halt manchmal auch nicht. Der Frauen-Doppelvierer lag lange auf Silberkurs. Das ist total unglücklich, dass man dann zwei solche Hänger im Wasser hat bei der starken Welle, aber das kann immer passieren.  Es ist nicht nur uns passiert. Olli hatte gestern auch einen schlechten Tag mit dem starken Schiebewind und Seitenwelle. Er ist Späteinsteiger, da kann man so ein Bootsgefühl bzw. so eine Bootsbeherrschung nicht unbedingt erwarten. Das wird noch eine Zeit dauern, bis er die vielleicht hat. Der leichte Doppelzweier ist super gefahren gegen die Iren. Der Abstand war glaub ich noch nie so gering. Das ist über dem Wert gewesen, was sie in der Saison gebracht haben. Und bei den Achtern muss man Respekt vor Neuseeland haben. Im Vorlauf noch etwas hinten dran gewesen, den Hoffnungslauf dann gewonnen und heute ein super Rennen gefahren. Am konstantesten waren wir die vergangenen Jahre, aber dafür gibt es hier keinen Preis. Außer, dass wir jetzt Silber gewonnen haben. Die Leistung schwankt immer ein bisschen. Ich finde, sie haben heute eine gute Leistung gebracht. In der Streckenmitte haben wir ein bisschen liegengelassen, zum Schluss haben sie sich dann wieder gut gefangen. Vom Gesamtergebnis her sind wir aber schon enttäuscht, das kann man nicht weg reden.“  

Für Ralf Holtmeyer war es die letzte Regatta als leitender Bundestrainer. Nach insgesamt 35 Jahren im DRV ist jetzt Schluss für den 65-Jährigen, der sein Amt nun an seinen Nachfolger Christian Felkel übergibt. Auf die Frage, was man zukünftig strukturell verändern muss, sagte Holtmeyer: „Wir müssen wieder mehr Vereine dazu bringen, mehr in der Breite zu machen.“

Fazit des Vorsitzenden 
Siegfried Kaidel: „Es war enttäuschend. Aber am meisten enttäuscht sind die, die Medaillenchancen hatten und sie nicht nutzen konnten. Die auch vom Leistungsstand gut drauf waren, wie zum Beispiel der Frauen-Doppelvierer. Da muss man schauen, dass man diese Athletinnen und Athleten wieder aufbaut. In der Vorbereitung ist da ja nichts falsch gelaufen, sowas kann dann leider passieren.“

Von der starken Leistung der Neuseeländer zeigte sich Kaidel überrascht. „Dass die Neuseeländer so ein Ding raushauen, das ist schon besonders gewesen. Dass habe ich so nicht vermutet. Ich hatte eher mit England oder Niederlande gerechnet. Der leichte Männer-Doppelzweier ist sehr gut gefahren. Die Jungs sind auch mit den Bedingungen gut klargekommen.
Im Männer-Skull-Bereich ist es leider die gesamte Saison nicht so gelaufen, wie es hätte laufen sollen. Man hat es nicht hinbekommen, den großen Schritt nach vorne zu machen.“

Hinsichtlich Paris 2024 gibt sich Kaidel, der beim Rudertag im Oktober nicht noch einmal kandidieren wird, aber optimistisch. „Ich bin zuversichtlich, dass wir die Lücken bis 2024 schließen können. Nicht zuletzt durch unseren starken U23-Bereich.“

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