26. Juni 2018 | Panorama | von Georg Grützner, DRV-Mastersbeauftragter

Erfolgreiche Premiere: Masterstraining – ein Lehrgang des LRVBW

Anfang Juni 2018 fand eine zweitägige Fortbildung „Masterstraining“ unter der Leitung von Dr. Wolfgang Fritsch statt. Obwohl es schwer zu glauben ist, dass es noch Premieren bei Seminarthemen von Wolfgang Fritsch gibt: dies war eine! 

Insgesamt 17 Teilnehmer aus dem ganzen Bundesgebiet und vier Referenten bzw. Trainer kamen in Breisach zusammen. Neben Dr. Wolfgang Fritsch waren die Referenten Klaus-Dietrich „Epfel“ Günther (Videoaufnahmen und- analysen), Sebastian Ahlheim (Drohnenaufnahmen und Bootstechnik.) und Dr. Klaus Selzer (medizinische Themen). 

Masters sind verkannte Zielgruppe in den Vereinen
Die Teilnehmer waren, vielleicht anders als man es erwarten hätte können, keine „Spitzen“-Masters, die im Vorfeld der Offenen Deutschen Masters-Meisterschaft oder der Euromasters ihrer Rudertechnik  den vielleicht noch notwendigen Feinschliff geben wollten, nein es waren Ruderinnen und Ruderer die zum großen Teil vor Jahren schon als Quereinsteiger in die Vereine gekommen waren. Die Mehrzahl der Teilnehmer stammte dabei aus der Alterskohorte der geburtenstarken Jahrgänge.
Sie teilen das Schicksal vieler in deutschen Rudervereinen: Nach erfolgreicher Anfängerausbildung ist man in der Regel auf sich selbst gestellt und erhält keine weiteren Trainerstunden oder eine Weiterbildung in der Rudertechnik mehr. Diese Lücke hat das Seminar sehr erfolgreich geschlossen.
Das Lehrgangsprogramm sah eine ausgewogene Mischung aus Wassertraining mit Technikanalyse per Video- und Drohnenaufnahmen sowie Theoriestunden zum Thema Mastertraining, Neues zu Material und Technik und zur Leistungs- und Trainingsdiagnostik vor. Damit konnten die Teilnehmer doppelten Nutzen aus dem Seminar ziehen:  Zum einen konnten sie ihre eigene Technik verbessern und zum anderen war dies eine anschauliche Trainerfortbildung. 

Was ist Mastersrudern bzw. Masterstraining?
Was wurde von Wolfgang Fritsch unter „Masterrudern“ und „Mastertraining“ verstanden? Masterrudern ist Rudern der Erwachsenen, die regelmäßig rudern, mit den Zielen,
a. auf Regatten teilzunehmen und erfolgreich abzuschneiden
b. Ihre körperliche Fitness und Gesundheit durch das Rudern zu erhalten oder zu steigern
c. die Rudertechnik zu ökonomisieren und optimieren, auch unter ästhetischen Gesichtspunkten – es darf auch „schön(er)“ aussehen
d. durch gemeinsames und regelmäßiges Mannschafts-Training soziales Wohlbefinden zu verbessern.
Dies impliziert, dass Masterrudern per Definition kein Hochleistungssport sein kann. Unstrittig ist aber auch, dass die einzelnen Aspekte unterschiedlich stark ausgeprägt sein können. Hier darf „jeder Jeck anders sein“.

Themenaspekte des Seminars
Thematisch wurden auf diesem Seminar daher zahlreiche Facetten abgedeckt: 
-    Zusammenwirken von Alter(n) – Gesundheit – Rudern
-    Physiologische und psychologische Aspekte der Altersvorgänge
-    Erfolgreich Altern
-    Rudertechnik verbessern
-    Training der Masterruderer.

Dabei sind diese Themen für alle Vereine sehr wichtig, denn die Zielgruppe des Seminars umfasst die meisten, i. d. R vollzahlende Mitglieder in den Vereinen mit einer Altersspanne von 25–80+ Jahren. 

Masterstraining verlängert Lebenserwartung und erhöht Wohlbefinden
Durchaus ungewöhnlich auf einem Sportseminar ist bei der systematischen Auseinandersetzung mit den verschiedenen Aspekten des Ruderns, dem Alter und der Gesundheit. Es kann durch entsprechendes Training gelingen, sowohl die Lebenserwartung zu verlängern als auch die Lebensjahre beschwerdefrei zu genießen. 
Dies kann in einigen plakativen Kernbotschaften zusammengefasst werden:
-    Trainierte, körperlich gesunde und fitte Personen mit mäßigem Hang zu Genussgiften leben statistisch länger (ok, für diese Erkenntnis allein wäre der Weg nach Breisach sicherlich nicht notwendig gewesen).
-    In der Kindheit und Jugend werden die Grundlagen der funktionalen Kapazitäten (so nennen Wissenschaftler Aspekte wie Kraft, Schnelligkeit, Ausdauer, Beweglichkeit u.a.) gelegt. Diese haben im frühen Erwachsenenalter ihren Zenit. Im Alter nehmen sie dann stetig ab. Hier kann Masterrudern signifikant dazu beitragen, dass diese Abbauprozesse sich verlangsamen. 
-    Soziale Netzwerke helfen dabei das Älterwerden erfolgreich zu gestalten. Dazu gehören z.B. auch ehrenamtliche Aufgaben, Weiterbildungen die Mitwirkung in Vereinen etc. 
Altern ist auch ein mentaler Prozess ist, den man positiv bejahen muss: Wer sich im Alter z. B. als Wiedereinsteiger daran erinnert, wie schnell und geschmeidig er als (Hoch-) Leistungssportler einmal gerudert ist und sich Jahrzehnte später darüber ärgert, dass alles nicht mehr so ist, wie es mal war, sollte sich viel mehr darüber freuen, dass es geht …

Einige Details waren zudem durchaus überraschend:
-    Bei den altersbedingten Veränderungen nimmt die Hand-Druck-Kraft am wenigsten und die Balancefähigkeit am stärksten ab.  – Also ein natürlicher Grund mehr Mannschaftsboot zu fahren, aber keine Ausrede bei für nicht geschlossene Dollen. 
-    Beim Ergänzungstraining ist gerade für Ältere Krafttraining hoch effizient und damit fast schon Pflicht. Die Vereine sollten also in ihren Muckibuden auch den Masters ausreichend Zeiten zum Training einräumen. Auf Krafttraining macht in einer Gruppe Gleichgesinnter mehr Spaß.

Rudertechnik adaptieren
Für die Rudertechnik hat dies im Vergleich zum Top-Rudern, dass
-    die Schlaglänge reduziert werden muss;
-    die Vorlage des Oberkörpers eingeschränkt wird, um Atmung zu erleichtern und Rückenproblemen vorzubeugen
-    möglichst gleichmäßig und ohne Kraftspitzen gerudert werden sollte und 
-    die Schlagfrequenzen geringer werden. 
Wenn man dies zusammenfasst kommt einer guten und harmonischen Rudertechnik gerade bei den Masters eine zentrale Bedeutung zu.
Neben den technischen Aspekten eines guten Bootslaufs kommt auch ein positiver mentaler Aspekt hinzu, wenn eine Trainingseinheit gut verlaufen ist. 

Die Teilnehmer konnten insbesondere die letzten Aspekte unter Anleitung der Trainer und mit Videoaufnahmen direkt selber ausprobieren.
Insbesondere die Trainer Dr. Wolfgang Fritsch und Klaus-Dietrich „Epfel“ Günther konnten hier durch geeignete Techniktipps bunt zusammengewürfelte Ruderer innerhalb kürzester Zeit zu harmonisch rudernden Mannschaften formen.  

Literaturtipp
Die Themen mit zahlreichen Tipps und Erläuterungen finden sich auch im – mittlerweile in der 2. Auflage erschienen – Buch „Masterrudern“ von Wolfgang Fritsch und Volker Nolte wieder. 

Fazit
Dieses Seminar stellte eine sehr gelungene Mischung aus Theorie und Praxis dar, dass regelmäßig wiederholt werden sollte. Dabei war der doppelte Weiterbildungsnutzen für die Teilnehmer als aktive Ruderer und zugleich als Masterstrainer sicherlich beispielhaft. Anderen Landesruderverbänden möchten wir Fortbildungen und Seminare mit diesen oder ähnlichen Themen zur Nachahmung empfohlen. Den Vereinen sei es an Herz gelegt die vielleicht manchmal etwas stiefmütterlich behandelte Zielgruppe mehr in den Fokus zu holen.