Fünf Medaillen und eine gute Portion Aufwind für den DRV
Ohne Titel im olympischen Bereich, aber mit drei Mal Silber und einer guten Portion Aufwind verlässt die deutsche Nationalmannschaft die Weltcup-Regatta von Varese. Juliane Faralisch sorgte am Schlusstag mit dem zweiten Platz im Frauen-Einer nach einer dreimonatigen Verletzungspause für die größte Überraschung. Zweiter wurde auch der Deutschland-Achter, der Großbritannien einen heißen Fight lieferte und das Niveau des Seriensiegers nahezu erreicht hat. Die dritten Silber-Medaillen gab es für den Frauen-Doppelvierer, der den Niederlanden im Finale den Vortritt lassen musste. Dazu waren bereits am Samstag zwei Weltcup-Siege im Para-Rudern gekommen: Jan Helmich und Hermine Krumbein gewannen im PR3-Mixed-Doppelzweier, Thyrza Kiewik den PR2-Einer der Frauen. In der Nationenwertung kam Deutschland hinter den Niederlanden, Großbritannien und Gastgeber Italien auf den vierten Platz. In zwei Wochen geht es für die Nationalmannschaft bereits mit dem Weltcup in Luzern weiter.
Cheftrainer Schwarzrock: „Tendenz stimmt“
„Ich bin mit der Regatta zufrieden. Wir sind sie voll aus dem Training gefahren, wir hatten durch den Mixed-Achter einige Doppelstarts. Deshalb bewerte ich nicht jedes Ergebnis, auch wenn wir bei den Paras und im A-Bereich einige sehr erfreuliche hatten“, sagte Cheftrainer Marcus Schwarzrock. „Die Tendenz stimmt, erste Maßnahmen greifen, das sehen wir deutlich, und wir werden den Weg weitergehen. Ich bin außerdem auch stolz auf unsere Mannschaft, wie sie sich hier in Varese als Team präsentiert und auf dem Wasser gekämpft hat. Nun gehen wir Luzern an, auch wieder mit viel Training.“
Erneut Silber für den Frauen-Doppelvierer
Für den Frauen-Doppelvierer reichte es in Varese nicht zum ganz großen Wurf. Der zweite Platz bedeutete Silber wie schon bei der Europameisterschaft, aber damit waren nicht alle Hoffnungen in Erfüllung gegangen. Die Niederlande, bei der EM noch hinter dem deutschen Boot, waren im Finale klar dominierend und bauten ihren Vorsprung sukzessive auf 2,53 Sekunden im Ziel aus. Es gab keine echte Chance für Sarah Wibberenz, Frauke Hundeling, Pia Greiten und Lisa Gutfleisch (RC Havel Brandenburg, Deutscher RC, Osnabrücker RV, Heidelberger RK), heranzukommen. Tschechien wurde mit einigem Rückstand Dritter. „Über die Strecke sind wir nicht so zusammen gewesen, wie wir uns das gewünscht hatten. Wir hatten uns schon mehr erhofft als den zweiten Platz“, sagte Lisa Gutfleisch nach dem Rennen. Über ihre neue Rolle aus Schlagfrau wollte sie nicht groß sprechen. „Die neue Kombination haben wir hier ausprobiert. Welche Stärken und Schwächen wir hatten, müssen wir noch analysieren.“ Im Vierer der Niederlande saß ebenfalls eine andere Schlagfrau, Tessa Dullemans kam aus dem Europameister-Doppelzweier von Plovdiv herein. Das wirkte sich als gelungener Schachzug aus.
Frauen-Achter überrascht mit Rang vier
Beim Frauen-Achter, lange ein Sorgenkind, geht es aufwärts. Die Mannschaft schob sich im Finale überraschend vor Italien und belegte hinter Großbritannien, den USA und Australien den vierten Platz. Die Italienerinnen waren bei der EM und auch noch im Bahnverteilungsrennen am Freitag noch deutlich schneller gewesen als die Deutschen. Doch am Sonntag gab es ein offenes Rennen zwischen den beiden Booten. Bei der 1500-Meter-Marke waren Paula Hartmann, Michelle Lebahn, Tabea Kuhnert, Anna Härtl, Paula Gerundt, Olivia Clotten, Lene Mührs, Nora Peuser und Steuermann Florian Koch (Mainzer RV, RC Potsdam, SC Magdeburg, Frankfurter RG Germania, Saarbrücker RG Undine, Neusser RV, Kettwiger RG, RU Arkona Berlin und Donau-RC Ingolstadt) schon 0,97 Sekunden vorne, am Ende retteten sie eine Hundertstelsekunde Vorsprung auf Italien ins Ziel. „Danach fragt morgen keiner mehr, es zählt der vierte Platz. Ich bin sehr zufrieden, wir haben ein weiteres Zwischenziel erreicht“, sagte Trainer Alexander Schmidt. „Die Mannschaft ist das ganze Rennen über offensiv geblieben und hat mit Selbstvertrauen gerudert. Den bedauerlichen Ausfall von Annabelle Bachmann, die auch in Luzern fehlen wird, und weitere gesundheitliche Probleme haben wir sehr gut kompensiert.“
Faralisch vom Rad zur Silbermedaille
Ihre Silbermedaille vom Einer-Weltcup in Poznan im vergangenen Jahr hat Zuwachs bekommen. Juliane Faralisch (Frankfurter RG Germania) holte auch in Varese Silber – und das überraschte niemand mehr als sie selbst. Nach einem Bänderanriss im Handgelenk konnte sie drei Monate nur indoor auf der Rolle Rad fahren. Trotz des enormen Trainingsrückstands schaffte sie im Finale von Varese die dritte persönliche Bestzeit im dritten Rennen. Nur Lauren Henry (Großbritannien) war noch schneller. Die nach dem Doppelvierer-Olympiasieg von Paris in den Einer umgestiegene Britin war wie schon bei der Europameisterschaft eine Klasse für sich und gewann mit über sieben Sekunden Vorsprung. Auch Faralisch brachte bei ihrer ruhigen, kontrollierten Fahrt viel Wasser zwischen sich und den Rest des Feldes, erst im Endspurt kam die Drittplatzierte Ruiqi Liu (China) noch knapp an sie heran. Die Usbekin Anna Prakaten, eigentlich Mitfavoritin, war offenbar nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte, und wurde Sechste.
Noch wichtiger als die Silbermedaille war Faralisch, „dass die Hand den Härtetest bestanden hat. Ich habe nichts mehr von der Verletzung gemerkt“. Natürlich würde sie nun gerne auch in Luzern fahren, aber es gibt auch Alexandra Föster, die zu Hause im Sauerland an ihrer Form arbeitet. Ansprüche meldet Faralisch keine an: „Wie es weitergeht, entscheiden die Trainer. Wichtig ist, dass unser in diesem Jahr sehr kleines Frauen-Skull-Team zusammenhält und so viele Medaillen wie möglich einsammelt.“
Männer-Achter mit „big warning to GB“
Der Deutschland-Achter ist seinem Ziel, mal wieder einen Titel zu gewinnen, näher gerückt. Im Finale von Varese kamen Paul Klapperich, Mattes Schönherr, Benedict Eggeling, Tobias Strangemann, Olaf Roggensack, Julius Christ, Sönke Kruse, Theis Hagemeister und Steuermann Jonas Wiesen (Bonner RG, RC Potsdam, RC Favorite Hammonia, RV Dorsten, RC Tegel, RTHC Bayer Leverkusen, RV Münster, Frankfurter RG Germania und RG Treis-Karden) nur 0,53 Sekunden nach Seriensieger Großbritannien ins Ziel. Die vom Bord-an-Bord-Duell zwischen den beiden Booten fast über das gesamte Rennen und das starke DRV-Finish beeindruckten auch die Kommentatoren von World Rowing. „A big warning to GB“ sei der Auftritt der Deutschen gewesen, hieß es. Italien 1 holte weit weg vom Spitzenduo Bronze, dahinter landeten Italien 2, Australien und China auf den weiteren Plätzen.
Steuermann Jonas Wiesen nahm die Glückwünsche für die Leistung an: „Wir vertrauen auf unser Können, bauen sukzessive einen stabilen Rhythmus auf, den wir im Rennen auch zeigen können. Da liegt die Grundlage für ein solides Rennen heute.“ Auch Trainer Mark Emke war zufrieden: „Es war auf jeden Fall ein besseres Rennen als im Finale von Plovdiv. Wir haben die Briten fast geschlagen. Der letzte Teil des Rennens war richtig gut. Wir trainieren weiter, das motiviert uns sehr.“
Männer-Vierer gewinnt das B-Finale
Nach dem verpassten A-Finale sorgte der Männer-Vierer ohne für einen versöhnlichen Abschluss in Varese. Der Sieg im B-Finale mit knappen 0,11 Sekunden Vorsprung auf Tschechien war der verdiente Lohn einer guten Leistung. „Heute konnten wir den Bugball vorhalten, das war wichtig“, sagte Trainerin Sabine Tschäge. Dass Lokalmatador Italien mit den drei Vicino-Brüdern die Flucht nach vorne versuchen würde, hatte Tschäge erwartet. Friedrich Amelingmeyer, Max John, Wolf Niclas Schroeder und René Schmela (Osnabrücker RV, Olympischer RC Rostock, RU Arkona Berlin und Berliner RC) blieben dran und lagen bei der Hälfte der Distanz nur 0,21 Sekunden hinter den Italienern. Auf dem dritten Teilstück übernahm das DRV-Boot die Führung. Italien konnte das Tempo nicht halten, nun aber attackierte Tschechien. „Wir haben es gut gemacht und standgehalten“, lobte Tschäge.
Insgesamt habe der noch neue Vierer gegenüber der EM Fortschritte gezeigt. „In einer technisch anspruchsvollen Bootsklasse wie dieser braucht es ein paar Rennen, bis alle wissen, was passieren muss“, sagt die Trainerin. In den knapp zwei Wochen bis zum Weltcup in Luzern soll nun an den Schwächen, die im Halbfinale aufgetreten waren, gefeilt werden, „damit wir dort etwas besser aufgestellt sind“.
Events
Boote
| Vorlauf 3 | 6:34.60 | 4 . Platz | |
| Finale C | 6:29.12 | 3 . Platz |
| Vorlauf 1 | 6:37.87 | 5 . Platz | |
| Finale C | 6:33.27 | 6 . Platz |
| Vorlauf 3 | 5:59.86 | 2 . Platz | |
| Halbfinale A/B 1 | 5:51.99 | 4 . Platz | |
| Finale B | 6:01.84 | 1 . Platz |
| Vorrennen/Bahnverteilungsrennen | 5:30.55 | 2 . Platz | |
| Finale A | 5:24.80 | 2 . Platz |
| Vorlauf 1 | 5:49.79 | 5 . Platz | |
| Finale B | 5:45.34 | 4 . Platz |
| Vorlauf 3 | 7:32.33 | 1 . Platz | |
| Halbfinale A/B 2 | 7:27.85 | 2 . Platz | |
| Finale A | 7:21.28 | 2 . Platz |
| Vorlauf 3 | 7:27.39 | 5 . Platz | |
| Finale C | 7:18.22 | 4 . Platz |
| Vorlauf 1 | 6:27.37 | 1 . Platz | |
| Finale A | 6:22.79 | 2 . Platz |
| Vorrennen/Bahnverteilungsrennen | 6:15.78 | 5 . Platz | |
| Finale A | 6:09.63 | 4 . Platz |
| Vorrennen/Bahnverteilungsrennen | 7:28.07 | 2 . Platz | |
| Finale A | 7:05.24 | 1 . Platz |
| Vorrennen/Bahnverteilungsrennen | 8:15.29 | 5 . Platz | |
| Finale A | 8:03.46 | 5 . Platz |
| Vorrennen/Bahnverteilungsrennen | 10:07.50 | 1 . Platz | |
| Finale A | 10:23.78 | 1 . Platz |
| Vorrennen/Bahnverteilungsrennen | 6:01.63 | 2 . Platz |