13. Mai 2019 | Wettkampfsport | von Lutz Bühnert und Moritz Gabriel

Rudern mit Behinderung - ein Plädoyer für mehr Offenheit

Rudern mit Behinderung – Chance oder Überlastung für die Vereine?

Rudern ist ein Sport für jeden, egal ob Freizeit-, Gesundheits-, Leistungs- oder Breitensport. Ist das so? In den Vereinen sind Abteilungen mit oder für Menschen mit Behinderung recht selten, obwohl Rudern eine paralympische Sportart ist. Grund dafür können möglicherweise die vielerorts schwach vorhandenen inklusive Strukturen sein. Zu eben jenen Strukturen sei gesagt, dass Grund zur Hoffnung besteht. Seit April dieses Jahrs gibt es im Deutschen Ruderverband e.V. zwei neue hauptamtliche Stellen, die sich gänzlich dem Thema Para-Rudern widmen. Damit die Arbeit vor Ort, in den einzelnen Vereinen jedoch Früchte tragen kann, sollten sich alle Beteiligten die Frage stellen: „Ist es möglich, in unserem Verein Para-Sportler zu betreuen?“. Die Antwort ist nicht immer eindeutig und wird nicht immer leichtfallen, doch in vielen Vereinen steckt ein großes Potential. Wer beispielsweise von sich behaupten kann, dass sein Bootshaus ebenerdig gebaut ist oder wer über engagierte ehrenamtliche Helfer verfügt, für den sieht es gut aus!

Jeder Trainer, der die Ausbildung zum Trainer C-A absolvierte, hat schon einmal etwas vom Para-Rudern gehört, doch mit dem Gehörten kann kaum jemand etwas anfangen, denn die praktische und vertiefende Arbeit findet derzeit nur in wenigen Vereinen statt.

Egal ob im Nachwuchstraining oder in Wanderrudergruppen, überall kommen Kinder und Erwachsene in die Vereine und werden in der Regel problemlos in den Sportbetrieb integriert.

Ein Mensch mit Behinderungen steht jedoch vor scheinbar unlösbaren Problemen – nicht für ihn, sondern für die betreffenden Vereine. Seine Aufnahme wird dort oftmals durch strukturelle Hürden behindert. Doch diese Hürden ließen sich leicht einreißen. Ein Verein ist nicht gezwungen, viel Geld in den Umbau und die Anschaffung der Trainingsstätte und des Bootsparks zu investieren. Es wird in diesem Zusammenhang gern von der Barrierefreiheit gesprochen, aber was bedeutet bzw. wem nutzt das?!

Es ist völlig klar, dass nicht jeder Verein jede Form der Behinderung betreuen kann und mag. Dies ist auch nicht Ziel der Bemühungen. Der Wunsch der Vereinsleitungen sollte grundsätzlich respektiert werden, denn die Vorstände sind u.a. für die Sicherheit verantwortlich. Nun ist es aber auch so, dass die Vorstände oft nicht die Differenzierung der Behinderungen und damit der benötigten zusätzlichen Unterstützung einschätzen können. Was nutzt einem Sehbehinderten eine Rampe, was nutzen einem Rollifahrer die Schilder in Brailleschrift oder einem Sportler mit intellektueller Einschränkung alles zusammen? Ein Vereinsgelände muss nicht völlig barrierefrei sein - sondern sicher.

Der gesundheitliche Nutzen unserer Sportart für jede Indikation einer Behinderung ist unbestritten. Wie können wir es erreichen, Menschen mit Behinderung in unseren Vereinen zu betreuen und eine völlig angeglichene Sportlandschaft zu schaffen. Wer sich die deutsche Nationalmannschaft der Para-Ruderer ansieht, der staunt. Sie ist klein. Folglich wird es einige Zeit dauern, bis die Entwicklung der Nachwuchsarbeit den Para-Bereich soweit aufgestockt hat, dass eine skalierte Angleichung an die bereits bestehende Nachwuchs- und Kaderstruktur entstanden ist.

Der DRV hat sich jetzt sehr offen und deutlich in diesem Bereich positioniert und ein Zentrum für die Vereine rund um das Thema „Rudern mit Behinderung“ eingerichtet. Hier werden Fragen beantwortet, Kontakte geknüpft und Informationen gegeben. Es wird aber auch erstmalig grundsätzlich zum Thema ausgebildet. Die Lehrgänge werden lizenzverlängernd im DRV anerkannt. Da das Para-Rudern nicht weit verbreitet ist, werden auch Lehrgänge in den Fachverbänden der Länder angeboten. Ein Lehrgangsplan wird derzeit erstellt. Wichtiges Material, z.B. Skulls in besonderen Längen und Hebelverhältnissen, Zusatz-Schwimmer, Festsitze, aber auch E-Mobilität zur Sportlersicherung stehen hier demnächst zur kurz- und mittelfristigen Überlassung zur Verfügung. Jeder Verein wird testen können, ob die Betreuung behinderter Sportler für ihn möglich und leistbar ist.

Für Fragen, Anregungen und Hinweise zu dem Thema sind wir dankbar. Das Zentrum ist über den Referenten Para-Rudern in der Geschäftsstelle bzw. über die Internetseite des Arbeitskreises Para-Rudern erreichbar.

Moritz Gabriel steht auf dem Steg, Portrait
Moritz Gabriel

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