03. Mai 2005 | Verband | von Rudersport

Rudersport für Menschen mit Handicap

Information und Bestandsaufnahme

Rückmeldung bis 30. April 2005 erbeten

Was ist „Rudern der Behinderten“ bzw. „Handicaprudern“ ?

Wir im DRV sprechen von „Handicaprudern“ bei Menschen mit körperlichen, geistigen, seelischen oder Sinnes-Beeinträchtigung, bzw. Menschen, die aufgrund von erworbenen oder angeborenen Behinderungen dauerhaft, oder aufgrund von Krankheit in ihrer Leistungsfähigkeit längerfristig beeinträchtigt sind. Als Zielsetzungen für diese Menschen werden genannt: gesundheitliche Aspekte wie Stressabbau, körperliche Fähigkeiten erhalten bzw. verbessern, soziale Teilhabe ermöglichen, Selbstbewußtsein aufbauen, Leistungserfahrungen vermitteln, Tagesstruktur und Wochenstruktur gewährleisten. In einer Zeit, wo immer mehr Menschen arbeitlos werden, sind die Leistungschwächeren vom Verlust des Arbeitsplatzes besonders stark bedroht. Hier müssen sich auch die Vereine ihrer sozialen Verantwortung stellen.

Und was hat der Verein davon?

Zunächst einmal eine Reihe neuer Mitglieder, soziales Prestige, neue mögliche Sponsoren, neue Betätigungsfelder und nicht zuletzt: ein neues Lernfeld des sozialen Miteinanders von unschätzbarem Wert. Krankheit und Behinderung kann jeden zu jeder Zeit treffen.

Weshalb sollen Menschen mit “handicaps” ausgerechnet Rudern?

Rudern bietet als Sportart neben dem Mannschaftserlebnis v.a. das Naturerleben, es bietet ein lebenslanges Sportreiben bei einer ganzkörperlichen Belastung mit äußerst geringem Verletzungspotential! Die zyklische Bewegungstruktur der Sportart eignet sich ebenfalls für Menschen mit Beeinträchtigungen, zumal die Lerngeschwindigkeit und später die Bewegungsgeschwindigkeit optimal auf ihre Verhältnisse angepaßt werden kann. Feste Strukturen, wie ein Ruderverein sie bietet, oft mit integrierter Geselligkeit, kann die soziale Integration ermöglichen.

Rudern als Breitensport:

Rudern mit „behinderten Menschen" hat im DRV bereits Tradition. Innerhalb der Vereine existieren seit vielen Jahren verschiedene „Behindertengruppen“, z.B. Rudergruppen mit taubblinden, körperbehinderten, geistigbehinderten, psychisch kranken/behinderten und lernbehinderten Menschen. Viele erinnern sich noch an die Aktion „Vierer mit“, als Rudergruppen speziell mit blinden und sehgeschädigten Menschen aufgebaut wurden. Mit dem Ziel, diese Rudersportler in den Breitensport zu integrieren. Ist das jetzt „Rudern als Prävention, als Therapie, als Rehabilitation“, wie wir es schon auf dem Rudersymposium in Konstanz gehört haben? Gehört das Handicaprudern zum Breitensport oder doch eher zum Leistungssport? Meistens sind die z.T. seit Jahrzehnten bestehenden „Behindertengruppen“ breitensportlich engagiert. Für diese Gruppen hat sich in 1995 ein Arbeitskreis „Rudern der Behinderten“ gebildet, der dem Ressort Breitensport und Wanderrudern zugeordnet wurde. Dieser Arbeitskreis soll nun zu einem ständigen Ausschuß „Handicaprudern“ werden, der für beide Bereiche zuständig ist, für Leistungssport und Breitensport. Im internationalen Bereich hat sich der Begriff „Adaptive Rowing“ durchgesetzt, wörtlich übersetzt: „angepasstes Rudern“, ein etwas holpriger Begriff im Deutschen. Wir haben uns deswegen für das ebenfalls international gebräuchliche "Handicaprudern" entschieden, das den Begriff Behindertenrudern ablösen soll.

Rudern als Wettkampfsport:

Inzwischen, seit 2001, finden auch in Deutschland Wettkämpfe, sogenanntes „Handicaprudern“ statt. Auf der Sommerregatta in Grünau 2001 starteten erstmals RuderInnen mit handicaps gegeneinander. Zur WM in Sevilla 2002 galt es möglichst schnell einen gesteuerten Vierer aufzustellen. Auch in Mailand (Silbermedaille!) und in Banyoles trat dieser - inzwischen Mixed-Vierer – an. Die FISA hat internationale Reglements aufgestellt, nachzulesen im Rudersport 5, im Zusammenhang mit dem Handicapregattaplan 2005. Die internationalen Verbände streben nach der Beteiligung der Sportart Rudern bei den Paralympischen Spielen 2008.

In 2004 traten die „handicapler“ auf mehreren Regatten auf: Stuttgart, Hamburg, Otterndorf, Rüdersdorf, Schwerin, Würzburg, Heidelberg und mehrfach im Großraum Berlin. Nun gilt es den Nachwuchs zu sichern und verstärkt in den Breitensport zu investieren, will man eine gesunde und nachhaltige Entwicklung gewährleisten. Deswegen ist das Handicaprudern im DRV als Breitensport und Leistungsport konzipiert, mit Regatten auf allen Leistungsniveaus, unter Einbezug von ambitionierten Breitensportlern bzw. den Trainern und Betreuern. Die leistungsportorientieren handicapruderer werden im DRV eine funktionierende Struktur vorfinden, die soeben vom Ausschuß aufgebaut wird. Die breitensportlich orientierten Handicapruderer sollen in den Breitensport integriert werden, bzw. die gesundheitsorientierten Angebote wie präventive oder rehabilitative Maßnahmen nutzen können. Optimal wären von vornherein integrativ aufgebaute Gruppen jeglichen Alters. Hier werden die "Handicapler" betreut von Übungsleitern, die auf ihre Bedürfnisse und Fähigkeiten eingehen können. Beide, Trainer der Wettkämpfer als auch die Übungsleiter im Breitensport sollen sich zukünftig auf Lehrgängen des DRV (in Kooperation mit den Behindertensportverbänden) speziell qualifizieren lassen können für diese interessante Herausforderung.

Für diese umfassende und reizvolle Aufgabe braucht der DRV die Unterstützung seiner Vereine, v.a. um effektiv planen zu können. Ein erster Schritt ist die Bestandsaufnahme, verbunden mit einem Steckbrief für bereits existierende Gruppen. Diese Unterlagen gehen den Vereinen mit separater Post zu. Die letzte Erhebung liegt bereits 10 Jahre zurück, und der Ruderalmanach bedarf diesbezüglich einer dringenden Aktuallisierung. Wir appellieren an alle Mitglieder der Rudervereine und deren Vorsitzenden, diese Unterlagen engagiert zu bearbeiten und bis 30.4.05 an die Geschäftstelle zurückzusenden.

Allen Beteiligten sagen wir im Voraus herzlichem Dank und sind gespannt auf das Ergebnis!

Volker Grabow, Sibylle Hornberger (Ressort Bildung und Wissenschaft)
Michael Müller (Sportdirektor), Kristina Hüls (Referentin Handicaprudern)

Mit freundlicher Genehmigung des Rudersport.