06. Aug. 2009 | Wettkampfsport | von York Polus, RV Rauxel 1922 e.V.

Interview mit Prof. Dr. Roland Baar zur Ruder-Bundesliga

Yorck Polus, Sportredakteur beim ZDF und auch selbst im Achter des RV Rauxel in der Ruder-Bundesliga (RBL) aktiv, sprach mit dem ehemaligen Schlagmann des Deutschlandachters über die neue Ruder-Liga.

Nicht nur der erfolgreiche Start des neuen Sprintkonzepts in diesem Jahr war Thema des Interviews, sondern auch die Zukunftsfähigkeit dieser innovativen Wettkampf-Idee. Das Interview wurde noch vor dem 3. Lauf der RBL gefürt.

Roland Baar, was halten Sie als ehemaliger Weltklasse-Ruderer von der neu kreierten Ruder-Bundesliga (RBL)?

Die Ruder-Bundeliga ist genau das, was der Rudersport gebraucht hat. Eigentlich bin ich verwundert, dass das Konzept nicht viel früher realisiert wurde.

Die Idee der RBL ist in der Ruderszene sehr kontrovers diskutiert worden. Können Sie die Kritiker verstehen?

Generell habe ich immer Verständnis für Kritik, aber in diesem Fall eigentlich nicht wirklich. Denn der Rudersport benötigte doch dringend Belebung. Unser Sport hat sich, auch im Vergleich mit anderen Sportarten, jahrzehntelang kaum verändert. Ohne Veränderung lebt aber kein Sport sicher. Jetzt gibt es tatsächlich einen vielversprechenden Ansatz, der alle Unterstützung verdient.

Sie haben Ihre eindrucksvollen Erfolge alle über die 2000m-Strecke erkämpft. Können Sie sich vorstellen, warum die Sprintdistanz in den letzten Jahren immer beliebter geworden ist?

Das hat glaube ich physiologische Gründe. Um 2000m anspruchsvoll und athletisch zu rudern, muss man sehr viel trainieren. Den entsprechenden Trainingsumfang kann man sich als Normalsportler nicht unbedingt erlauben. Die Kurzstrecke erlaubt hier Flexibilität.

Auf normalen Regatten ist ein volles Achterfeld (sechs Boote) ein seltener Anblick geworden. An einem RBL-Wochenende sind fast 40 Boot auf dem Wasser. Warum hat das vorher nicht geklappt?
Bei der RBL gibt es Leistungssport, der für Vereine realisierbar ist, und die Sportler finden in Vereinen wieder Identifikation. Vielleicht ist es das moderne Konzept. Eigentlich ist es egal, warum die RBL erfolgreich ist. Dem Sport tut es gut.

Muss sich der Rudersport entwickeln?

Da ist sicher noch vieles zu tun. Ich würde mich freuen, wenn die RBL Anstoß werden kann, weitere Veränderungen, national und international, zu bewirken.

Mehrere Tausend Menschen haben die 2 bisherigen Liga-Wochenenden jeweils verfolgt. Das Programm ist kurzweilig, die Rennen sind spannend. Den Zuschauern wird etwas geboten und das kommt an. Ist die Eventisierung heutzutage unumgänglich oder prostituiert sich der Sport?

Der Erfolg gibt dem Konzept recht. Rudern soll kein Selbstzweck sein, der Sport soll Spass machen und zur Erfüllung beitragen. Bewegungslosigkeit bedeutet Tod. Es kommt etwas darauf an, dass der Sport im Mittelpunkt bleibt. Meiner Meinung nach belegen auch andere Ruder-Events, dass Rudern durch Events wieder interessanter wird. Das ist schlichtweg einfach gut.

Ist die Konzentration auf Achter-Teams der richtige Weg für die öffentliche Wahrnehmung?

Auf jeden Fall. Das Rudern hat viele besondere Stärken, die Existenz des Achters ist eine davon. Warum diese nicht nutzen. Die Öffentlichkeit verbindet "Rudern" mit "Achter". Ich bin fest davon überzeugt, dass der Rudersport insgesamt an Bedeutung gewinnt.

Ehemalige Weltmeister und Olympiasieger sind am Start, der Tabellenführer der RBL (Krefeld) hat in Ratzeburg eine Auswahl mit Nationalmannschafts-Ruderern geschlagen - die Befürchtung vom fehlenden Niveau in der Liga scheint sich nicht zu bestätigen. Aber es gab große Vorbehalte. Müssen die Ruderer erst lernen, dass ihr Sport auch neben der Nationalmannschaft eine Daseinsberechtigung hat?

Die Nationalmannschaft ist doch nur ein ganz kleiner Teil der Rudergemeinde. Aber schon immer waren Top-Ruderer Teil der Vereinslandschaft. Ich sehe hier keinen Widerspruch. Auch auf internationaler Ebene werden Veränderungen seit längerem diskutiert.

Könnte es ein Weg sein neben den 2000 Metern auch andere Distanzen zu fahren? Olympia mit 2 Streckenlängen und weniger Bootsgattungen?

Das sehe ich eher nicht, weil ich glaube, dass Spitzenruderer dann doch Veränderungen am Material vornehmen müssten. Im Olympischen Sport gibt es andere Optionen, z.B. Doppelstarts in verschiedenen Bootsklassen. Aber wer weiß, eine solche Diskussion kann nötig werden und würde dem Rudern auf jeden Fall gut tun.

Der Sprint im Rudern, wäre das in Ihrer aktiven Zeit etwas für Sie gewesen?

Wir sind schon gelegentlich Kurzstrecken gefahren. Das war immer ziemlich wild, weil wir es nicht wirklich geübt hatten. Ich bin sicher, dass mir das Konzept auch Spaß gemacht hätte.

Hat die RBL mit Ligabetrieb eine Zukunft?

Daran habe ich keinen Zweifel.

Das Interview führte Dr. Yorck Polus.