Interview mit ZDF-Moderator Yorck Polus zum Thema Ruder-Bundesliga (RBL)
Herr Polus, was halten Sie als aktiver Ruderer und als Medienvertreter in Personalunion von der neu kreierten Ruder-Bundesliga (RBL)?
Ich finde die Idee zur RBL grandios und längst überfällig. Eine richtig gute Sache und vor allem die logische Konsequenz aus den letzten Jahren.
Warum?
Weil die Deutschen Sprintmeisterschaften gezeigt haben, wie interessant unser Rudersport sein kann. Schnelle Rennfolge und der Zuschauer hat die Möglichkeit, das Geschehen vom Start bis zum Ziel zu verfolgen. Hinzu kommen größere Startfelder und deutlich knappere Entscheidungen, als auf der 2000-Meter-Strecke.
Warum zeichnet sich denn die Sprintdistanz in den letzten Jahren so erfolgreich aus?
Der Sprint ist für alle hoch attraktiv. Vor allem für Ruderer, die berufs- oder studienbedingt nicht mehr ganz so viel Zeit zum Training haben. 350 oder 400m kriegt man eher hin, als sich über die 2000m zu quälen und im Ziel 4,5 oder mehr längen hinter den Besten ins Ziel zu kommen. Das macht für die wenigsten einen Sinn und eröffnet allen nun eine neue Wettkampfperspektive.
Der eine oder andere Traditionalist wird sagen, dass die olympischen 2000 Meter doch die einzig echte Distanz sind und infrage stellen, ob man den Rudersport denn genauso eventisieren muss, wie andere Sportarten. Wer hätte da einen besseren Eindruck als Sie? Als ZDF-Reporter sehen sie Sportinszenierungen jeglicher Couleur.
Es ist keine Aufgabe unserer ruderischen Philosophie oder eine Prostitution unserer Sportart (wie es ein paar Dauer-Nörgler immer ausdrücken, wenn es um Entwicklungspotential im Rudern geht) sondern einfach eine Weiterentwicklung. Andere Sportarten haben uns längst gezeigt, wie so etwas geht. Nehmen wir den Ski-Langlauf oder Biathlon. Es gab riesige Widerstände gegen den Sprint. Mittlerweile ist er längst ein Schwerpunkt geworden, den die Zuschauer voll akzeptiert haben. In Düsseldorf oder auf Schalke sind jedes Mal mehrere zehntausend Zuschauer. Eine Sportart muss sich entwickeln, um aktuell zu bleiben. Und außerdem: Wir zeigen doch in logischer Konsequenz nur das, was wir im Training eh trainieren: Langstrecke, die olympische Distanz und eben auch den Sprint.
Ist es aus medialer Sicht sinnvoll, insbesondere aus dem Blickwinkel des Fernsehens, den Fokus nur auf den Achter zu legen?
Die Beschränkung auf Achter finde ich gerade medial nachvollziehbar. Der Achter ist das attraktivste, was wir dem Zuschauer bieten können. Alles muss überschaubar bleiben. Kein Nicht-Ruderer kennt die 14 olympischen Bootsgattungen, von den anderen ganz zu schweigen. Dazu die ganzen Klassen. Leichgewichte, Schwere, B I-III usw. Wer soll das verstehen? In der Werbung nennt man das "Reduzierung aufs Maximum"!
Die Ruder-Bundesliga soll und wird natürlich auch eine absolute Leistungssportliga sein, nur eben von der Basis der Vereine aus, keine Liga der Nationalmannschaften. Aus ihrer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung oder zu früh falsch abgebogen?
Die Beschränkung auf Vereinsmannschaften ist m. E. der richtige Weg. Neben den Kanuten sind wir Ruderer doch die einzigen, die im Prinzip nur mit Nationalmannschaften starten. Für die Bundestrainer der einzelnen Alterstufen mögen die Renngemeinschaften wichtig sein - für viele Vereine sind sie gerade im Nachwuchsbereich eine Katastrophe. Von vier Jugendlichen wird der Beste gefördert - der Rest bleibt auf der Strecke. Mit großer Frustration und ohne ruderische Perspektive. Die jugendlichen sind weg vom Rudern und raus aus unseren Vereinen - das kann es nicht sein!
Bei Traditionalisten und konservativen Denkern, die per se jegliche Veränderungen nicht begrüßen, wird die nahende RBL mit Argwohn beobachtet und manchmal auch als Eintagsfliege beschrieben. Müssen wir uns entwickeln oder sollte der „Schuster lieber bei seinen Leisten bleiben“?
Ich verstehe gar nicht, dass irgendwer überhaupt gegen die RBL sein kann. Sie ist eine Riesen-Möglichkeit und tut doch keinem weh. Ich weiß, dass die Idee in vielen Vereinen unglaublich positiv aufgenommen wird und auf einmal wird hektisch versucht, möglichst viele "Ehemalige" wieder zu aktivieren, um möglichst schlagkräftige Truppen auf Vereinsniveau zusammen zu bekommen.
Müssen wir zur besseren Transparenz und Wettkampfmotivation denn unbedingt einen Liga-Betrieb durchführen?
Ich kenne kaum eine Sportart, die NICHT im Liga-Betrieb durchgeführt wird. Oben gibt es den World Champion oder die Champions-L für die besten. Darunter BL, 2.BL usw. Bis runter in die Kreisliga. Jeder kann seine Erfolgserlebnisse in der jeweiligen Leistungsklasse finden. Der eine Verein feiert seinen Meister in der Kreisliga, der andere in der BL, das ist doch normal! Im rudern ist es momentan äußerst schwierig eine entsprechende Nische für Erfolgserlebnisse zu finden. Sollen denn all diejenigen, die es nicht in die Kader schaffen nur noch im GiG-Boot für Wanderfahrten trainieren?? Wir müssen Perspektiven bieten, um die Ruderer im Sport zu halten und die RBL ist eine große Chance hierfür.
Sie denken also, dass die RBL die Zukunft sein könnte?
Persönlich glaube ich fest daran, dass die RBL der richtige weg ist. Sie bietet tolle PR-Möglichkeiten in den Regionen für die Vereine, denn mit Bundesliga kann jeder etwas anfangen. Ein Sieg in Münster, Köln, Ratzeburg oder sonst wo interessiert nach außen hin kaum jemanden. Auch international werden wir uns entwickeln müssen. Warum nicht 2000- und 500 Meter bei Olympischen Spielen. Auch in der Leichtathletik ist das 100m Finale der Höhepunkt und nicht der 1500 Meter Lauf.
Sie werden ja in der Achtermannschaft des RV Rauxel selbst aktiv an der RBL teilnehmen. Reicht es denn für den ersten Achter?
Ich hoffe, dass ich die interne Quali schaffe. Die Begeisterung in meinem Heimatverein RV Rauxel ist jedenfalls groß und ich gehe fest davon aus, dass wir mit einer explosiven Mischung aus alt und jung am start sein werden. Unser Ziel ist der Sprung in die 1. Bundesliga - das wär’s.
Herr Polus, vielen Dank für das Gespräch.
Videos:
Yorck Polus und der RV Rauxel träumen der Ruder-Bundesliga
Endlich: Ruder-Bundesliga
Ruder-Bundesliga 2009: Beginn Münster (25.04.) / Ende Krefeld (13.09)