39. Rheinmarathon - mit Rheinwasser im Boot im Ziel
Einen wundervoll sonnigen Herbsttag erlebten 700 Ruderer (143 Boote) beim 39. Rheinmarathon am 9. Oktober 2010 vom Wasser aus. Gesamtschnellstes Boot war der Kölner Club für Wassersport in 2:08,09 Stunden.
Neben den Teilnehmermedaillen gab es Pokale sowie Gold, Silber und Bronzemedaillen zu gewinnen. Das gesamte Team vom Ruderclub Germania Düsseldorf hatte, so wie der Wettergott von oben, als Veranstalter auf Wasser und an Land alles im Griff. "Wir sehen das alles mit großer Freude. Schön, dass der Zuspruch so groß ist", so Ralph Beekmann. Der Regattaleiter erfreute sich des immer größer werdenden Zuwachses an gemeldeten Booten.
Es war ein Marathon, bei dem nicht nur die Schuhe geschnürt wurden. Jede Menge Vorbereitungen für das Abenteuer Rhein waren für Boot und Athlet wichtig und sinnvoll. Davon später mehr. Ins Ziel gekommen sind alle (auch ein Boot unterhalb der Wasseroberfläche, auch davon später mehr), alle haben gesiegt. So ist das beim Marathon allemal, wenn das Ziel erreicht wurde!
Alles verlief reibungslos. In kurzen Abständen gingen die Boote auf Höhe des RTHC Leverkusen bei Rheinkilometer 695 auf die Strecke. Die Ruderer waren gewappnet mit Trinkrucksäcken, Kopfbedeckung und an die innere Bordwand geklebten Müsliriegeln. Die Ausleger der Boote waren abgeklebt gegen das Hereinbrechen der Wellen. Die Wellenbrecher selber wurden verstärkt und erhöht mit selbstkonstruierten Aufbauten. In zahlreichen Links- und Rechtskurven und bei den Rheinseitenwechseln hatten die Steuerleute alles im Blick. Abgesichert war die Strecke von der DLRG. Also konnte nicht passieren. Wirklich?
Während der langen Distanz gab es nicht nur Kilometer, sondern auch zahlreiche Wellen zu überwinden. Da hob es den Ruderer auch schon mal vom Rollsitz und Wellen schlugen trotz aller Vorbereitungen in die Boote. Der Bug ragte gen Himmel oder schnitt die Wellen. Es sah teilweise aus wie beim spektakulären Küstenrudern.
Und so schaukelte sich auch eine ungesteuerte Seegig über die Strecke, empfangen von jubelnden Zuschauern auf Höhe der Germania. Das breite Boot überquerte nicht über Wasser die Ziellinie, sondern unterhalb der Wasseroberfläche. Es lag bereits Kilometer vor dem Ziel schon etwas tiefer im Wasser aufgrund von eingesammelten zahlreichen Litern von Rheinwasser. Dann die Zielgerade. Ungebremst vom Ehrgeiz legte sich die Crew nicht optimal zu den Wellen des entgegenkommenden Schiffes, sondern optimal in Zielrichtung. Über den Bug schlug das Wasser ein, das Heck tauchte ins Wasser. Innerhalb von einem Ruderschlag war von dem Boot nichts mehr zu sehen außer den Rudern, der oberen Kante der Bordwand und der Köpfe der Ruderer. Die Rettungsschwimmer sprangen vom Anlegesteg und vom DLRG-Boot kopfüber ins Wasser und sicherten die Lage. Es bestand zu keiner Zeit Gefahr.
Es gab aber auch ebenes Wasser und beschauliche Momente, immer begleitet mit Sonnenschein. So waren die Ruderer im ersten Moment zwar völlig erschöpft, aber überglücklich in großer Feierrunde an Land. Dave Mannion, Irischer Meister im Achter, fühlte sich sowie alle anderen Teilnehmer sichtlich wohl: "Mir hat es sehr gefallen! Dank der Gastfreundschaft der Germania fühlt man sich hier im Verein wie zuhause." Und er schwärmte von Düsseldorf überhaupt. Beruflich kommt er sehr viel rum auf der Welt, aber Düsseldorf sei für ihn etwas ganz besonders.
Die Teilnehmer füllten ein breites Spektrum aus. Es war zum Beispiel der Olympionik (Peking 2008) Cormac Folan aus Irland am Start inklusive sechs seiner Ruderpartner aus dem amtierenden irischen Meisterachter, die zahlreichen 14-Järigen und damit jüngsten Ruderer der Regatta, der letztjährige WM-Teilnehmer des gastgebenden Vereins Stephan Ertmer sowie der 79-jährige Karl-Heinz Trede vom RTHC Leverkusen als ältester Teilnehmer. Die Erlebnisse und Überwindungen waren für alle ähnlich.
"Bei 2000 Metern weißt du, was du vorhast", so Folan Cormac, der diese Distanz schon zigmal gerudert ist. "Die gut 42 Kilometer aber musst du dir wirklich gut einteilen", ergänzte der 26-jährige Ire. Sein Kollege Dave Mannion erzählte, dass mal nur zwei satt der acht Ruder im Wasser eintauchten, wenn das Boot auf den Wellen abhob. Das war ein besonderes Erlebnis für die Flachwasserruderer und teilweise Neu-Marathoniken.
Stephan Ertmer ist ebenso die kurze Distanz gewohnt. "Du bis im Ziel einfach froh und weißt, was du geleistet hast. Es tut anders weh. Im Gegensatz zu den 2.000 Metern bei Meisterschaften hast du viel mehr Zeit, nachzudenken. Du lernst hier wirklich, wie du durch die Hölle gehen kannst." Und wenn andere Boote im Rücken auftauchen, spornt das an. "Es ist ein gutes Gefühl, wenn du an einem Boot vorbeiziehst. Das motiviert für die nächsten paar Kilometer." Da sieht man die starke Leistungssportmentalität, gepaart mit Freude an der Teilnahme am Marathon.
Der "Oldie" Karl-Heinz Trede zeigte sich gut erholt nach dem Rennen. In seinem Boot saß er wie immer auf der Schlagposition. Mit Schlagfrequenz 18 brachte er seine Crew sicher über die Strecke: "Du brauchst Zeit, um den Druck einzusetzen. Außerdem muss das Boot Ruhe haben zum Laufen." Auch hier war der Ehrgeiz groß. Die zwei Trinkpausen waren auf 30 Sekunden begrenzt. Herz und Lunge funktionierten prächtig. Lediglich über Schulterprobleme beklagte sich der Junggebliebene, der sich vor vielen Jahren Dank des Ruderns sogar eine Therapie ersparen konnte. Ok, auch er war müde nach dem Zieleinlauf, die Belastung ist eben nicht ohne. Aber auch beim ihm war der "Schmerz" schnell vergessen, denn die Euphorie war groß.
Nach der Siegerehrung und dem Genießen der Herbstsonne auf dem aufgrund der Umbauarbeiten mit frischem Kies ausgelegten Vereinsgelände war die Veranstaltung noch längst nicht beendet. Nachdem die Medaillen und Preise verliehen wurden, schloss sich der gesellige Abend im Vereinshaus an. Die Partymusik wurde teils lauthals von irischen Gesängen übertönt. Die "Alten" stimmten ein, die jungen Iren folgten nicht viel später. Die Neuwieder Rudergesellschaft hatte Spaß am "Konter" und wurde von den Iren und allen anderen ebenso bejubelt. Die Veranstaltung war wie immer nicht um Mitternacht beendet...
Den 40. Reinmarathon hat der Ruderverein Germania bereits im Blick. "Es soll ein ganz besonderer werden", so Ralph Beekmann.
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