16. Aug. 2010 | Wettkampfsport | von Oliver Palme, Pressesprecher

Geburt einer Legende - Red Bull XRow 2010

Die Innerschweiz wurden am Samstagnachmittag, 14. August 2010 am ersten Red Bull XRow Zeuge der Geburt einer völlig neuen Sportdisziplin: Cross Country-Rudern. Acht Achter-Ruderboote mussten drei harte See- und drei noch deftigere Landüberquerungen hinter sich bringen. Das deutsche «Marcel Hacker All Star»-Team der Frankfurter RG Germania, verstärkt durch Tim Bartels und Dominik Imort stürmte als erstes über die erlösende Ziellinie in Luzern. 

Die Strecke hatte es in sich: Punkt 14:15 Uhr stürzten sich die acht internationalen Ruderteams in einem spektakulären Massenstart ins Seebecken von Zug. Die Briten hatten um Doppel-Weltmeister Toby Garbett, den nur eine Verletzung 2000 aus dem Achter holte, einen mit hochrangigen Ruderer u. a. aus Leander einen sehr starken Achter zusammen gestellt. Der Berliner RC hatte die Wildcard, die er bei den Deutschen Meisterschaften (Großboot) gewonnen hatte, auf ganz Berlin ausgeweitet (BerlinXpress). Simon Gawlik aus dem diesjährigen Oxford-Achter verstärkte das Boot aus der Hauptstadt. Dann war da noch der rumänische Nationalverband, der einige Ruderer vom Weltcup (6. Platz im SM8+ in München) mit jungen Talenten mischte. 

Das erlösende Ziel sollte die SwissLifeArena Luzern sein. Auf der ersten Ruderetappe von Zug nach Immensee entwickelte sich ein spannendes Boot-an-Boot-Rennen. Das Boot der FRG Germania, komplettiert mit Tim Bartels und Dominik Imort, fuhr taktisch meisterlich kurz vor dem ersten Wechsel an den lange führenden Rumänen und dem BerlinXpress vorbei. 

Der erste, steile Landweg führte von Immensee hoch zur Tellskappelle, dann durch die legendäre Hohle Gasse, die schon Willhelm Tell durchschritt. Dabei kam das Feld auch bei den Landüberquerungen ins Rudern: Rumpf über Kopf mussten die 100 kg schweren Boote geschultert werden – Muskeln und Feingefühl waren gefordert. Hier trennte sich der Spreu vom Weizen. Kurz vor der Hohlen Gasse führte das «Marcel Hacker All Star»-Team das Feld an, dicht gefolgt von «Berlin Xpress» und der rumänischen Nationalmannschaft. In bedrohlicher Sichtweite: «Strength and Purchase» aus England. Die Teams schickten Ruderträger vor, die Boote samt Träger folgten. Die Rumänen mussten ihrem hohen Anfangstempo Tribut zollen, die Briten waren überrascht vom Tempo der Deutschen - aufgeben wollten sie aber nicht. 

Die zweite Ruderetappe führte über den rauen Vierwaldstättersee bis Meggen. Das «All Star»-Team baute seinen Vorsprung aus. Drei fiese Kilometer Landweg nach Wartenfluh lagen bevor. Hier ging es in bester "Tour de France" Manier Serpentinen hoch, die Ruderer mussten derweil gehen. Die Strapazen waren zu groß, an laufen dachte in dem Moment niemand mehr. Derweil bekam «Berlin Xpress» einen neuen Verfolger, das Team aus Grossbritannien lag ihnen dicht am Heck. Auf der finalen Ruderetappe quer durch das Seebecken von Luzern zeichnete sich ein deutsches Duell ab. «All Star» erschienen als erste am Horizont, «Berlin Xpress» bleib ihnen dicht im Nacken, vermochte im Wasser aber nicht aufzuholen. Die «All Stars» wasserten in Luzern als erste aus und überquerten nach dem finalen 600-Meter-Sprint nach 2h 3min. 50 sek. als Sieger die Ziellinie.

«Die körperlichen Strapazen waren unglaublich, die zweite Landüberquerung ging ans Eingemachte», erklärte Michael Wieler, Mitglied des «All Star»-Teams sichtlich erschöpft aber glücklich im Ziel. «Beim Red Bull XRow bekommt der Ausdruck „Teamwork“ eine völlig neue Bedeutung», ergänzt Wieler. Dies unterstreicht auch Marcel Müller vom See-Club Luzern: «Das Rennen war körperlich unvorstellbar hart. Es war auch schwierig, beim Tragen Gleichschritt zu halten. Nichtsdestotrotz hatte ich während dem Rennen Hühnerhaut – aber nicht vor Kälte, es war einfach so cool.» 

Das Siegerteam teilt sich ein Preisgeld von CHF 6'000.– und unbezahlbar viel Ruhm, die Besten einer weltweit neuen Disziplin zu sein. Das Red Bull XRow ist die erste Reggatte ihrer Art. Das innovative Konzept hat die traditionsreiche Ruderwelt auf den Kopf gestellt und ihr einen zünftigen Adrenalinkick gegeben. Der rebellische Tell hätte die Teams laut angefeuert. Alle anderen können dies nächstes Jahr wieder tun: Dem Red Bull XRow 2011 steht nichts im Weg.