04. Aug. 2010 | Jugend | von Ruder-Event GmbH & Co. KG

JWM 2010: Bundestrainerin Brigitte Bielig – die stille Königin des Erfolgs

Ruder-Bundesliga (RBL) Pressesprecher Arne Simann traf Brigitte Bielig, Bundestrainerin der U19-Nationalmannschaft, im Trainingslager in Berlin-Grünau.

In jedem Team muss einer die Verantwortung tragen und seinen Kopf für Lob und Schelte, stellvertretend natürlich für die gesamte Crew, hinhalten. Bei der U19-Nationalmannschaft gehört dieser Kopf seit vielen Jahren Bundestrainerin Brigitte Bielig aus Dresden. Wobei Frau Bielig ihren blonden Kopf sehr gerne hinhält, da es erfahrungsgemäß fast jedes Jahr Medaillen hagelt. Seit 1982 ist die erfahrene Ruderlehrerin im harten Trainergeschäft und hat dabei so ziemlich alle Alters- und Bootsklassen betreut und zu bzw. in Richtung WM-Medaillen geführt. Nach den 9 Medaillen der Vorsaison in Frankreich geht die Trainerin aus der Landeshauptstadt Sachsens auch in diesem Jahr wieder von einer ähnlichen Größenordnung aus.

RBL : Liebe Brigitte Bielig, Deutschland ist seit unzähligen Jahren die erfolgreichste U19-Nation. Alleine 7 Goldmedaillen in der vergangenen Saison sprechen eine deutliche Sprache. Steht man da sehr unter Erfolgsdruck?

Bielig : Sicherlich sind die Erwartungen an die DRV-Nachwuchsmannschaft deutlich höher, als bei den U23- und A-Teams, aber diese Erwartungen sind nur so hoch, weil wir mit einem seit Jahren funktionierenden Team nachweislich solide Arbeit leisten und entsprechende Unterstützung aus den Vereinen, Landesverbänden und dem DRV bekommen. Dies zieht dann in der Konsequenz natürlich Edelmetall als Qualitätsnachweis nach sich. Die U19-Mannschaft hat auch in diesem Jahr wieder ein sehr gutes Niveau, das wieder zu einigen Medaillen führen wird. Es können mehr sein als in Brive la Gaillarde, aber auch weniger. Das hängt aber am meisten von der unberechenbaren und teilweise unbekannten Gegnerschaft ab. Wir müssen mit unseren Ansprüchen jedoch sehr sensibel umgehen, da viele andere Nationen den Nachwuchsbereich mehr und mehr professionalisieren und auch die notwendigen Mittel hierfür zur Verfügung stellen. Wir hingegen müssen aufpassen, dass uns die Fördermittel nicht zu sehr gestrichen werden, und dass wir unser prominentes Niveau auch halten können.

RBL : Unabhängig davon, wie die „Rennen von Racice“ ausgehen, wie sehen Sie die Zukunft der U19-Nationalmannschaft?

Bielig : Wir müssen angesichts härterer Zeiten und enger zu schnallender Gürtel auch lernen noch effizienter zu arbeiten als bisher eh schon und wir müssen in bestimmten Teilbereichen auch noch eine Schippe nachlegen. Insbesondere der Frauen-Riemenbereich leidet ja unter einem Nachwuchsproblem, wo wir aktiv Maßnahmen ergreifen, um den jungen Damen möglichst frühzeitig eine koordinative Ausbildung sowohl im Skullen als auch im Riemenrudern zu ermöglichen. Die Erprobungsmaßnahme U17-Vierer ohne Steuerfrau soll den Mädels die Möglichkeit geben, auf den Meisterschaften z.B. im Doppelzweier und vielleicht dann auch im Riemen-Vierer anzutreten. Ruderinnen sind eigentlich reichlich vorhanden in den jungen Jahrgängen. Jetzt ist es eine unserer Aufgaben, diese jungen Talente auch zu motivieren an den Meisterschaften teilzunehmen. Weiterhin gehen wir aber auch unserer Kernaufgabe nach, großflächig Nachwuchstalente zu sichten, alle potenziellen Kinder und Junioren zu testen und in die entsprechenden Regionalgruppen zu integrieren.

RBL : Wie äußert sich die verkürzte G8-Schulproblematik im Leistungssportsystem des DRV. Können Sie die Ausläufer bereits erkennen

Bielig : In der Tat registrieren wir die ersten unschönen Folgen dieser bildungspolitischen Entscheidung bereits und haben aber auch schon einige gute Lösungsansätze in der Praxis gefunden. In den Regionalgruppen kann diese Herausforderung nur über individuelle Lösungsmodelle erfolgen, die allesamt zum selben Ziel hinführen. Ob Sportschulen, Sportinternate oder spezielle Sportklassen an Gymnasien, es gibt viele gute Ansätze, die uns hoffnungsvoll stimmen, diese Herausforderung in Zukunft zu meistern.

RBL : Wie ist die UWV in Berlin-Grünau dieses Jahr verlaufen?

Bielig : Bisher hat alles hervorragend funktioniert. Es gibt keine krankheitsbedingten Ausfälle, alle sind gut durch die Belastungen gekommen und das U19-Team wächst zunehmend zusammen. Dies ist ja auch die große Stärke der bundesdeutschen Nachwuchsmannschaft. Wer fünf Wochen lang eng zusammen lebt und trainiert, wächst automatisch zusammen und wird von Tag zu Tag zu einer stärkeren Einheit. Davon profitiert das deutsche Team immens. Allerdings mussten wir auch dieses Jahr schon wieder 2 volle Tage einsparen, die uns sicherlich nicht in der Vorbereitung geschadet hätten. Aber summa summarum gehen wir sehr gut vorbereitet in Richtung JWM.

RBL : Wie schlüsselt sich der Erfolg der letzten Jahre und vielleicht auch der von 2010 in ihren Augen auf?

Bielig : Ich kann mich da meinen Trainerkollegen nur anschließen. Wir sind ein nachhaltig gewachsenes System aus Trainer, Betreuern, Ärzten, Physiotherapeuten, Organisatoren, Bootsmeistern, Logistikern und vielen mehr, die seit Jahren eingespielt sind und wunderbar miteinander harmonieren. Diese Harmonie nehmen die Sportler ebenfalls schnell wahr und machen sie sich zu Eigen. Dadurch entsteht eine positive Gruppen-Energie, die in diesem Maße vermutlich nicht in U23- oder A-Team zu finden ist und auch nicht bei jeder anderen U19-Nation. Dieser Teamgeist ist neben der großen Leistungsdichte in Deutschland eine unserer stärksten Waffen im Kampf um die Medaillen. Zudem möchte ich auch noch einmal ausdrücklich unseren Partnern Filippi, BBG, FES, dem OSP Berlin, Concept 2, dem medizinischen Team aus Ulm und unserer neuen Agentur Ruder-Event GmbH für ihre Unterstützung danken. Mit diesen vielschichtigen Partnerschaften auf unterschiedlichen Ebenen bauen wir uns gemeinsam ein stabiles Haus für die Zukunft von dem alle Seiten profitieren werden.

RBL : Was gibt es sonst noch zur Mannschaft „durch die Blume“ zu sagen

Bielig : Wir haben wie bereits erwähnt eine solide Vorbereitung in Berlin-Grünau gehabt. Alle Sportlerinnen und Sportler haben sich ein gutes Stück weiterentwickelt und wir können im Vertrauen auf unsere Stärke nach Tschechien fahren, um jeweils unsere Bestleitungen abzurufen. Es macht mir immer noch sehr viel Spaß mit diesen jungen Menschen zusammenzuarbeiten. Das ist auch der Reiz an der Aufgabe, die ich sehr gerne mag. Auch die Zusammenarbeit im Trainer-Team entschädigt für die vielen Entbehrungen und Belastungen, die alle Beteiligten auf sich nehmen, um beim U19-WM-Team 2010 dabei zu sein. Ich bin sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf und werde auch sehr stolz sein, wenn jeder im Rahmen seiner individuellen Möglichkeiten die schwarz-rot-goldenen Farben in Racice präsentiert. Es wird sicherlich eine tolle Atmosphäre dort vor Ort, weil durch die Grenznähe einige tausend deutsche Fans zur WM pilgern werden. Auch auf diese besondere Stimmung vor Ort bin ich sehr gespannt.

RBL : Liebe Frau Bielig, wir danken für dieses Gespräch und wünschen dem Team das Allerbeste und natürlich sportliche Erfolge.