06. Apr. 2010 | Panorama | von Arne Simann, Ruder-Event GmbH & Co. KG

„United-Rauxel“: Der wohl bisher einmalige Ultra-Fanklub in der Ruderszene

"100% Rauxel" – Ein Lebensgefühl aus dem Herzen des Ruhrgebiets.

RBL-Pressesprecher Arne Simann sprach mit Stephan Lücke, dem Fanbeauftragten des RV Rauxel. Der engagierte Rauxler initiierte die Rauxeler Fanbewegung maßgeblich, die in der Saison 2009 in einzigartiger Manier ihr Vereinsteam zum Verbleib in der 1. Liga anfeuerte.

RBL: Stephan, Ihr habt Euch unbenannt von „Rauxel-Ultras“ in „United-Rauxel“ und auch eine neue Homepage. Wie kam es dazu und was sind überhaupt Ultras?

Lücke: Ultras (übersetzt: darüber hinaus, Anmerkung d. Redaktion) sind Fans, die ihre Mannschaft bedingungslos unterstützen und alles für ihre große Liebe geben, den Verein. Dies sind Werte, die in der heutigen Gesellschaft nicht mehr selbstverständlich sind. Beständigkeit und Weiterentwicklung ist aber auch eine Tradition des Rudersports. Die Ultras feuern ihr Team immer mit Vollgas an, auch wenn die Mannschaft mal nicht so gut rudert und wir gehen auch bei schlechter Leistung unseres Achters oder schlechtem Wetter nicht früher nach Hause, wie es in den großen Stadien manchmal üblich ist. „Ultra“ ist ein Teil der modernen Fankultur, der auch im schönen Rudersport die Leidenschaft auf die Ränge transportieren soll. Während der normale Konsument einfach nur etwas Tolles zu sehen bekommen möchte, gehen wir darüber hinaus, möchten etwas zur Veranstaltung beitragen und dadurch ebenfalls davon profitieren. Hierzu bedienen sich leidenschaftliche Ultra-Fans auch optischen Mitteln wie Balkenschals, Feuerwerk, Choreographien sowie natürlich lautstarken Gesängen zu Trommeln und vielem mehr.
Oft gelingt es uns dann auch die „normalen“ Zuschauer mit in den Bann zu ziehen und der Funke der Stimmung springt schließlich auf die gesamte Tribüne über. Bei unserem „Heimspiel“ in Castrop-Rauxel schaffen wir dann auch schon mal eine Humba oder La-Ola-Wellen mit bis zu 3000 Zuschauern. Ein Highlight sind natürlich auch die gemeinsamen „Auswärtsfahrten“ zu den verschiedenen Austragungsorten. Während andere junge Erwachsene jeden Samstag in die gleiche Disco gehen, reisen wir unserem Team hinterher und sind immer dicht bei der Mannschaft. Das hat natürlich einen hohen Erlebniswert.

RBL: Wer sind die Köpfe und Gesichter hinter den Rauxel-Ultras?

Lücke: Wir sind eigentlich eine bunt gemischte Fangruppe, sowohl Frauen als Männer sind dabei. Die Meisten haben natürlich einen ruderischen Hintergrund. Wir haben aber auch schon die ersten Mitglieder, die sich gerne die Ruder-Bundesliga anschauen und selbst noch nicht gerudert sind. Die fanden Rudern früher langweilig, finden aber Gefallen an der kurzweiligen Sprint-Liga als Alternative zum Fußball. Die wollen auch am Ufer mitfiebern und mit uns singen und Fröhlichkeit verbreiten. Es wurde ja früher beim Rudern auch das eine oder andere Volkslied gemeinsam geschmettert. Wir machen letztendlich nichts anderes, nur nicht direkt mit „Hoch auf dem gelben Wagen“. Das können wir im Notfall aber auch.

RBL: Die Rauxel Ultras sind ja bisher als unglaublich kreative, lautstarke Fangruppe positiv aufgefallen, wie es eine solche im Rudersport bisher nicht gab. Wo kommt Ihr mit einem Mal her?

Lücke: Ursache für unsere Entstehung war natürlich die Gründung der Ruder-Bundesliga und unser toller Clubachter. Da ausgerechnet wir im RVR besonders viele Fans im Verein haben, die ihre Mannschaft toll finden, haben wir uns zusammengeschlossen, um auch an Land Vollgas zu geben und eine schöne Stimmung ans Ufer zu zaubern. So sind 2009 die Rauxel Ultras entstanden. Es ist ja nicht so, dass nur Fußballer große Stimmung entfachen können. Auch den Rudersport und unsere Achtermannschaften kann man sich sehr gut ansehen. Und für das was die Achter leisten, haben Sie unsere Unterstützung verdient.

RBL: Wie viele von Euch gibt es denn überhaupt? Beim Saisonfinale 2009 in Krefeld, wo sich Euer Männerachter von der Wartburginsel erfolgreich gegen den Abstieg gewehrt hat, wart Ihr mit über 100 Leuten an der Strecke.

Lücke: Im Prinzip sind wir die Gleichen wie in der vergangenen Saison. Wir haben noch einige Leute hinzubekommen, mussten jedoch auch einige unsere tollen weiblichen Fans „abgeben“, da diese jetzt selbst im Achter in der Frauen-Bundesliga angreifen. Der harte Kern besteht so aus 20-30 Leuten, aber zu Heimrennen im „Rhein-Herne-Kanalstadion“ in Rauxel oder bei nahen Auswärtsfahrten wächst der „schwarz-weiß-grüne“ Block (die Vereinsfarben des RVR, Anmerkung d. Redaktion) auch in den dreistelligen Bereich. Da sind ganze Familien aus Castrop-Rauxel von Großeltern bis zu Kindern dabei, die mit aufgemalten Vereinsfarben im Gesicht und selbstgemachten T-Shirts den Lebensstil „Rudern in Rauxel“ leben und lieben.

RBL: Was ist Euer Ziel in der Saison 2010?

Lücke: Ganz klares Ziel ist natürlich Klassenerhalt! Wir wollen so oft wie möglich mit der schwarz-weiß-grünen „Wand“ unserer Fans unsere beiden Achter maximal „supporten“ bzw. unterstützen. Wir haben ja jetzt auch unseren Frauenachter in der Bundesliga dabei und können somit gleich zwei Teams unterstützen. Nicht zuletzt wollen wir durch innovative Unterstützung natürlich auch unseren Fan-Titel für die beste Fangruppe verteidigen und sehen das auch als unseren sportlich, fairen Wettkampf an. Letztendlich sind wir doch alle Sportler.

RBL: Braucht der Rudersport denn unbedingt lautstarke Fangruppen am Ufer oder sollte das eher dem volksnahen Fußball oder Handball vorbehalten sein?

Lücke: Das ist sicherlich eine sehr interessante Frage, die es zu erörtern gilt. Diese muss natürlich jeder Ruderfan und Zuschauer für sich selbst beantworten. Allerdings hat sich unsere Mannschaft noch nie beschwert, sondern freut sich über die bedingungslose Unterstützung vom Ufer. Es ist eher so, dass wir von vielen Vereinen Komplimente für unseren tollen Zusammenhalt im RV Rauxel bekommen. Denn oft hören wir, dass es in anderen Clubs viele einzelne Grüppchen gibt, die gewissermaßen im Alltag aneinander vorbeirudern. Wir sind ein gutes Beispiel dafür, dass der „Verein“ seinen Namen auch zu Recht trägt. Wir sind vielleicht zahlenmäßig nicht der größte Verein, aber dafür halten wir zusammen. Zu Lande ebenso wie auf dem Wasser. Und das lautstark.

RBL: Wie bereitet Ihr Euch auf Ruder-Wochenenden vor? Trefft Ihr Euch zum Einsingen? Muss man so etwas trainieren? Wer ist der Einpeitscher und wer überlegt sich die Choreographien?

Lücke: die neue Seite startet jetzt unter www.united-rauxel.de. Die Fanparty zur Einstimmung findet am 24. April im RV Rauxel auf der Wartburginsel statt. Alle Ruderer, Fans, Neugierige und Interessierte sind herzlich eingeladen. Wir begehen dann gemeinsam unsere Saisoneröffnung, wollen uns offiziell wieder zusammenfinden und über die große Party monetären Rückhalt für die Saison erwirtschaften. Davon können wir uns Fahrten im Fanbus finanzieren und das eine oder andere Transparent neu kreieren. Die neuen Lieder werden natürlich auch eingeübt. „Einpeitscher“ bzw. Dirigent am Megafon könnte auch wieder Moritz Hassel werden, der durch sein Charisma die Leute besonders gut mitreißen und motivieren kann .

RBL: Eine politische Frage kurz vor Schluss des Interviews. Könnte es auch Meinungen geben, dass der Rudersport in seiner Tradition eher ohne lautstarke Technomusik und singende Fangruppen und rein leistungsbezogen bleiben sollte. Ist der zunehmende Trend, einem Regattatag  mehr Eventcharakter zu verleihen, in Euren Augen negativ oder förderlich für den Rudersport?

Lücke: Auch hier wird es wie immer verschiedene Meinungen geben. Das ist sicherlich auch gut so. Und wem die Stimmung bei den RBL-Rennen zu laut und modern ist, der hat ja meines Wissens noch viele andere DRV-Regatten, wo die Rennen nach dem traditionellen und vertrauten und ruhigem Schema ablaufen. So bietet der Regattakalender in Deutschland eben für jeden Ruderfan etwas. Wir Fans aus Rauxel finden es jedoch wahnsinnig spannend alle 2-3 min ein packendes Achterrennen über die knackige 350m-Distanz zu sehen. Ich unterstelle einfach mal, dass von allen Zuschauern, die bei der Bundesliga bisher zugesehen haben, wohl nur ganz wenige dabei sind, die sagen, dass 2000m-Einläufe spannender sind als beim Sprint. Aus Sicht der Fans und Zuschauer gehört dem Sprint wohl eher die Zukunft. Das ist ein bisschen wie in der Leichtathletik: Der Topstar ist nun mal der 100m-Sprinter und nicht der 10.000-Meter-Läufer, auch wenn letzterer vielleicht dreimal so viel Umfänge trainiert. Für uns Zuschauer kommt die Kraft und Dynamik des Ruderports eben besser auf dem Sprint rüber. Aber jeder kann sich ja das ansehen, was er gerne mag.

RBL: Wenn es jetzt Fans im Ruhrgebiet gibt, die keinen eigenen Fanclub haben oder gründen wollen und mit dem RV Rauxel sympathisieren, können die sich Euch einfach anschließen?

Lücke: Die anderen Vereine sollten eigentlich eigene Fanclubs gründen. Das bereichert doch die Szene. Wenn jemand jedoch keinen eigenen Verein hat, ist bei uns natürlich jeder willkommen, der das Lebensgefühl „100% Rauxel“ mit uns teilen und gemeinsam mit United Rauxel der 10. Mann am Ufer und damit natürlich auch Teil der Mannschaft sein möchte. Aber ich denke zur Bereicherung der deutschlandweiten Ruder-Familie wäre es schön, wenn auch die Fanränge noch bunter und vielfältiger werden würden. Davon profitieren letztendlich Alle.

RBL: Lieber Stephan, vielen Dank für dieses Gespräch. Wir wünschen Dir und den gesamten Rauxel-Anhängern, aber natürlich auch Euren beiden Achtern eine erfolgreiche Saison 2010 und freuen uns auf die bunten Bilder von United-Rauxel in der Ruder-Bundesliga.