Olympiasieger, Manager, Zukunftsgestalter - Interview mit Armin Eichholz
In unserer Serie „Was macht eigentlich…?“ stellen wir Ruderer vor, die vor einiger Zeit im Deutschlandachter erfolgreich waren, und zeigen, wie sich ihr Leben nach dem Leistungssport verändert hat. Stell dir vor: Du gehörst zu den besten Ruderern der Welt und schaffst es nach jahrelangem Training sogar zum Olympiasieg. „Solche Erfahrungen prägen“, weiß Armin Eichholz, der 1988 olympisches Gold im Achter gewann. Nach der sportlichen Karriere fängt jedoch jeder wieder von vorne an. Uns erzählt der ehemalige Leistungssportler, wie er sich auch im Beruf weit nach vorne gearbeitet hat.
Sie haben schon während Ihrer sportlichen Karriere Ihr Maschinenbau-Studium an der Ruhr-Universität Bochum absolviert. Wie ist der Übergang ins Berufsleben abgelaufen?
Armin Eichholz: Ich habe 1984 angefangen zu studieren und mein Studium 1990 abgeschlossen – mit der Vertiefungsrichtung ‚Energie- und Verfahrenstechnik’. Allerdings wollte ich meine sportliche Karriere vor den olympischen Spielen in Barcelona noch nicht beenden. Daher habe ich zunächst eine Teilzeitstelle an der Uni Bochum angenommen, um zeitlich flexibel zu sein und den Leistungssport weiterhin zu betreiben.
Nach den olympischen Spielen 1992 in Barcelona, bei denen wir im Achter die Bronzemedaille gewonnen haben, beendete ich dann meine sportliche Karriere. Drei Jahre später habe ich promoviert und bin dann richtig ins Berufsleben eingestiegen.
Heute arbeiten Sie bei der RWE Power AG. Wie sind Sie dorthin gekommen?
Armin Eichholz: Nach der Promotion habe ich zunächst Bewerbungen geschrieben – fünf Stück um genau zu sein. Da wurde schon deutlich, dass ein kleiner Hinweis auf den Leistungssport im Lebenslauf ein echter Türöffner war: Aus fünf Bewerbungen sind vier Gespräche und drei Jobangebote entstanden. Ich hätte sogar bei WILO, dem jetzigen Hauptsponsor des Deutschlandachters, einsteigen können. Letztendlich habe ich mich aber für die Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen AG (VEW) entschieden. Die waren bis zur Fusion mit der RWE AG im Jahr 2000 ein regionales Energieversorgungsunternehmen mit Sitz in Dortmund.
Auch nach der Fusion sind Sie bei RWE geblieben. Wie ist Ihre Karriere dort verlaufen und welche Position bekleiden Sie heute?
Armin Eichholz: Obwohl ich es nicht vorrangig darauf angelegt habe, die Karriereleiter empor zu klettern, arbeite ich mittlerweile in meiner achten Position. Ich habe immer versucht, alle Aufgaben gut zu erfüllen und dabei auch nicht aufgegeben, wenn es einmal schwierig wurde. Ein Leistungssportler kann sich ja gar nicht vorstellen, mit einem mittelprächtigen Arbeitsergebnis zufrieden zu sein. Aber in einem großen Unternehmen fällst du mit dieser Hartnäckigkeit schon auf.
So kamen mit der Zeit immer größere Aufgaben, bessere Positionen, und natürlich mehr Verantwortung. Bereits mit 35 Jahren habe ich die erste richtige Management-Aufgabe als Leiter des Kraftwerks Westfalen in Hamm übertragen bekommen. Heute arbeite ich als Leiter der Sparte der Braunkohlenkraftwerke – hauptsächlich bin ich dabei in Bergheim bei Köln tätig.
Was sind Ihre Aufgaben?
Armin Eichholz: Zur Sparte Braunkohlekraftwerke gehören vier große Kraftwerke, die zusammen fast jede zweite Kilowattstunde Strom in NRW erzeugen. Als Spartenleiter ist meine wichtigste Aufgabe, die Zusammenarbeit der Kraftwerke zu organisieren. Dazu gehören zum Beispiel der Wissenstransfer und der Ressourcenausgleich, wenn es einmal richtig eng wird.
Jeder Achter-Ruderer weiß: Wenn die Zusammenarbeit im Boot richtig funktioniert und die Harmonie da ist, steigt die Leistungsfähigkeit, der Aufwand sinkt und es macht einfach mehr Spaß. Im Unternehmen ist das nicht anders. Nur der Hebel ist ungleich größer. In der Sparte arbeiten 3.000 Leute. Die Leistungssteigerung als Zielsetzung und das optimale Zusammenspiel im Team als Konzept – das ist nichts anderes als früher im Achter. Und die Umsetzung ist genauso anspruchsvoll und schwierig.
Wie können wir uns Ihre Arbeit konkret vorstellen?
Armin Eichholz: Die größte Aufgabe besteht im Moment darin, die Kraftwerke für die Zukunft fit zu machen. Heute stehen wir vor der Herausforderung, dass immer mehr erneuerbare Energien – vorrangig aus Wind- und Solaranlagen – in das Stromnetz einspeisen. Die traditionellen Kraftwerke müssen extreme Schwankungen ausgleichen, um den täglichen Strombedarf durchgängig und zuverlässig zu liefern.
Wir müssen also unsere bestehenden Kraftwerke ausbauen und weiterentwickeln, um sie flexibler zu machen. Dazu gehört natürlich auch eine betriebswirtschaftliche Komponente. Immerhin muss unser Unternehmen sich auf einem Markt behaupten, auf dem ein starker Wettbewerbsdruck herrscht, denn die erneuerbaren Energien sind stark subventioniert.
Wie lösen Sie diese Aufgaben?
Armin Eichholz: Da habe ich ein recht anschauliches Beispiel: Wir tauschen zum Beispiel die analoge Steuerungs- und Regelungstechnik unserer wichtigsten Kraftwerksblöcke aus. Eine moderne, digitale Steuerungstechnik kann viel mehr Informationen aus dem laufenden Betrieb aufnehmen und verarbeiten. So sind wir in der Lage, Lastwechsel optimal zu steuern und flexibel zu reagieren.
Haben Sie einen Tipp für die aktuelle Ruderer-Generation zum Übergang vom Leistungssport in die berufliche Laufbahn?
Armin Eichholz: Der Leistungssport war für mich ein wunderbarer Lebensabschnitt, den ich sehr genossen habe. Danach folgt jedoch ein ganzes Erwerbsleben: Hier bringt – zumindest am Anfang – nicht jeder das gleiche überragende Talent mit wie beim Rudern. Als Berufseinsteiger fangen alle wieder von vorne an. Wenn man sich aber von Beginn an bewusst macht, dass einem nicht sofort alle Aufgaben ‚weltmeisterlich’ gelingen, kann man es auch hier weit bringen. Mein Tipp lautet also: Lockerheit mitbringen. Diese braucht man ja auch beim Rudern, denn wer zu verbissen ist, riskiert Misserfolge.
Genauso wie die berufliche Karriere, war Ihre sportliche sehr erfolgreich. Was waren die Highlights?
Armin Eichholz: Ich habe schon als Kind mit dem Rudern angefangen und den Sport dann ab dem 17. Lebensjahr leistungsorientiert betrieben. Von 1981 bis 1992 war ich im Nationalteam. Zu meinen größten Erfolgen gehören hier der Olympiasieg in Seoul 1988 im Achter, der Weltmeistertitel im Vierer mit Steuermann 1991 und die Bronzemedaille im Achter bei den Olympischen Spielen in Barcelona 1992.
Gibt es etwas, das Sie aus Ihrer sportlichen Karriere für das Berufsleben gelernt haben?
Armin Eichholz: Ja klar, ich habe zum Beispiel gelernt, dass es immer Höhen und Tiefen gibt. Und dass aus der schlimmsten Krise oftmals die größte Chance erwachsen kann. So haben wir bei der Weltmeisterschaft 1987 – ein Jahr vor dem Olympiasieg – mit 17 Sekunden Abstand den letzten Platz im Finale belegt. Aus diesem absoluten Tiefpunkt sind wir dann quasi wie ein Phönix aus der Asche auferstanden und 1988 Olympiasieger geworden.
Wie konnte das funktionieren?
Armin Eichholz: Wir haben zum Beispiel aus dieser Krise heraus gemeinsam mit unserem Trainer Ralf Holtmeyer die Kriterien festgelegt, nach denen noch heute der Achter zusammengestellt wird: Als Qualifikationskriterium sollte hauptsächlich die Leistung im Zweier gezählt werden, nicht so sehr die Leistung auf dem Ruder-Ergometer. Das hatte zur Folge, dass wir viel mehr im Kleinboot trainiert haben. Dabei haben wir uns auch die mentale Robustheit geholt, um locker zu bleiben, wenn man einmal hinten liegt. In einem Pulk mit Zweiern im Training kann ja schließlich auch immer nur einer vorne liegen. So sind wir immer besser geworden und haben schließlich das Feld von hinten aufgerollt und den Olympiasieg geholt.
Wie ist heute der Kontakt zu Ihren ehemaligen Mannschaftskollegen?
Armin Eichholz: Der Kontakt ist gut, aber leider viel zu selten. Wir treffen uns gerne, rudern dann auch zusammen im Achter und genießen die seltene gemeinsame Zeit. Was dabei traurig ist, ist dass mein ehemaliger Zweier-Partner und unser Schlagmann Bahne Rabe, der 2001 verstorben ist, fehlt. Ich erinnere mich heute noch gerne an unsere gemeinsame Zeit. Vor allem an die Saison von 1991, in der wir nur zwei Rennen gewonnen haben: Die Deutschen Meisterschaften und die Weltmeisterschaft im Vierer mit Steuermann.