09. Juni 2014 | Panorama | von Redaktion rudern.de

Sicherheit: Empfehlungen und Hinweise bei heißem Wetter – zur Überwärmung – Hyperthermie

Bei Ruderbetrieb, -training und Regatten in einem warmen Klima können die Teilnehmer Gesundheitsrisiken unterworfen sein. Organisatoren und andere Verantwortliche sollten vorbereitet sein, die potentiellen Risiken zu bewerten und Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen. Dieser Abschnitt gibt die Schlussfolgerungen der FISA Sports Medicine Commission (Sportmedizinische Kommission der FISA) wieder, die in ihrem Papier "Heißes Wetter und Sicherheitshinweise" detailliert Informationen über hitzebedingte Probleme und entsprechende Sicherheits- und Vorsichtsmaßnahmen gibt.

Die hauptsächlichen medizinischen Probleme in warmen und heißen Umgebungen stehen im Zusammenhang mit

  • Lufttemperatur
  • Luftfeuchtigkeit
  • Wärmestrahlung der Sonne und warmer Umgebungen
  • durch Körperbewegung verursachte Wärmeentwicklung
  • verschlechterte Wärmeabfuhr (Kleidung, Lüftung, Flüssigkeitszufuhr)

Die hauptsächlichen Strategien zur Vermeidung von Wärme/Hitze bedingten Krankheiten sind

  • Akklimatisierung
  • ausreichende Flüssigkeitszufuhr
  • Verlegung der körperlichen Betätigung auf kühlere Tageszeiten.

A. Grundlegende medizinische Fragen

Hochintensive körperliche Betätigungen in einer warmen bzw. heißen Umgebung mit begleitendem Flüssigkeitsverlust und mit Erhöhung der Körpertemperatur können führen zu:

Austrocknung - Erschöpfung - Hitzschlag

Die hitzeverursachten Beschwerden beginnen immer mit Wasserverlusten (Dehydration) und sind begleitet von einer erhöhten Körpertemperatur. Körperliche Betätigung vergrößert die Hitzebelastung des Körpers weiter. Durch die erhöhte Körpertemperatur steigt der Energiebedarf für die Temperaturregulierung und dies erschöpft die Energiereserven weiter, besonders die Glucosespeicher. Dies sind Grundvoraussetzungen für hitzebedingte Erkrankungen.

Es sollte jedoch erwähnt werden, dass Erschöpfung und Hitzschlag im Falle exzessiver Erhitzung/ Erwärmung auch ohne Wasserverluste (Austrocknung) eintreten kann.

Die häufigsten hitzebedingten Funktionsstörungen und Erkrankungen sind in der

Tabelle 1 (siehe am Ende des Dokuments) mit ihren Körperbeschwerden, Ursachen sowie den Anzeichen und Symptomen und einfachen Behandlungsmaßnahmen dargestellt.

Jeder Athlet mit einer Körpertemperatur von über 40 °C (104 °F), die nach 30 Minuten mit Abkühlung und Flüssigkeitsgabe nicht gesenkt werden kann, muss als medizinischer Notfall angesehen werden.

Risikoabschätzung bei Hitze

Unter Berücksichtigung der oben erwähnten Faktoren, können je nach Umgebungstemperatur drei Risikostufen

für heiße, trockene Tage in Betracht gezogen werden. Wenn verfügbar, sollte die "Wet Bulb Globe Temperature (WBGT)"[2] zur Quantifizierung der Hitzebelastung aus der Umgebung benutzt werden. Eine Risikoabschätzung bezogen auf die trockene Umgebungstemperatur gibt

Tabelle 2 wieder.

[2] errechnete Temperatur unter Berücksichtigung der Einflüsse Luftfeuchtigkeit, Wind, sichtbarer und Infrarotstrahlung

Tabelle 2: Risikoabschätzung bezüglich Umgebungstemperatur oder WBGT
trockene Umgebungstemperatur WBGT Risiko eines Wärmeschadens
25,0 - 31,9 °C 24,0 - 29,3 °C mäßig
32 - 38 °C 29,4 - 32,1 °C hoch
> 38 °C > 32,2 °C extrem

Absage/Verlegung einer Regatta

Normalerweise wird es bei guter Planung und bei Berücksichtigung örtlicher Wettervorhersagen nicht nötig werden, eine Regatta abzusagen. Zur gesundheitlichen Sicherheit der Teilnehmer kann eine Änderung des Regattaprogramms - Verlegung der Rennen in die kühleren Tageszeiten ausreichen.

Wenn ein hohes oder extremes Wärmerisiko angezeigt ist, sind spezielle Vorsichtsmaßnahmen notwendig.

B. Sicherheitsmaßnahme bei Hitze

1. Schatten und Gelegenheiten zum Abkühlen

  • Bei Regatten in warmen Monaten besteht die Notwendigkeit, schattige Ausruhzonen anbieten zu können, z. B. Gebäude, Zelte, natürliche Schattenbereiche
  • Kühle oder klimatisierte Räume werden empfohlen, falls warmes Wetter mit Außentemperaturen über 32 °C erwartet wird.
  • Ventilatoren zur Verbesserung der Luftbewegung in Räumen und Ruhezonen werden empfohlen, wenn die Raumtemperatur 25 °C übersteigt.

2. Medizinisches Zentrum und Erste-Hilfe-Vorkehrungen

  • Rettungs- und Sanitätsdienst sollten für die Diagnose und Behandlung von temperaturbezogenen Krankheiten und Problemen ausgebildet sein.
  • Möglichkeiten für die intravenöse Infusion und intravenöse Flüssigkeiten (z. B. Ringer Laktat Lösung) müssen im medizinischen Zentrum vorhanden sein.
  • Zur Abkühlung sollten im medizinischen Zentrum zerstoßenes Eis, Wasser und Ventilatoren vorhanden sein.
  • Das medizinische Zentrum sollte klimatisiert sein, wenn Außentemperaturen über 32 °C erwartet werden.

3. Organisation, Training, Rennen und diesbezügliche Maßnahmen

  • Trainingszeiten: Den Mannschaften sollte empfohlen werden, in den Morgen- und Abendstunden zu trainieren, wenn Außentemperaturen über 32 °C erwartet werden.
  • Sperrung der Regattastrecke: Die Regattastrecke sollte für das Training geschlossen werden, wenn die Außentemperaturen 38 °C übersteigen (üblicherweise während des heißesten Teils des Tages von 11:00 bis 15:00 Uhr)
  • Einsatzzeiten von Funktionären, Schiedsrichtern und Regattahelfern: Bei Außentemperaturen über 32 °C sollte in Betracht gezogen werden, dem Regattateam (Offizielle und Helfern) und den Schiedsrichter verkürzte Einsatzzeiten (Rotation) anzubieten.
  • Kleidung: Die Kleidung von Schiedsrichtern, Funktionären und Helfern sollte den Außentemperaturen angepasst sein.
  • zusätzliche Wasserversorgung: Zusätzliches Wasser zum Anfeuchten des Gesichtes, der Kleidung und der Haare sollte für Athleten, Zuschauer und Offizielle an der Regattabahn zur Verfügung gestellt werden, wenn die Außentemperaturen 32 °C übersteigen.

4. Trinkwasser und Flüssigkeitszufuhr

  • Trinkwasser: Bei Regatten in warmen Monaten sollte den Athleten unentgeltlicher Zugang zu Trinkwasser gewährt werden.
  • Wasserhygiene: Wenn das Leitungswasser Trinkwasserqualität hat, sollte ein entsprechender Nachweis vorgehalten werden (Bescheinigung der zuständigen Gesundheitsbehörden).
  • Mengenbedarf Trinkwasser: Seitens des Veranstalters sollte bei Außentemperaturen über 32 °C 2 Liter pro Tag und Teilnehmer zur Verfügung gestellt werden. Zusätzlich sollte 1 Liter pro Tag und Teilnehmer bei den Mahlzeiten zur Verfügung gestellt werden.
  • Wasser für die Rennmannschaften: Organisatoren wird empfohlen, einen passenden Platz zu finden, wo die Trainer ihre Mannschaften nach den Rennen mit Wasser versorgen können.
  • Wasser in Rettungs-/Begleitbooten: Organisatoren wird empfohlen, Rettungs- und Begleitboote mit Wasser auszustatten, um es in Notfällen ausgeben zu können. Ebenso sollte eine Wasserversorgung am Siegersteg bzw. kurz vor der Siegerehrung vorgehalten werden.
  • Wenn das Organisationskomitee einen Sponsor für Mineralwasser hat, dann ist dieses Wasser den Mannschaften durch ein entsprechendes Verteilsystem unentgeltlich zur Verfügung zu stellen.

5. Individuelle Empfehlungen

  • Flüssigkeitszufuhr: Der allgemeine Flüssigkeitsbedarf von Athleten beträgt 2 Liter pro Tag. Dieser Grundbedarf steigt in Abhängigkeit von der Trainingszeit (1 Liter pro Trainingsstunde), sowie der Lufttemperatur (oberhalb von 25 °C 1 Liter pro 5 °C Temperaturanstieg). Die Flüssigkeitszufuhr kann mit Wasser, hypotonischen und isotonischen Flüssigkeiten erfolgen.
  • Strahlung: Indirekte Strahlung von der Sonne oder von warmen Fahrzeugen oder in heißen Räumen verstärkt die negativen Auswirkungen heißer Temperaturen. Schatten gibt Schutz.
  • Kopfbedeckungen: Athleten sollten in direktem Sonnenlicht Kopfbedeckungen tragen, die mit Wasser benetzt werden sollten.
  • Kleidung: Die Kleidung sollte aus Stoffen bestehen, die Hitzestau vermeiden und Schweißverdunstung unterstützen. Es wird helle, locker sitzende Kleidung aus Naturfasern oder Mischgeweben mit guten Absorptionseigenschaften empfohlen, die ausreichende Luftzufuhr gewähren.
  • Ruhe/Pausen: Schlaf und Ruhe verbessern die Temperaturverträglichkeit.
  • UV-Schutz: Kleidung und Sonnenschutzcremes mit UV-Schutz verringern Strahlungsschäden der Haut und reflektieren Strahlung. Dies verringert die Wärmebelastung.
  • Abkühlung nach den Rennen: In warmer Umgebung sich hinzulegen, kann den Kreislauf negativ beeinflussen und einen Kollaps provozieren. Ruderern wird empfohlen, sich nach den Rennen mit Wasser zu kühlen.

Anmerkung: Das Hinlegen im Boot nach dem Rennen macht bei jeder Temperatur Probleme und ist Grund zahlreicher Kenterungen. Bei Hitze ist es besonders riskant.

6. Akklimatisierung

  • Die Akklimatisierung aller Teilnehmer (Ruderer, Schiedsrichter, sowie alle Funktionäre und Helfer) ist die wichtigste Maßnahme, um durch Hitze verursachte Erkrankungen zu verhindern.
  • Die Vorbereitung zur Sportausübung unter heißen Bedingungen sollte eine Akklimatisierungszeit an diese Bedingungen vorsehen, insbesondere, wenn der Athlet aus einem kühlen/gemäßigten Klima zu Wettkämpfen unter heißen/feuchten Bedingungen anreist.
  • Die Akklimatisierungszeit an heiße Umgebungen beträgt in der Regel 7 bis 10 Tage.

7. Information über Gesundheitsrisiken

  • Teilnehmer oder Offizielle mit hohen Risiken für Hitzekrankheit sollten das medizinische Personal im Falle extremer Wetterbedingungen informieren.
  • Das Risiko steigt bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie Asthma, Diabetes mellitus, Schwangerschaft, Herzkrankheiten und Epilepsie. Einige Krankheiten und Medikamente erfordern besondere Aufmerksamkeit.

Zur weitergehenden Risikobewertung für Regatten bei heißem Wetter können der FISA Medical Commission hot weather and safety standpoint sowie der "Heat Stress Adviser" von J. Coyle, Tulsa, OK genutzt werden. Letzterer basiert auf einer Checkliste zur Planung von Sportveranstaltungen von "

Sports Medicine Australia (SA Branch) ".

Tabelle 1: hitzebedingte und -verursachte Funktionsstörungen - Ursachen und Probleme - Anzeichen und Symptome - Behandlung
Funktionsstörung Ursache und Problem Anzeichen - Symptome Behandlung
Hitzekrämpfe unzureichende Zufuhr des durch Schwitzen verlorenen Kochsalzes; Muskelprobleme; falsche Trainingszeit (z. B. mittags); falsche Trainingskleidung (z. B. keine Baumwolle, nur Kunstfasern, Regenkleidung) Muskelkrämpfe Flüssigkeitszufuhr ergänzt durch Zufuhr von Kochsalz im Getränk (hypoton), ggf. ergänzt durch Zufuhr von Kalzium und Magnesium; Vermeidung von Koffeinzufuhr/-einnahme vor dem Rennen
Hyperventilation inadäquat hohe Atemfrequenz, niedriger CO2-Gehalt des Blutes, schlechter Trainingszustand, (jugendliches) Alter Schwindel, Kribbeln um die Lippen, tonische Krämpfe im Bereich der Hände und Füße, Ohnmacht langsame, tiefe Atmung; Rückatmung über eine Papiertüte; Training von Atemtechniken, die vor dem Training bei Hitze oder während des Aufwärmens auf dem Wasser von den Ruderern ausgeführt werden; Atemtraining, Training der Körper-stabilität
Erschöpfungszustände übermäßige Hitzebelastung mit ungenügender Flüssigkeitszufuhr; unzureichender Ausgleich des Flüssigkeitsverlustes; kardiovaskuläre Probleme (unzureichender venöser Rückfluss, Füllzeit des Herzens); reduzierte Hautdurchblutung; stärkeres Schwitzen; orthostatische Hypotonie (Kreislaufregulationsstörung); falsche Trainingskleidung (z. B. keine Baumwolle, nur Kunstfasern, Regenkleidung); erhöhte Luftfeuchtigkeit Schwäche, unsicherer Gang; Ermüdung feucht-schwitzige Haut; Kopfschmerz > Übelkeit > Kollaps im Schatten ausruhen; Abkühlen mit Wasser, Dusche; Flüssigkeitszufuhr; ausreichende Flüssigkeitszufuhr vor dem Training; ggf. ergänzende Einnahme von Kochsalz und Glukose im Getränk (hypoton); sehr leichtes Essen im stündlichen Rhythmus - kleine Mengen; luftdurchlässige Kleidung
Physische Erschöpfung und Austrocknung; Hitzeschäden kombiniert mit körperlicher Anstrengung Ursachen wie Erschöpfungszustände plus Übermäßige Arbeit in der Hitze; Körpertemperatur > 40 °C übermäßige Erschöpfung; Gewichtsverlust; erhöhte Hämatokritwerte im Schatten ausruhen; Abkühlen mit Wasser, kalte Dusche; Flüssigkeitszufuhr; Kopfbedeckung aus richtigem Material; Sportsonnenbrille; ausreichende Elektrolyt- und Kohlehydratzufuhr nach jeder Trainingseinheit
Hitzschlag nach Anstrengung; Hitzschlag ist ein medizinischer Notfall häufig Fehlfunktion oder Schädigung mehrerer Organsysteme (Multiorganversagen); Körpertemperatur > 40 °C Zittern: "Gänsehaut"; Veränderungen des psychischen Zustandes; irrationales Verhalten > Delirium; Zuckungen; Bewusstlosigkeit Schnelle, sofortige Kühlung: Eintauchen in kaltes Wasser, Eispackung, Einpacken in nasse Laken und Luft zufächeln, Fortführen der Behandlung bis Körpertemperatur unter 39 °C; intravenöser Flüssigkeitsausgleich; kardiopulmonale Reanimation
Klassischer Hitzschlag (im Sport selten) ältere und Patienten mit ernsthaften Grundleiden/Vorerkrankung; geschlossenen Räume (Belüftung); chronische Austrocknung Trifft im Sport vor allem Zuschauer und Gäste Behandlung wie Erschöpfungshitzschlag; Prävention: Zugang zu freiem Wasser, Beschattung, Information