18. Nov. 2014 | Panorama | von Redaktion rudern.de

Sicherheit: Empfehlungen und Hinweise bei kaltem Wasser - zur Unterkühlung - Hypothermie

Diese Ausführungen aus einem Auszug der Übersetzung der "Hinweise und Ratschläge der FISA für sicheres Rudern" sollten bei der Entwicklung örtlicher Sicherheitsprogramme berücksichtigt werden. Jeder nationaler bzw. regionaler Ruderverband und jeder örtlicher Ruderverein (im Folgenden Ruderorganisation genannt) sollte seine eigenen Regeln für die sichere Ausübung des Rudersports besitzen. Die lokalen Gegebenheiten und Erfordernisse sowie die jeweils gültigen nationalen und regionalen gesetzlichen Bestimmungen sollen bzw. müssen dabei berücksichtigt werden. Die FISA übernimmt hierfür keinerlei Haftung und kann in diesem Sinne hierfür auch nicht verantwortlich gemacht werden.

III. Empfehlungen und Hinweise bei kaltem Wasser - zur Unterkühlung - Hypothermie

Vorbemerkung

In den Abschnitten C bis E wurde der Text der FISA durch Prof. Dr. Jürgen Steinacker und Prof. Dr. Peter Rademacher (Ulm) aktualisiert und an die neuen europäischen Wiederbelebungsrichtlinien angepasst.

A. Hintergrund

Von den meisten Experten, die sich mit der Unterkühlung im Wasser und mit dem Tod durch Ertrinken befassen, wird Wasser mit Temperaturen unter 20 °C (68 °F) als kaltes Wasser definiert. Es ist auch allgemein anerkannt, dass sich bei niedrigeren Wassertemperaturen die Ab- und Auskühlungsgeschwindigkeiten, die Risiken des Kälteschocks sowie des Schwimmversagens vergrößern. Allerdings stirbt die Mehrzahl der Todesopfer bereits kurze Zeit nach dem Eintauchen infolge einer Reihe von physiologischen Reaktionen, z. B. Hyperventilation, schnelle Auskühlung der Körperperipherie/Extremitäten, Verschlucken von Wasser in die Atemwege/Lunge, verminderter Atmungskontrolle, die letztlich zur Handlungsunfähigkeit führen (Akuter Ertrinkungstod).

Zum Schutz gegen die Auswirkungen von kaltem Wasser sind Vorbereitung, Übung und Vorbeugung unerlässlich. Dazu dienen Ausbildungen mit dem im Notfall benutzten Material und den Geräten, auch im Wasser (unter Sicherungsbedingungen). Es hat sich gezeigt, dass durch die Gewöhnung an kaltes Wasser und durch das Vertrautsein mit den Folgen beim Eintauchen in kaltes Wasser die negativen physiologischen Reaktionen verringert werden können.

B. Hinweise und Empfehlungen

1. Wetterbedingungen

Die Umfeldbedingungen wie Wassertemperatur, Wind, Niederschlag und Seegang sollten sorgfältig beobachtet werden, um daraus spezifische Sicherheitshinweise für den jeweiligen Rudertag abzuleiten und festlegen zu können (siehe Ziffer 3).

2. Kleidung

Es sollte Kleidung getragen bzw. mitgeführt werden, die an die Umfeldbedingungen angepasst ist und davor Schutz bietet. Der Körper sollte damit trocken gehalten und gegen Wärmeverlust isoliert werden.

3. Vorsichtsmaßnahmen

Bei Wassertemperaturen von oder unter 10 °C (50 °F) oder bei widrigen Wetter- und Umfeldbedingungen sollten entsprechende Vorsichts- und Sicherheitsmaßnahmen erwogen werden, z. B.

  • Warnung, das Rudern zu unterlassen,
  • Empfehlung, nur mit Schwimmhilfe oder Rettungsweste auf Wasser zu gehen,
  • Mitführen eines Schallsignalgerätes,
  • Mitführen von Beleuchtung beim Rudern in der Dämmerung oder
  • Ausfahrt nur in Begleitung eines Motorbootes, das auch eine ausreichende Anzahl von Schwimmhilfen bzw. Rettungswesten für alle Rudernden im größten begleiteten Boot mitführt.

C. Unterkühlung

Unterkühlung tritt ein, wenn der gesamte Körper auf eine sehr viel niedrigere als die normale Körperkerntemperatur abgekühlt wurde, z. B. unter 35 °C verglichen mit der normalen Körperkerntemperatur von 37 °C. Dies sollte unter allen Umständen vermieden werden.

  • "Kleide dich so, dass Du nicht frierst" - Mehrere Schichten (dünne) Kleidung sind wirksamer als ein dickeres Kleidungsstück - ("Zwiebeleffekt"). Die äußere Schicht sollte wind- und wasserdicht sein.
  • Feuchte Kleidung erhöht erheblich das Risiko für Auskühlung. Unter feucht-nassen Bedingungen kann Funktionskleidung zur Auskühlung beitragen, weil sie durch Feuchte ihre Wärmeisolationseigenschaften verliert. Deshalb ist unter solchen Bedingungen Wolle für die Bekleidung vorzuziehen, da sie auch in feuchtem Zustand noch ihre Wärmeisolationseigenschaft behält.
  • Trinke keinen Alkohol bei kalten Wetterbedingungen und verteile auch keinen. Alkohol beschleunigt den Wärmeverlust genauso wie er Fehleinschätzungen fördert. Zudem beschleunigt Alkohol die kälteinduzierte Urinausscheidung, damit kann es leichter zum Volumenmangel und Schock kommen.
  • Sei aufmerksam für Anzeichen von Unterkühlung bei dir selber und anderen.
  • Betreuer und Trainer von Kindern und Jugendlichen müssen sich der Risiken bei Kälteeinwirkung für die ihnen Anvertrauten besonders bewusst sein. Diese erhöhen sich, wenn Arme, Beine oder Kopf der Kälteeinwirkung ausgesetzt sind.

Wasserunfall

Wenn eine Person ins Wasser gefallen ist, verliert ihr Körper schnell Wärme. Um den Wärmeverlust zu reduzieren, sollte die Person die Kleidung anbehalten, mit Ausnahme von schweren Mänteln oder Stiefeln, die die Person herunterziehen könnten. Schwimmen ist mit erhöhtem Wärmeverlust und Verlust von wertvollem Zucker in der Muskulatur verbunden. Mit der Auskühlung wird die Muskulatur schnell steifer und ab 28 °C Körperkerntemperatur ist keine Kontraktion mehr möglich. Die freie Schwimmstrecke ist drastisch eingeschränkt, wenn der Wasserunfall in erschöpftem oder ermüdetem Zustand erfolgt. Deshalb ist generell der Verbleib am Boot oder die Nutzung einer Schwimmhilfe sicherer. Möglichst viele Körperteile sollten über dem Wasser sein, ebenso sollte bei einer Kenterung das sofortige Wiedereinsteigen ins Boot erfolgen. Plötzliches Eintauchen in kaltes Wasser kann eine Schockwirkung auslösen und man sollte Sportler darauf hinweisen, möglichst nicht mit dem Gesicht unterzutauchen. Folgeerscheinungen können sein:

  • Unterbrechung der normalen Atemtätigkeit - Atemstillstand;
  • Unfähigkeit schwimmen zu können selbst bei geübten Schwimmern;
  • Verwirrung und die Unfähigkeit, auf einfache Anweisungen zu reagieren.

Bei Verdacht auf Unterkühlung sollte unbedingt die Körperkerntemperatur mit einem Ohrthermometer gemessen werden. Bei Unterkühlungen von unter 35 Grad Körperkerntemperatur ist immer ein Notfall gegeben. Die Aufwärmung bei diesem Notfall muss auch bei Bewusstsein unter klinischen Bedingungen erfolgen. Im Zweifel muss beim Kälteunfall immer medizinische Hilfe bzw. ein Notarzt gerufen werden.

Nachfolgende Hinweise gelten für die Wiederbelebung und Notfallversorgung bei Unterkühlung.

D. Symptome und Anzeichen von Unterkühlung

Die folgenden Symptome und Anzeichen bzw. Auffälligkeiten können einzeln oder gleichzeitig auftreten:

  • unerwartetes und unvernünftiges Verhalten, möglicherweise begleitet von Klagen über Kälte und Müdigkeit,
  • physische und mentale Lethargie mit Unvermögen, Fragen oder Anweisungen zu verstehen,
  • undeutliches Sprechen,
  • heftiger und unkontrollierter körperlicher und sprachlicher Gewaltausbruch,
  • Versagen oder Abnormalität beim Sehen,
  • Zuckungen,
  • fehlende Kontrolle der Glieder, Gleichgewichtsstörungen und Klagen über Gefühlslosigkeit und Krämpfe,
  • allgemeiner Schock mit Blässe und Bläue von Lippen und Hand-oder Fußnägeln,
  • langsamer, schwacher Puls, Keuchen und Husten.

Im Stadium I der Hypothermie von 35 - 32 °C Körperkerntemperatur ist der Patient wach, aber erregt, Kältezittern ist noch möglich. Im Stadium II von 32 - 28 °C ist der Patient inaktiv, das Kältezittern sistiert und er ist wenig ansprechbar, darunter kommt es zu Bewusstseinsverlust. Auch nach der Bergung einer länger im Wasser befindlichen Person besteht noch für längere Zeit Gefahr. Wichtig ist jeden weiteren Wärmeverlust zu vermeiden, insbesondere weil die Wärmeproduktion in den abgekühlten Muskeln verschlechtert ist oder nicht mehr funktioniert. Deshalb muss der Patient vor Regen und Wind geschützt werden. Bis zum Eintreffen von Rettungsdiensten sollte eine Wiederaufwärmung versucht werden im Sinne einer Wärmepackung mit einer Wärmeschutzdecke, Wolldecke oder Biwacksack, womit der Patient - evtl. auch mit einer zweiten Person zur Wärmespende - eingehüllt wird. Gegebenenfalls können auch warme Getränke gereicht werden, solange der Patient wach ist und schlucken kann.

Vorbeugung ist immer die beste Vorgehensweise.

E. Wiederbelebung

Eine Wiederbelebung ist umso wirksamer, je früher mit ihr begonnen wird, gegebenenfalls sogar wenn das Unfallopfer sich noch im Wasser befinden sollte. Andernfalls können innerhalb weniger Minuten irreversible Schädigungen oder der Tod eintreten. Tausende von Leben haben normale Bürger gerettet, die wussten, was zu tun ist, und den Mut hatten, es in dem kritischen Moment zu tun. Die Rettung von Leben in einem medizinischen Notfall hängt von der richtigen Einschätzung und der sachgemäßen Handhabung der Verfahrensschritte bei der Wiederbelebung durch Kontrolle:

  • der Atemwege,
  • der Atmung,
  • des Kreislaufes.

Vorgehensweise beim Auffinden einer Person, die wiederbelebt werden muss:

1. Annäherung

Überprüfung der Eigengefährdung und der Gefährdung des Unfallopfers bei der Rettungsaktion.

  • Wenn du jemanden siehst, der im Wasser in Schwierigkeiten ist, gehe nicht zu ihm ins Wasser. Im Notfall ist wichtig, dass die rettende Person sich selber nicht gefährdet, sondern selber sicher bleibt.
  • Berücksichtige, dass das Unfallopfer Hals- oder Rückenverletzungen haben kann, die besondere Sorgfalt beim Bewegen des Unfallopfers erfordern.
  • Suche nach Hilfsmitteln, mit denen das Unfallopfer aus dem Wasser gezogen werden kann, z. B. Stock, Seil oder Kleidung.
  • Achte auf deinen sicheren Stand, lege dich auf den Boden, um nicht hineingezogen zu werden.
  • Wenn du ihn nicht erreichen kannst, wirf dem Unfallopfer ein schwimmfähiges Objekt zu (z. B. Ball, Plastikflasche), an dem es sich festhalten kann. Hole dann Hilfe.
  • Wenn du dich in einem Begleitboot befindest, nähere dich ihm vorsichtig, wenn dies ohne Gefahr machbar ist (Schwimmweste tragen!).

Grundprinzip für die Annäherung

Annähern - zuwerfen von Hilfsmitteln - bergen

Nach erfolgter Rettung des Unfallopfers sofort Hilfe herbeirufen - Notruf.

2. Beurteilung des Unfallopfers

Ansprechbarkeit - Überprüfung durch lautes Rufen / Ansprechen des Unfallopfers "Geht es gut?" und durch sanftes Schütteln der Schulter. Wenn das Unfallopfer nicht ansprechbar - ist, z. B. nicht atmet und keinen Puls hat, sind die Atemwege freizumachen. Wenn dann der Patient nicht zu atmen beginnt, ist um Hilfe zu rufen und unverzüglich der Rettungsdienst/Notarzt zu alarmieren, möglichst von einem zweiten Helfer. Nach dem Alarm sollte unverzüglich mit der Wiederbelebung des Unfallopfers begonnen werden.

Wenn das Unfallopfer nicht ansprechbar ist, aber atmet und einen Puls hat, dann drehe ihn unter Beachtung des Wärmeschutzes (s. o.) in die stabile Seitenlage:

Seitlich neben dem auf seinem Rücken liegenden Unfallopfer knien, Beine des Unfallopfers strecken. Den nahen Arm des Unfallopfers angewinkelt nach oben legen (90°-Winkel), die Handinnenfläche zeigt dabei nach oben. Fernen Arm des Unfallopfers am Handgelenk greifen und diesen Arm vor der Brust kreuzen, die Handoberfläche des Unfallopfers an dessen Wange legen. Hand nicht loslassen. An den fernen Oberschenkel greifen und Bein des Unfallopfers beugen. Das Unfallopfer zu sich herüber ziehen. Das oben liegende Bein so ausrichten, dass der Oberschenkel im rechten Winkel zur Hüfte liegt. Kopf nach hinten neigen, damit die Atemwege frei werden. Mund des Unfallopfers leicht öffnen. Die an der Wange liegende Hand so ausrichten, dass Atemwege frei bleiben.

3. Vorgehensweise bei der Wiederbelebung

Bei der Wiederbelebung wird die Herzdruckmassage (30-mal) gefolgt von 2 Atemspenden solange durchgeführt, bis ärztliche oder medizinische Hilfe eintrifft. Nach den neuen Richtlinien ist die Herzdruckmassage noch wichtiger als die Atemspende.

Herzdruckmassage - Bei der Herzdruckmassage wird das Herz durch Druck auf das Brustbein in Richtung Wirbelsäule gepresst. Dabei erhöht sich der Druck im Brustkorb, und Blut wird aus dem Herzen in den Kreislauf ausgeworfen. In der Entlastungsphase füllt sich das Herz erneut mit Blut. Enorm wichtig ist die Minimierung von Unterbrechungen während der Herzdruckmassage.

Als vorbereitende Maßnahme wird der Patient flach in Rückenlage auf einer harten Fläche wie dem Boden oder einem Reanimationsbrett gelagert und sein Brustkorb freigemacht. Der Druckpunkt befindet sich in der Mitte des Brustkorbes auf dem Brustbein.

Das Brustbein wird 30-mal in Folge kurz und kräftig heruntergedrückt. Die Eindrucktiefe beträgt etwa fünf bis sechs Zentimeter. Zwischen zwei Pumpstößen soll der Brustkorb komplett entlastet werden, damit sich das Herz wieder mit Blut füllen kann. Die angestrebte Frequenz der Herzdruckmassage liegt bei mindestens 100 und maximal 120 Kompressionen pro Minute. Die richtige Körperhaltung erleichtert dem Helfer die Arbeit. Er kniet aufrecht neben dem Patienten, seine Schultern befinden sich senkrecht über dem Brustbein des Patienten. Der Helfer drückt rhythmisch mit dem Gewicht seines Oberkörpers, während seine Arme gestreckt und die Ellenbogen durchgedrückt sind. Zunehmend werden auch mechanische Reanimationshilfen eingesetzt.

Beatmung - Die Beatmung ohne weitere Hilfsmittel erfolgt als Mund-zu-Nase- oder Mund-zu-Mund-Beatmung. Üblich in Deutschland und Europa ist die Mund-zu-Nase-Beatmung, da diese sicherer durchführbar ist. Der Kopf des Betroffenen wird dabei überstreckt. Der Mund muss bei der Mund-zu-Nase-Beatmung (die Nase bei der Mund-zu-Mund-Beatmung) verschlossen werden. Das Volumen ist richtig gewählt, wenn sich der Brustkorb sichtbar hebt. Die Beatmungsphase sollte etwa eine Sekunde betragen.

4. Training

Denke daran, dass ein intensives Üben der Wiederbelebung notwendig ist. Der vorangehende Text ist nur ein Ratgeber/eine Hilfe die Wiederbelebungstechnik zu verstehen. Es wird nachdrücklich empfohlen, die Technik zur Wiederbelebung zu erlernen. Wende dich an örtlichen Erste-Hilfe-Organisationen für die praktische Unterweisung in Erster-Hilfe und Wiederbelebung.