Zum Tode von Klaus Schmidt (RC Süderelbe Hamburg)
Hamburgs wanderruderisches Aushängeschild ist tot: Klaus Schmidt (RC Süderelbe Hamburg) verstarb im Alter von 79 Jahren. Er war der erste Ruderer in Hansestadt, der den Äquatorpreis bekam, und der bisher einzige, der die Auszeichnung auch ein drittes Mal erhielt.
Rudern gelernt hatte der gebürtige Pommer beim TSV Otterndorf. Angeregt durch die Mitarbeit im dortigen Regattastab erwarb er bald die DRV-Schiedsrichterlizenz. Im Zuge seines beruflich bedingten Umzugs nach Hamburg-Harburg schloss er sich dem RC Oceana an, dem Club, in dem sein Schiedsrichterkollege Friedo Niebuhr aktiv war und Wanderrudern groß geschrieben wurde. Mit Friedo zu Gast beim Berliner RC Hevella lernte er dort eine bunte Truppe von "Kilometerschrubbern" kennen. Mit ihnen unternahm große Wanderfahrten in Polen - noch vor der Wende - und bestritt anspruchsvolle Langstreckenregatten wie etwa Rees - Deventer (100 km) oder das 24-h-Rudern in Berlin.
Mehr als 30 Jahre lang war er regelmäßig auf Rhein und Donau, Weser und Elbe unterwegs, auf Berlin-Brandenburger Gewässern, bei Weser- und Oste-Marathon und der Harburger Tidenrallye. In Großbooten des Harburger Ruder-Clubs startete er auch bei "richtigen" Regatten. Dafür wurde er im eigenen Verein angefeindet, denn das Verhältnis der beiden von zwei zerstrittenen Brüdern gegründeten Clubs, deren Bootshäuser direkt nebeneinander lagen, war mehr als distanziert. Klaus Schmidt - hilfsbereit, friedfertig, aber auch stur -, scherte sich nicht darum. Der Zeit war er damals voraus, denn 1992 mussten die Vereine - Ironie des Schicksals - ihre vor dem Elbdeich liegenden Domizile räumen und gezwungenermaßen fusionieren (zum RC Süderelbe).
Zu den längsten Touren gehörten Ulm - Mohács (1090 km), Gizycko - Berlin (1000 km/rd. 30 Schleusen in 14 Tagen) und der jährliche Klassiker, die "Große Elbefahrt" Pardubice - Hamburg (856 km/24 Schleusen in 8 Tagen). War die Rvg. Alt-Werder in Magdeburg Etappenziel, traf er meist auf seinen Namensvetter, einen ebenfalls legendäreren Vielruderer, der sein Skiff zu Wasser trug. Klaus Schmidt (Hamburg) stieg zum "Rudern vor der Haustür" lieber in den C-Einer "Hannes" und wurde dafür als "Schinderhannes" befrozzelt. Im Bootshaus widmete er sich, wenn er nicht gerade mithalf, den Ruderbetrieb aufrechtzuerhalten, dem "Boote basteln", wie er es nannte - die Brille auf die Stirn geschoben, die jeweilige Schadstelle ganz genau betrachtend, kopfschüttelnd und "Oh nee, oh nee, oh nee" murmelnd. "Für Touren in und um Hamburg war er immer zu haben", erinnert sich sein langjähriger Weggefährte Dieter Schaudin, "eine Schachtel Zigaretten, ein Kaugummi, und die Fahrt konnte beginnen." Das Feuerzeug zückte Klaus Schmidt aber nur an Land; im Boot zu rauchen kam für ihn nicht in Frage, auch wenn das bedeutete, mehrere Stunden ohne Glimmstengel auskommen zu müssen.
Nach gesundheitlichen Problemen Anfang des Jahrtausends gelang ihm ein grandioses Comeback: mit 8836 Kilometern stellte er 2004 seinen persönlichen Rekord auf. 31 Mal erfüllte er die Bedingungen für das DRV-Fahrtenabzeichen, zuletzt 2010. Bei 185.124 km blieb der Ruder-Tacho stehen. Inzwischen in Lüneburg wohnend, wo seine Geschwister lebten, ließ sich Klaus Schmidt immer seltener im Bootshaus an der Süderelbe blicken. Auch auswärts ruderte er nicht mehr. Geraucht hat er fast bis zuletzt - ein schwerer Schlaganfall setzte seinem Leben ein Ende.
Anne Schneller