10. Sep 2016 | Breitensport | von Detlef D. Pries

264 Kilometer in 24 Stunden

Zum "echten" 24-Stunden-Rudern hatte der Berliner Ruderclub Hevella eingeladen, und neun Zweier-mit-Besatzungen hatten sich der Herausforderung stellen wollen. Da am Vortag des Rennens ein Boot abgemeldet wurde, blieben acht Crews, die an der Unterhavel vor dem Hevella-Bootshaus kurz vor 6.00 Uhr auf das Startkommando von Cheforganisatorin Frauke Tampe-Falk warteten: drei Berliner Vertretungen, drei marathonerfahrene Renngemeinschaften vom Rhein und je ein Trio des USV Dresden und der Ruderriege des Leibnitz-Gymnasiums Bad Schwartau.

Da gleich nach dem Start eine Kurve anzusteuern ist, kam es zu einigem Gedränge um die beste Ausgangsposition, doch gewöhnlich bildet sich schon auf den ersten zwei Kilometern eine relativ dauerhafte Rangfolge. Zwar preschte auch diesmal die favorisierte Crew mit Stefan Verhoeven (Cleve), Henning Osthoff (Hamm) und Matthias Auer (Nürtingen) im Boot "Stromathlet" voraus, gefolgt von einer Köln/Leverkusener Mannschaft mit Reinhard Schulz, Uli Westendorf und Karl-Ernst Heinsberg. Doch mindestens um die Plätze drei bis sechs gab es auf der ersten, 79 Kilometer langen Runde über Ketzin, Werder und Potsdam zurück zum Start manche Positionswechsel. Zunächst behauptete sich das Bonner Boot (Phillip Spelten, Sarah und Christian Klandt) auf Platz 3, wurde aber von der Berliner Renngemeinschaft mit Ingo Hensel (Richtershorner RV), Thomas Schreiber und Detlef D. Pries (PSB 24) bedrängt. In dieser Reihenfolge erreichten die Boote nach etwa 34 Kilometern den Wendepunkt in Ketzin, wo sich die Konkurrenten wieder begegneten und Abstände schätzen konnten. Wenig später, in Werder, mussten die Bonner aber einen Nothalt einlegen, der sie den 3. Platz kostete.

12.43 Uhr zeigte die Uhr, als der "Stromathlet" wieder an Start und Ziel eintraf. Offensichtlich war die Mannschaft auf Rekordjagd, wurde jedoch streckenweise durch heftigen Westwind und entsprechenden Wellengang gebremst. 36 Minuten später wendete das Köln/Leverkusener Boot, weitere 13 Minuten vor dem ersten Berliner Boot. Relativ dicht beieinander lagen die Boote auf den Plätzen 4 und 5: das zweite Berliner Boot (Jörg Baumgärtl/Pichelsberger RG, Axel Welke/Hennigsdorf, Zbigniew Hendrysiak/BRC Welle-Poseidon) und die Crew aus Bad Schwartau (Sabrina Thiessen, Julian Neundorf, Torben Glindemann). Die Bonner Vertretung auf Platz 6 kämpfte derweil mit gesundheitlichen Problemen, beträchtlichen Rückstand hatten die junge Mannschaft des Spreeruderclubs Köpenick (Chris Geßner, Philipp Körber, Tim Willert) und das Boot aus Dresden (Charlotte Branscheid, Jan Christoph Pape, Benjamin Tautenhahn).

Nach dem ersten "langen Kanten" folgte eine 36-Kilometer-Runde um die Wannsee-Insel. Wer auch die bewältigt, hat das Anrecht auf eine Medaille erworben. Die Crew aus Bonn begnügte sich wohl oder übel damit und beendete das Rennen nach zwölf Stunden auf Platz 8 mit 115 Kilometern.

Bei dieser Marke legten die meisten anderen Mannschaften die vorgeschriebene halbstündige Pause ein und stärkten sich mit einem Nudelgericht und Getränken, bevor sie sich auf die zweite Wannsee-Runde begaben. Danach teilte sich das Feld. Während die Köln/Leverkusener schon vor Einbruch der Dunkelheit die 13-km-Strecke zwischen dem Hevella-Steg und der Spreebrücke am Rohrdamm erkunden wollten, um später nicht mit den Tonnen zu kollidieren, die die Fahrrinne markieren, bevorzugten die anderen Mannschaften zunächst 20-km-Runden auf der Unterhavel.

Nachts um 3 Uhr beendeten die Köpenicker Spreeruderer ihre Fahrt nach 157 Kilometern auf Platz 7. Zur gleichen Zeit hatten die Schwartauer bereits 191 km zurückgelegt, womit sie sich am Ende den 5. Platz sicherten. Denn die Mannschaft aus Dresden ruderte zwar bis 5.50 Uhr weiter, brachte es jedoch "nur" auf 181 km.

Im Kampf um die Plätze 3 und 4 zwischen den Berliner Vertretungen schien es noch einmal spannend zu werden, doch als die Streckenposten der 20-Kilometer-Runde abgezogen waren und nur noch die 13-km-Pendeltour auf Havel und Spree zu rudern blieb, wurde deutlich, dass es keine Verschiebungen mehr geben würde. 20 Minuten vor Ultimo beendete das Trio Baumgärtl/Welke/ Hendrysiak seine Tour mit 212 km, weshalb auch die Renngemeinschaft Richtershorn/PSB 24 ihr Boot nach 225 km mit dem sicheren 3. Platz aus dem Wasser zog. Die Mannschaft Köln/Leverkusen legte wenig später mit 241 km am Hevella-Steg an. Nur die "Stromathleten" aus Cleve, Hamm und Nürtingen nutzten auch die letzte Minute der 24 Stunden und brachten es schließlich auf 264 km. Ganze 4 Kilometer fehlten bis zur bisherigen Bestmarke. Der Rekordversuch war wahrscheinlich im Wind zerstoben.

Im Unterschied zum 24-Stunden-Lauf oder zum 24-Stunden-Schwimmen kann man diese andere Form des "All you can row" immerhin im Sitzen absolvieren. Wobei gerade das zum Problem werden kann. Nicht nur beim anschließenden üppigen Frühstück im Hevella-Bootshaus hatte mancher heftige Sitzbeschwerden.