Iztok Cop im Gespräch
"Versucht jeden Tag, Euch zu verbessern. Und achtet darauf, dabei Freude zu haben."
Der Slowene Iztok Cop ist eine legendäre Figur des internationalen Rudersports. Bei sechs Teilnahmen an olympischen Spielen von 1992 bis 2012 sicherte er sich vier Medaillen. Dabei stach ein Erfolg aber heraus. Bei den Spielen von Sydney 2000 erruderte er zusammen mit Luka Spik im Doppelzweier den Olympiasieg. Dieser Erfolg bedeutete zugleich auch die erste Goldmedaille für die junge Nation Slowenien überhaupt. Nach dem Ende der aktiven Karriere ist Cop dem Spitzensport treu geblieben. Er ist Mitglied des Exekutiv-Boards des NOK von Slowenien, beruflich ist er als Sport-Direktor von FILIPPI LIDO S.R.L. weiterhin auf den Regattastrecken der Welt unterwegs.
RIM: Iztok, Du warst vom Anfang der neunziger Jahre bis zu den Olympischen Spielen von London als Athlet im internationalen Rudergeschäft unterwegs. Was hat sich in dieser Zeit verändert?
IC: Wenn man das Ganze aus Sicht der Zuschauer betrachtet, hat sich fast nichts verändert. Es gibt nun die Weltcups und eine Europameisterschaft, das ist alles. Das wäre nicht dramatisch, hätten sich nicht andere Sportarten aufgrund der veränderten Interessen der Medien und Zuschauer angepasst und an Attraktivität gewonnen.
Vom sportlichen her sind die Wettkämpfe wesentlich umkämpfter als vor zwanzig Jahren. Unglaublich enge Abstände der Crews machen heute eine Medaillenprognose für die Weltmeisterschaften fast unmöglich. Das ist eine gute Entwicklung. Aber wir benötigen einschneidende Veränderungen. Mehr hochklassige Wettkämpfe, verschiedene Distanzen, unterschiedliche Wettkampf-Formate könnten die Zuschauer begeistern. Die derzeitige Konzeption der Weltcup-Serie hat nur noch die Funktion als Vorbereitung für die WM. Das kann nicht alles sein.
RIM: Eine Frage an den Athleten - wie hat sich Deine Trainingsarbeit über die Jahrzehnte verändert. Oder bist Du den anfänglichen Prinzipien treu geblieben? Gibt es etwas, was Du mit Deinem heutigen Wissen anders machen würdest?
IC: Vom heutigen Standpunkt würde ich sicher ein paar Dinge in der Vorbereitung auf die Hauptwettkämpfe ändern. Sicher würde ich vom Anfang meiner internationalen Karriere an mit Spezialisten aus Teilbereichen der Sportwissenschaft zusammen gearbeitet haben, wie ich es dann zuletzt in den Jahren vor London getan habe.
Wenn ich mit achtzehn Jahren meine heutige Lebenserfahrung gehabt hätte, wäre ich vielleicht sogar einen Weg außerhalb des Sports gegangen. Andererseits hat mich das Rudern vieles gelehrt, insbesondere waren die auf dem Weg gemachten Fehler sehr langfristig sehr hilfreich.
RIM: Du bist nun als Mitglied des slowenischen NOK Exekutiv-Boards und als Sportdirektor von FILIPPI LIDO S.R.L. intensiv mit dem Sport aus anderer als aus Athleten-Perspektive befasst. Hat sich dadurch Deine Sicht der Dinge geändert?
IC: Als ich ins slowenische NOK berufen wurde und später sogar als Vize-Präsident diente, lernte ich viel über Entscheidungswege im Sport. Es wurde mir klar, dass vieles nicht so einfach ist, wie es mir als Aktiver schien. Aber ich habe auch schnell gemerkt, dass Veränderungen mit gutem Willen und Einsatzbereitschaft zu erreichen sind. Dabei ist eine erfolgreiche Sportler-Laufbahn und dabei auch Erfahrungen als "Opfer der Sportpolitik" hilfreich. Aber willst Du etwas verändern, geht nichts ohne nach vorne zu blicken und Lösungsansätze zu präsentieren.
Meine Arbeit mit FILIPPI hat mir die Augen für viele Details geöffnet, die wichtig für Athleten und Trainer sind und die ich in meiner Zeit als Aktiver zu wenig beachtet habe. Nun versuche ich, die Erfahrungen unserer Kunden zu bündeln und in die Entwicklung des Materials einfließen zu lassen. Wir hoffen, unsere Ruderer bemerken unseren Einsatz und natürlich die daraus resultierenden Fortschritte.
RIM: Derzeit verspürt die FISA erheblichen Druck zur Veränderung des olympischen Programms, besonders im Hinblick auf zahlenmäßige Geschlechter-Gleichberechtigung und das Leichtgewichts-Rudern. Wie ist Deine Meinung dazu?
IC: Das IOC hat Forderungen an die FISA und damit das weltweite Rudern gestellt, die einen gewaltigen Druck bedeuten. Besonders hinsichtlich der Ausweitung der Felder der weiblichen Wettbewerbe würde ich eine längere Zeit zur Realisierung bevorzugen. Bis 2020 könnte es in einigen Klassen schwer sein, die für Olympia angemessene Leistungsdichte zu erhalten.
Von Einführung der Leichtgewichts-Klassen bei Olympia an habe ich folgenden Ansatz vertreten. Die besten Athleten - egal ob leicht oder schwer - sollten um die Medaillen kämpfen können. Im 2x und 4- sind besonders Spitzenruderer der "kleinen Nationen" benachteiligt, bisweilen sogar in Ermangelung von passenden Partnern faktisch von der Qualifikation ausgeschlossen. Daher halte ich die Bootsklassen 1x und 2- schon immer als geeigneter für die olympischen Wettkämpfe. Im leichten 4- sehen wir dazu das Phänomen, daß die Fahrzeiten nicht weit von denen der offenen Klasse entfernt sind. Wie wäre die Entwicklung der leichten Crews, wenn sie sich nicht dem Gewichtslimit unterwerfen müssten? Meine persönliche Erfahrung ist, dass man auch mit 80kg oder sogar weniger schweren Teams in den technisch anspruchsvollen Bootsgattungen die Stirn bieten kann.
Nun ist es in der aktuellen Diskussion derart, dass das IOC verschiedene Gewichtsklassen in gleichen Bootsklassen vermeiden will. Vielleicht ist es Zeit, einmal klar "Nein" zu dieser Forderung zu sagen. Das Rudern akzeptierte die maximale Zahl von Aktiven und nun auch die zahlenmäßig gleichberechtigte Verteilung der Athleten. Die Auswahl der Bootsklassen sollte nun dem Rudern überlassen bleiben.
RIM: Stichwort olympisches Programm. Siehst Du das Coastal-Rudern als ernsthaften Bewerber für Aufnahme in das olympische Programm?
IC: Im Namen des slowenischen Ruderverbandes hatte ich auf der letzten FISA Conference angeregt, Coastal-Rudern in das Programm der European Games aufnehmen zu lassen. Viele Verbände haben diese Plattform im vergangenen Jahr genutzt, neue Events einzuführen und zu testen. Dabei hielt ich es für einen Fehler, das Rudern nicht einzubinden. Hoffentlich wiederholt sich das nicht auf dem Weg zur nächsten Auflage. Offizielle Wettkämpfe auf europäischer Ebene würden einen enormen Schub für Coastal-Rudern bedeuten. Athleten würden im offiziellen Ranking ihres nationalen Sportsystems wahrnehmbar und eventuell Förderung erfahren. Dazu ist die Motivation für junge Ruderer, einmal EURO oder sogar Olympia-Sportler zu werden, nicht zu vernachlässigen.
Aber Olympia ist für das Coastal-Rudern Zukunftsmusik. Im Moment wäre das wirklich zu früh.
RIM: Ein Wort zum Abschluss - Dein Ratschlag für junge Ruderer, die von olympischem Ruhm träumen?
IC: Träumt nicht zu früh davon. Der Weg zu Olympia ist lang und hart. Setzt Euch Teilschritte. Versucht jeden Tag, Euch zu verbessern. Und achtet darauf, Freude zu haben. Bleibt immer am Ball und erwarte die Resultate der Arbeit nicht zu früh. Seid geduldig, dann werdet Ihr vielleicht irgendwann den olympischen Ruhm ernten.
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