28. Aug. 2019 | Panorama | von Judith Garbe

Ruderer des Monats Juli - Marc Weber

Marc Weber hat die U23-WM dominiert und am Ende verdient den Titel gewonnen.

Ihr habt entschieden – Marc Weber (Gießener RC 'Hassia' 1906 e.V.) ist euer Ruderer des Monats Juli. Wir haben mit dem U23-Weltmeister im Einer unter anderem über die WM, das Interesse an seiner Person sowie seine Zukunft gesprochen.

Wie lange hat es gedauert, bist du realisiert hast, dass du U23-Weltmeister im Einer bist?
Bis ich es realisiert habe, hat es schon ein bisschen gedauert. Ich war ja im Anschluss noch fünf Tage in den USA, um Urlaub zu machen. Am Samstag kam ich dann zurück und am Montag habe ich dann noch eine Klausur geschrieben. Sprich, ich war relativ viel mit Lernen beschäftigt. Zu der Zeit hatte ich es zwar realisiert, aber es war noch nicht ganz oben bei mir angekommen. Im Anschluss hatte ich dann ganz unterschiedliche Empfänge, unter anderem bei unseren Sponsoren wie der Sparkasse und der Stadt und da habe ich dann auch so richtig realisiert, dass ich gewonnen habe.

Wie sahen die Wochen nach der WM bei dir aus? Gab es ein größeres Interesse an deiner Person oder war alles „normal“?
Das Interesse war viel größer als normal – überraschender Weise. Seitens der Presse und den Veranstaltungen ist es auch ein großer Unterschied zwischen letztem Jahr, als ich U23-Vize-Weltmeister wurde, und jetzt als U23-Weltmeister. Ich hatte drei WM-Empfänge und die Medien haben großes Interesse gezeigt. Jeder hat mir gratuliert. Vereinskollegen, Freunde, Arbeitskollegen meiner Eltern haben meinen Eltern gratuliert. Es haben sich super viele Leute gemeldet. Das war schon ein schönes Gefühl.

Hast du die komplette Saisonvorbereitung auf die WM ausgerichtet? Was hast du im Vergleich zum Vorjahr anders gemacht?
Nachdem ich letztes Jahr Zweiter hinter dem Kanadier war, habe ich dieses Jahr noch einmal viel Zeit  in die Saisonvorbereitung investiert. Ich habe vor allem regional in Gießen und Frankfurt viel mit meinem Trainer Martin Strohmenger (im Folgenden nur noch „Strohmi“ genannt) gemacht. Er hat sich sehr viel Zeit für mich genommen und wir haben viel auf dem Wasser geübt. Auch mit dem Studium hatte ich Glück, da wir weniger Präsenzveranstaltungen hatten. Zudem hat  meine Uni einen Kooperationsvertrag mit dem Olympiastützpunkt. Das heißt, ich musste nicht ganz so häufig in die Uni wie in den letzten Semestern. All das zusammen hat dazu geführt, dass ich sehr viel trainieren und mich sehr sorgfältig auf die Saison vorbereiten konnte. Wir sind auch in viele Trainingslager über relativ lange Zeiträume gefahren. Das gibt einem immer ein bisschen Ruhe und Abwechslung.

Die Vorbereitung selbst war aber nicht komplett auf die WM ausgerichtet. Wir haben schon immer gesagt, es wäre vermessen zu sagen, ich wäre so gut, ich fahr auf jeden Fall auf die WM. Das ist schlichtweg falsch. Man plant sozusagen von Event zu Event, von Regatta zu Regatta. Natürlich liebäugelt man mit dem Ziel, ich würde gerne auf der WM fahren und dort auch eine Medaille holen, aber da muss man halt in Deutschland im U23-Bereich an starken Leuten vorbei und deswegen haben wir uns erstmal auf den Saisonhöhepunkt Deutsche Meisterschaften vorbereitet. Erst ab dem Punkt, als wir wussten, wir fahren den Einer zur WM, haben wir uns auch auf die WM fokussiert.

Du hast die WM von Beginn an dominiert und jedes Rennen gewonnen. Hattest du mit diesem Verlauf gerechnet?
Mit dem Verlauf habe ich grundsätzlich nicht gerechnet. Ich bin jemand, der ganz gerne relativ taktisch fährt. Da lässt mir Strohmi auch immer freie Hand. Ich wollte mir das sehr gut einteilen. Gerade bei der Hitze hatten wir gesagt, wollen wir nicht jedes Rennen gewinnen. Deshalb war auch der Anspruch von meinem Trainer an mich - auch um mir die nötige Ruhe zu geben – erstmal immer nur die notwenige Platzierung zum Weiterkommen zu erreichen. Alles was besser ist, ist dann ein I-Tüpfelchen. Wenn die ersten drei weiterkommen, hätte Rang drei gereicht. Es lief dann einfach sehr sehr gut. Ich kam sehr gut mit dem Boot und den Bedingungen klar. Und wenn man dann erstmal in so einem Flow ist, das habe ich auch für mich über die Saison hinweg gelernt, ist es relativ dämlich, daraus zu gehen und ein bisschen weniger zu machen. Dadurch bin ich eventuell ein paar Rennen auch etwas voller gefahren, als es vielleicht notwendig war.

Aufgrund der Unwetter mussten die Rennen immer wieder verschoben werden? Hat dich das stark beeinflusst oder steckst du das leicht weg?
Mich hat das nicht so beeinflusst. Natürlich war das immer ein bisschen blöd, wenn man schon an der Strecke war und dann wieder reinfahren musste. Aber ich glaube, wir waren da ganz gut umsorgt. Man wusste jeden Tag von vornherein, dass es zu Gewitter und Verschiebungen kommen kann. Dementsprechend war man schon ein bisschen drauf eingestellt und es kam nicht so überraschend. Man ist halt nur erstmal aus dem Fokus raus und braucht später vielleicht ein bisschen länger, um wieder reinzukommen, aber es hat immer ganz gut funktioniert.

Wie geht es bei dir jetzt weiter? Wirst du nach Hamburg gehen und das Männer-Skull-Team verstärken?
Marcus Schwarzrock hat mich in den letzten Jahren schon öfter gefragt, ob ich nach Hamburg kommen möchte. Ich habe immer gesagt, ich möchte mich noch etwas auf den U23-Bereich und meine persönliche Entwicklung konzentrieren. Vor der Abreise zur U23-WM hat er mich erneut gefragt und gesagt, dass der letztmögliche Einstiegstermin zum Trainingslager auf Lanzarote ist. Da habe ich dann zugesagt. Ich denke, es ist mehr als eine faire Chance, dass er mir jetzt nochmal die Möglichkeit gegeben hat, nach Hamburg zu kommen. Ich freue mich, dass ich Teil von der Trainingsgruppe sein kann und die Chance bekomme, noch um die olympischen Plätze mitzufahren. Wir haben für mich eine Pendlerlösung ähnlich wie bei Timo Piontek gefunden. Ich werde immer zwei Wochen am Stück da sein und dann ein bisschen länger nach Hause fahren. Wobei wir auch sowieso in vielen Trainingslagern sein werden. Ich bin auf jeden Fall gespannt, was da auf mich zukommt und hoffe natürlich, dass ich das Team dann auch wirklich verstärken kann.

Planst du eine Karriere im Einer oder darf es auch eine andere Bootsklasse sein?
Nein, ich plane grundsätzlich keine Karriere im Einer. Also mir macht das Einer-Fahren sehr viel Spaß. Es ist auch eine Bootsklasse, die viel Attraktives an sich hat. In keiner anderen Bootsklasse bekommt man am Ende so ein individuelles Feedback vom Bootsdurchlauf und weiß, nur man selbst ist schuld, wenn etwas schief geht. Allerdings bin ich in diesem Jahr auch einen sehr schönen Doppelzweier mit Henrik gefahren, das hat super viel Spaß gemacht. In meiner U19-Zeit bin ich Doppelvierer gefahren. Ich finde jede Bootsklasse hat etwas an sich und ihre eigenen Reize. Deshalb würde ich mich da auch niemals auf eine festlegen.