28. Febr. 2020 | Panorama | von Eberhard Wühle

Hermann Philipsenburg verstorben

Im wörtlichen Sinn hat nach 93 Jahren ein Ruderherz aufgehört zu schlagen.

Mehr noch: ein bis zum letzten Herzschlag wacher und wackerer Geist mit seiner klaren und kritischen Stimme lebt nur noch in der Erinnerung derer, die ihn kannten. 

Hermann Philipsenburg hatte eine erfolgreiche, wenn auch kurze sportliche Karriere in der Ruderriege des ETUF. Immer wieder hat er darüber in packender Diktion berichtet: wie er gerade aus der Gefangenschaft gekommen 1948 von Trainer Gustav Gehrmann bei einem Hausbesuch zum Training verpflichtet wurde (Morgen 17 Uhr am Steg!), auch darüber, wie er ein Jahr später mit seinem Vierer von Sieg zu Sieg eilte, z.B. im großen Kaiserachter auf der Wedau, und es auf die Titelseite des rudersport geschafft hatte.  

Nach beruflich bedingter, aber nur kurzer Unterbrechung wechselt Hermann Philipsenburg die Seiten: als technischer Regattaleiter der Hügelregatta startet er seine Vereins- und Verbandskarriere, trägt wesentlich dazu bei, dass es heute am Baldeneysee den markanten Zielturm, die Tribüne und das Regattahaus gibt. Sein Beruf prädestinierte ihn zum Bootswart und seine persönliche Ausstrahlung zum stellvertretenden Vorsitzenden der Ruderriege des ETUF.  Über 16 Jahre führte er die Interessengemeinschaft Baldeneysee, die bis heute dafür sorgt, dass die Stimme des Wassersports wohl intoniert gegenüber Politik und Verwaltung daherkommt. Er war zusammen mit Peter Velten Gründungsnestor des NWRV und als Veltens Nachfolger bis 1974 Vorsitzender des NW RV, seitdem Ehrenvorsitzender. 

Kräftig nicht nur von Statur, sondern auch durch seine Stimme war er geschätzter oder auch gefürchteter Redner bei Rudertagen und anderen Versammlungen, er kämpfte am Rednerpult ebenso gut wie im Boot, ohne Blatt vor dem Mund und ohne Blatt auf dem Pult, aber dennoch stets druckfertig und detailkorrekt, sei es bei festlichen Anlässen oder bei Traueransprachen, und nicht zuletzt im persönlichen Gespräch mit denen, „die etwas zu sagen hatten“, gern auch in zwanglosem Ambiente einer Clubgastronomie. Der DRV zeichnete ihn mit der Plakette für besondere Verdienste aus. 

In den letzten Jahren ersetzte er seine Regatta- und Clubhausbesuche durch regen Telefonkontakt zu alten und neuen Ruderfreunden, außer Essen u.a. in Duisburg, Hürth, Hamburg, Hanau, Berlin.  Sein kritisches Auge widmete er unverändert der Arbeit seines Vereins und des Essener Regattavereins ebenso, wie der des NWRV und des DRV - mal mit Freude, mal mit Sorge, stets aufmerksam und differenziert, von kameradschaftlichem Interesse geleitet; gut vernetzt also im heutigen Sprachgebrauch. 

Immer wieder angetan ist er von den Festschriften der Rudervereine, die in stattlicher Zahl seine Bibliothek ergänzen und von ihm kritisch bewertet und intensiv genutzt wurden („Erinnerungen sind Erkenntnisse“).

Der Essener Ruder-Regattaverein verdankt ihm eine Festschrift zur 100. Hügelregatta, die er nach gründlichen Überlegungen und Recherchen gestaltet hat. Noch im letzten Jahr glänzte Hermann Philipsenburg auch vor den Mitgliedern der Ruderriege des ETUF, die noch nicht geboren waren, als er seine Ämter schon aufgegeben hatte: dankbar und detailgenau erinnerte er daran, was er in seinem Verein erlebt und was ihn geprägt hatte.  Mahnend sorgte er sich aber dabei, dass sich auch in die Zukunft der Rudersport in einer veränderten Sportwelt behauptet.

Bei allem Engagement für Verein und Verband: sein Anker war seine Familie. Unsere tief empfundene Anteilnahme verbinden wir mit der Gewissheit, dass das Ruderherz Hermann Philipsenburg in den Herzen aller seiner Freunde weiterschlagen wird.