02. Okt. 2020 | Verband | von Judith Garbe

RG Speyer überzeugt die Vereinspreis-Jury

Als Hauptpreis gab es einen Einer von Empacher. Foto: Gerhard Kayser

In diesem Jahr stand der Vereinspreis unter dem Motto „Stärkung von weiblichem Engagement – so geht`s“. Mehr als 30 Bewerbungen sind bei der Jury um Katharina von Kodolitsch, Ressortvorsitzende Verbandsentwicklung und Vereinsservice, eingegangen. „Es hat uns sehr gefreut, dass sich so viele Vereine mit dem Thema auseinandergesetzt haben. Die Einsendungen zeigen, dass es bereits viele tolle Ideen gibt“, so von Kodolitsch.

Am besten überzeugt hat die Jury die Bewerbung der Rudergesellschaft Speyer 1883 e.V. Bereits 2018 hatte es der Verein in die Top-5 beim Vereinspreis-Ranking geschafft, in diesem Jahr stehen sie ganz oben. Mit dem Konzept „Frauen sichern die Zukunft der Vereine“ zeigt die RG Speyer viele großartig umgesetzte Ideen auf, mit denen die Stärkung von weiblichem Engagement im Verein mehr als geglückt ist. Seit etwas mehr als drei Jahren entwickelt man in Speyer – auf Basis von Umfragen und Einzelgesprächen – Ideen, um mehr Frauen aller Alters- und Leistungsgruppen für den Verein zu gewinnen und ihnen geeignete Rahmenbedingungen zu bieten. Als Zielgruppen sollen in erster Linie Mädchen und junge Frauen sowie Quereinsteigerinnen 40 plus angesprochen werden. Als ein wichtiger Punkt kristallisierte sich das Thema Gendermanagement heraus. Der Verein entschied sich, die Satzung in Bild und Sprache zu gendern und eine paritätische Gremienbesetzung einzuführen. Der Vorstand besteht aktuell aus vier Frauen und fünf Männern. Den drei Vorsitzenden wurde jeweils eine rechte und linke Hand als Unterstützung zur Seite gestellt.  Mit dem Mädchenprojekt GRIT ist es der RG Speyer innerhalb von zwei Jahren gelungen, 41 neue weibliche Mitglieder in den Verein zu holen. Allein im Jugendbereich konnte man die Zahl von 1 auf 19 Mädchen steigern und 2018 erstmals seit drei Jahrzehnten wieder einen Juniorinnen-Vierer besetzen. Geholfen hat dabei die Einführung reiner Mädchen- und Frauentrainingsgruppen, spezifischen Trainingskonzepten,
-angeboten und -geräten sowie Frauen als Ausbilderinnen. Zudem ist der Verein eine Kooperation mit einem Mädchen-Gymnasium (Ergo-Cup) eingegangen. Das gemeinsame Training aller Leistungsklassen im Kinder- und Jugendbereich hat sich ebenfalls positiv ausgezahlt. Dank einer vereinsübergreifenden Kooperation mit einer Frauenorganisation wurde das Thema Genderkompetenz angegangen und Frauennetzwerke für Mädchen zugänglich gemacht. Auch Workshops zu Selbstcoachingtechniken und anderen Nicht-Sport-Themen tragen zu einer stärkeren Bindung der Frauen an den Verein bei. „Die entwickelten Ideen der RG Speyer sind beispielhaft für eine gelungene Stärkung von weiblichem Engagement in Rudervereinen. Dank der ausführlichen Beschreibung der jeweiligen Aktionen können sich viele Vereine daran orientieren und sicherlich das ein oder andere Projekt adaptieren“, ist von Kodolitsch überzeugt, die dem Verein zusammen mit dem DRV-Vorsitzenden Siegfried Kaidel und Empacher-Geschäftsführer Helmut Empacher einen neuen Einer als Hauptpreis überreichte. 

Vorstandsmitglied Dr. Martina Schott freute sich sehr über die Auszeichnung und Würdigung des Konzeptes. "Unser Rudern bewegt und ab jetzt mit Frauen immer eine Bootslänge voraus.
Für die RG Speyer ist jetzt aber noch lange nicht Schluss. Das nächste Projekt, die Werbung von weiblichen Mitgliedern 30 plus, steht bereits in den Startlöchern.

Mündener Ruderverein auf Platz zwei
Über Platz zwei und eine Prämie in Höhe von 1.000 € freute sich der Mündener Ruderverein e.V. Der Verein aus der Nähe von Göttingen hat mit dem Konzept „Mit der Challenge zum Erfolg - Gewinnung von weiblichen Mitgliedern und Engagierten durch das Indoor-Rowing“ die Jury beeindruckt.

Der Verein zählt in diesem Jahr zum ersten Mal mehr weibliche als männliche Mitglieder und Indoor-Rowing gilt als Motor für diese Entwicklung. Auslöser für die Fokussierung auf diesen Bereich war die erste Ausgabe der vom DRV und Concept2 entwickelten Womens Rowing Challenge 2017. Viele Mitglieder brachten Familie und Freunde mit in den Verein, die sich danach für eine Mitgliedschaft entschieden.

Nach Ablauf der WRC stellte der Mündener RV innerhalb von nur neun Wochen zwei eigene Challenges – die Valentines Challenge für Pärchen sowie die Ergo-Nacht – auf die Beine, bei denen auch Männer, Kinder und Jugendliche mitmachen konnten. Die Teilnehmerzahlen und das individuelle Feedback bestärkten den Verein darin, Indoor-Rowing weiter auszubauen und mit der HallROWeen-Challenge sowie dem Rowember weitere Formate ins Leben zu rufen. Letztgenannte ist Teil der Aktion Bewegung gegen Krebs, bei der ein Anteil der Teilnahmegebühren an die Deutsche Krebshilfe gespendet wurde. Dank der Challenges fanden viele neue weibliche Mitglieder den Weg in den Verein, darunter auch ältere. Diese gründeten dann eigeninitiativ die „Golden Girls“, eine reine Indoor-Rowing Gruppe. Ältere, passive Vereinsmitgliederinnen haben angesichts der neuen Formate wieder zum aktiven Sporttreiben zurückgefunden. Aufgrund dieser positiven Entwicklungen entschied sich der Verein für die Einführung einer reinen Indoor-Mitgliedschaft. Neben dem Indoor-Rowing etablierten die Mündener auch ein systematisches Freiwilligenmanagement sowie neue Formen der ehrenamtlichen Mitarbeit. Diese beinhalten zeitlich überschaubare Aufgaben statt langjähriger Verpflichtungen sowie die Abschaffung von Posten und Ämtern, was vor allem bei den weiblichen Mitgliedern gut ankommt. Zudem wurden Inhouse-Schulungen eingeführt. „Die Fokussierung des Mündener RV auf Indoor-Rowing bestätigt ja die allgemeine Tendenz, dass dieses Format in Deutschland aber auch international wieder auf dem Vormarsch ist und auch wir als Verband noch mehr in diese Richtung tun müssen. Die zahlreichen Challenges, die der Verein entwickelt hat, sind sehr ansprechend und zeigen, dass man damit vor allem auch weibliche Zielgruppen ansprechen kann. Auch die Abschaffung von Ämtern und Posten ist ein sehr interessanter Aspekt“, so Katharina von Kodolitsch.

DRC landet auf dem dritten Rang
Der mit 750 € dotierte dritte Platz geht an den Deutschen Ruder-Club von 1884 e.V. Hannover mit seinem Konzept „Initiativen zur Förderung der Engagementfreundlichkeit im DRC”. Der Verein wollte sich mit dem Status quo – 36 % weibliche Mitglieder, keine Frau im Vorstand und nur eine Trainerin im Kinderbereich – nicht zufriedengeben. Deswegen wurden interessierte Frauen und weitere interessierte Mitglieder zur Diskussion an einen Tisch geholt. Als Ziel gaben sie die langfristige und nachhaltige Veränderung der Vereinskultur, die eine Beteiligung von weiblichen Mitgliedern selbstverständlich macht, aus. Die größte Herausforderung sahen die Mitarbeitenden darin, diejenigen zu erreichen, die sich meist im Hintergrund aufhalten. In ersten Treffen wurden die folgenden drei Prinzipien entwickelt: Hinhören, Sensibilisieren und Raum schaffen. Frauen sollen gefördert werden, aber gemeinsam mit Männern. Dafür wurden zunächst drei Initiativen entwickelt: Picknick-Rudern, Vorstandsmentoring und Traditionen aufbrechen – Sekt statt Bier.  

Das Picknick-Rudern hat das Ziel, weibliche Mitglieder in einem entspannten „Ruder-Rahmen“ (1. Samstag im Monat, Dauer 2 Stunden) zusammenzubringen und eine Plattform für einen gemeinsamen Austausch zu schaffen. Die Initiatoren des Projektes fungieren dabei als „Kummerkasten“ und kommunizieren gegebenenfalls Probleme anonym an den Vorstand. Das erste Feedback fiel sehr positiv aus.

Beim Vorstandsmentoring geht es darum, Frauen als Tandempartnerinnen von Vorstandsmitgliedern zu werben, um die Arbeit des Vorstands vorzustellen und Frauen in den Arbeitsablauf mit einzubeziehen. Da dieses Programm aber nicht gut angenommen wurde, änderten die Initiatoren das Mentoring in projektbezogene Arbeit mit je einem Vorstandsmitglied. Zu den aktuellen Themen zählen beispielsweise die Vereins-, Sport- und Finanzentwicklung. Diese Art von Mentoring findet mehr Zuspruch und wird dank des deutlichen Mehrwertes als effektive Zusammenarbeit eingestuft.

„Traditionen aufbrechen – Sekt statt Bier“ sieht vor, die bisher oft männlich geprägten Clubtraditionen zu öffnen und bei zukünftigen Veranstaltungen vielfältige Bedürfnisse abzudecken. So gab es beispielsweise auf der letzten Veranstaltung auch vegetarisches Grillgut und eine große Auswahl an alkoholischen Getränken wie Cocktails, Sekt und Wein. Präsident Robin Adin zog bisher folgendes Fazit: „Der Vereinspreis hat eine Bewegung in Gang gebracht, die über die Projektphase des Vereinspreises hinaus geht. Wir machen auf jeden Fall weiter.“