24. Sep 2021 | Fachressort Wanderrudern und Breitensport | von Wolfdietrich Jacobs, Fachressort Wanderrudern & Breitensport

DRV-Fortbildung Gesundheitssport Rudern

DRV-Fortbildung Gesundheitssport Rudern, Stralsund 2021
DRV-Fortbildung Gesundheitssport Rudern, Stralsund 2021

Das sorgfältige Lesen dieses Berichts wird etwa sieben Minuten dauern. Dies soll keine Drohung sein, sondern vergegenwärtigen, wie lange sich der durchschnittliche US-Bürger mit seinem täglichen Work-out aufhält. Wobei hier jegliche Form von Bewegung aus eigener Kraft berücksichtigt ist. Und für den Durchschnitt natürlich auch die Aktivität der Football-, Basketball- und Eishockey-Stars.

Das war eine der einleitenden plakativen Darstellungen im Vortrag „Akute, chronische Effekte körperlicher Aktivität“ von Martin Bahls . Das äußere Erscheinungsbild des Burger-Bürgers ist also nicht nur auf die Fast-Food-Diät zurückzuführen. Die zentrale Botschaft des Medizin-Wissenschaftlers aus Greifswald lautete: Bewegen, bewegen, bewegen – das ist gut für alles. Nicht nur die Muskeln wachsen und die koordinativen Fähigkeiten können verbessert werden, auch die Hirnleistung wird positiv beeinflusst. Nun wurde wissenschaftlich erklärt, was die 17 versammelten Trainer bereits rein empirisch in ihren Erfahrungsschatz eingebracht hatten. Schon seit Karl Adam beruhigt man doch besorgte Eltern mit der Weisheit, dass sich Jugendliche mit Eintritt in das zeitfressende Leistungstraining in ihren schulischen Leistungen eher verbessern als nachzulassen. 

Die Ernährung wurde dann aber doch noch Thema – zumindest die falsche bzw. zu üppige. Denn in einem weiteren Vortrag ging es um die Möglichkeit von Bewegungsangeboten für stark übergewichtige Jugendliche. Wir sprechen hier über BMIs jenseits der 40.

So gab es dann auch von Kinderärztin Anja Lange nicht das umfassende Erfolgsrezept mit auf den Weg, sondern vielmehr eine Sammlung von Ansatzpunkten. Allen voran ist das familiäre Umfeld entscheidend, aber daran Änderungen zum Positiven zu bewirken, dürfte nur wenigen Trainern gelingen. Selbst über den „Tellerrand“ des Ruderers hinausgesehen, dürften nur sehr wenige Sportarten geeignet sein, die Jugendlichen in Bewegung zu bringen. Frühzeitig beginnende Vorsorge wäre ein brauchbarer Ansatz.

So gesundheitsfördernd das Rudern auch ist, so sieht sich der Mediziner auch in diesem Sport gelegentlich mit Unfallfolgen und Verschleißerscheinungen konfrontiert. Unfallchirurg Jörn Lange zeigte anhand von Beispielen aus seiner Praxis, welche Schäden unsere Gelenke durch traumatische Ereignisse oder übermäßige bzw. falsche Belastung erleiden können. Beeindruckend war das Video einer endoskopisch durchgeführten Reparatur eines Meniskus‘. Ganz klare Botschaft: egal, was uns zustoßen sollte, sollte da der Profi ran! Der Blick auf Rudern mit Prothesen war dann wieder was für jedermann, denn nicht jedes künstliche Hüftgelenk mag sich mit der Ruderbewegung anfreunden.

Die Vorträge gab es erst am zweiten Tag. Tag eins bot nach einer Runde Corona-/Impfstatus-Checken zunächst mal „das Übliche“ mit Vorstellungsrunde und Darstellung des gastgebenden Vereins. Da Stralsund für fast alle Teilnehmer Neuland war, konnte selbst die virtuelle Stadtbesichtigung nebst Vereinschronik begeistern, was auch am lebendigen Vortrag des Hausherrn Christian Loßmann lag.

Im Anschluss stellte Andreas König die Gesundheitssport-Siegel von DRV und DOSB vor, sowie alle bürokratischen Hemmnisse, die es in diesem Zusammenhang zu überwinden galt und teilweise noch gilt. Vieles wurde hier in den vergangenen Jahren von Dr. Wolfgang Fritsch und Heike Breitenbücher (LRVBW), Ulrike Wagner (Sportschule Steinbach) sowie Andreas selbst angeschoben und weiterentwickelt. Bis zum Ziel, der Anerkennung des standardisierten Programms „Rudern in der Prävention – ein Ausdauerprogramm“ durch die Krankenversicherer ist noch ein weiterer Schritt notwendig.

Der Praxis-Nachmittag, der die Teilnehmer dann in die Coastal-Boote bringen sollte, begann notwendigerweise mit etwas Theorie. Rainer Engelmannmachte die Runde mit der Küstenruderordnung, den DRV-Sicherheitsregeln „für Ruderfahrten an der Ostseeküste mit Förden, Bodden- und Haffgewässern“ vertraut. Was man dann alles im Umgang mit den Booten wissen sollte, die in reicher Auswahl zur Verfügung standen, lernte man dann im Selbstversuch. Unterschiedlich zu bedienende Steueranlagen waren die größte Herausforderung. Viel Spaß brachte es, durch den (Nicht-)Einsatz des beweglichen Schwerts, das Kurshalten bzw. die Wendigkeit des Vierers grundlegend zu beeinflussen. Große Wellen gab es am Sonntagnachmittag im Strelasund leider nicht.

Neben Theorie und Praxis aber ist die lebhafte Diskussion unter den Teilnehmern wichtiger – wenn nicht sogar wichtigster Bestandteil einer solchen Fortbildung. Und die kam keinesfalls zu kurz. Silke Hohagen stellte als Lehrgangsleiterin nicht nur das abwechslungsreiche Programm zusammen, sondern führte auch souverän durch diese Gesprächsrunden. Offen blieb lediglich eine Frage: Wann gibt es eine Fortsetzung?

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