30. Juni 2025 | Verband | von Luisa Gärtner

Ein Blick hinter die Kulissen: Seminar der Trainerakademie bei Empacher

Zwischen unzähligen gelben Booten: Hendrik Bohnekamp, Oliver Kampmeier (beide Studenten), Frank Günder (Entwicklungsingenieur) und Stefan Piesik (freiberuflicher Trainingswissenschaftler) (v.l.) in der Empacher-Werft während des Trainerseminars. Foto: Ral
Millimetergenaue Maßarbeit: Ein Achter wird bei Empacher aus der Form gehoben – ein besonderer Moment, der den Teilnehmenden des Seminars eindrucksvoll zeigte, wie ein Rennboot entsteht. Foto: Ralf Müller
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Vor Kurzem fand in der traditionsreichen Bootswerft Empacher in Eberbach bei Heidelberg ein besonderes Seminar im Rahmen des Diplom-Trainer-Studiums der Trainerakademie Köln statt. Die Werft ist seit vielen Jahren ein verlässlicher Partner des Deutschen Ruderverbands (DRV). Unter der Leitung von Ralf Müller, Koordinator für den DRV, erlebten die angehenden Diplom-Trainer Oliver Kampmeier und Hendrik Bohnekamp einen praxisorientierten Einblick in die Welt des Bootsbaus, der Bootsentwicklung und der Bootseinstellung.

Die Trainerakademie: Was ist das überhaupt?

Die Trainerakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) wurde 1974 als Reaktion auf das ernüchternde Abschneiden deutscher Sportlerinnen und Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in München gegründet. Schon in der Diskussion um die Ursachen des Rückstands hatte Dr. Claus Heß, damaliger Vorsitzender des DRV, den Mangel an qualifizierten Trainerinnen und Trainern als entscheidenden Faktor identifiziert. In der Folge bildete ein interdisziplinäres Kuratorium aus Spitzenverbänden, Sportbünden und Wissenschaftlern das Fundament einer neuartigen Institution, die seither über 1.200 Diplom-Trainerinnen und -Trainer ausbildete.

Wesentliche Eckpfeiler des Studienkonzepts sind:

  1. Berufsintegriertes Studium: Die praktische Trainertätigkeit ist integraler Bestandteil des Curriculums.
  2. Umfang und Tiefe: Über 1.300 Stunden sportartspezifischen Inhalts und 5.400 Lehreinheiten Gesamtaufwand entsprechen einem universitären Bachelor-Studium.
  3. Modulares Curriculum: Wissenschaftliche Grundlagen, Spezialisierung, sportartspezifische Einheiten sowie Praktika und Hospitationen.
  4. Enge Verbandsanbindung: Jede olympische Spitzenfachsportart benennt einen Koordinator, um die Qualität und Relevanz der Inhalte zu gewährleisten. Für den Rudersport ist das Ralf Müller.

Sportartspezifische Exkursion: Bootsbau und Technik bei Empacher

Im Rahmen der Ruderausbildung begaben sich die Studierenden erstmals nach Eberbach zu Empacher, einem weltweit führenden Hersteller von Rennruderbooten aus Verbundwerkstoffen. Der zweitägige Besuch setzte sich aus folgenden Programmpunkten zusammen:

  • Anreise und Kennenlernen: Am ersten Tag trafen die Teilnehmenden nachmittags in Eberbach ein. Im persönlichen Gespräch mit Firmengründer Helmut Empacher und Entwicklungsingenieur Frank Günder wurden aktuelle Trends im Coastal-Ruderbereich diskutiert und die Bereitschaft zur langfristigen Zusammenarbeit signalisiert.
  • Werksführung: Unter der Leitung von Stefan Piesik, freiberuflicher Trainingswissenschaftler, durchlief die Gruppe alle Produktionsstationen:
    • Auslegerbau und Bootsbau
    • Bootsreparatur und Formenbau
    • Formenentwicklung am CAD-Arbeitsplatz
    • Exklusives Heben eines Achterboots direkt aus der Form
  • Praxis der Bootseinstellung: Anhand eines Zweiers ohne wurde die Dollenhöhenvermessung mit dem neuen Laser-Messsystem von Empacher demonstriert. Mit Hilfe dieses Geräts kann eine ausführliche Bootstrimmung alleine vorgenommen werden. Außerdem wurden die aktuellen Trends besprochen.

Auch für Koordinator Ralf Müller war dieser Kurs eine Premiere: „Ich habe zum ersten Mal in meinem Leben gesehen, wie ein Achter aus der Form gehoben wird – und tatsächlich kommt er dann genauso heraus, wie er am Ende aussieht. Das war wirklich beeindruckend. Ich würde mich freuen, wenn ein solches Seminar künftig als fester Bestandteil des Curriculums verankert werden könnte.“

Teilnehmende und Ziele

Zu den Studierenden und Ehemaligen gehören bereits erfahrene Trainerinnen und Trainer aus dem Leistungssport: Eric Johannessen etwa, der gemeinsam mit Francesco Fossi das Männer-Skull-Team betreut, oder Hendrik Bohnekamp, der als Athletiktrainer zusammen mit Adrian Bretting für die Coastal-Nationalmannschaft verantwortlich ist. Auch Yannik Burg und Robin Lützkendorf studieren aktuell – beide wurden vor Kurzem für die Junioren-Weltmeisterschaft 2025 nominiert.

Darüber hinaus zählen auch Landes- und Vereinstrainer zum Kreis der Studierenden, wie etwa Oliver Kampmeier im aktuellen Jahrgang. Zu den bekanntesten Absolventinnen gehören außerdem Sabine Tschäge, Kathrin Rutschow (geb. Stomporowski) und Britta Oppelt – alle drei wurden während ihrer Ausbildung von Ralf Müller begleitet.

Ziel des Seminars war es,

  • technisches Verständnis für Bootsmaterialien und -bauweisen zu vertiefen,
  • die Brücke zwischen Ingenieurwissenschaft und Trainerpraxis zu schlagen und
  • die Trainerkompetenz im Bereich Bootseinstellung zu fördern.

Weit mehr als eine Werksführung

Der Besuch bei Empacher zeigte eindrücklich, dass erfolgreiche Trainer und Trainerinnen im Leistungssport heute nicht nur methodisch-pädagogische, sondern auch technische Expertise benötigen. Die Trainerakademie hat mit dieser Exkursion ihr berufsintegriertes Studienkonzept einmal mehr bestätigt: Studierende lernen dort, wo Sport und Wissenschaft auf Hightech treffen – direkt am Wasser und in der Werkhalle. Das positive Feedback der Teilnehmenden unterstreicht, dass solche praxisnahen Veranstaltungen künftig fest im Curriculum verankert bleiben sollten.