27. Nov. 2025 | Nationalmannschaft | von Hans Strauss

Gelsen und Co. wieder im Boot: Start in die neue Saison mit einigen namhaften Rückkehrern

„Ich habe noch einen weiten Weg vor mir, um zu alter Stärke zu gelangen": Rückkehrer Jonas Gelsen sitzt nach seinem Pausenjahr wieder im Boot. Foto: meinruderbild

Zwei Monate nach der Weltmeisterschaft in Shanghai sind die deutschen Top-Ruderer längst wieder im Training. Mit der Langstrecke in Dortmund steht am letzten November-Wochenende der erste Wettkampf der neuen Saison an. Dabei dient der Leistungstest auf dem Ergometer und auf dem Wasser als erster Gradmesser für die Bildung der Nationalmannschaft für 2026.

Mit den Olympia-Teilnehmern Max Appel, Jonas Gelsen, Tim-Ole Naske und Marc Weber gibt es im Männer Skull vier namhafte Rückkehrer. Auch im Männer Riemen kehren mit Laurits Follert und Jasper Angl zwei bekannte Namen zurück. Im Frauen Skull steigt Maren Völz, die in Paris mit dem Doppelvierer Bronze holte, wieder ein. Nicht alle können verletzungsbedingt jedoch schon in Dortmund starten.

Appel, Gelsen, Naske und Weber zurück

Jonas Gelsen hatte nach den Olympischen Spielen in Paris eine Pause eingelegt. Da spielte die Enttäuschung über den neunten Platz im Doppelzweier eine Rolle, aber auch das Vorhaben, sein Studium vorwärts zu treiben. Das gelang, nun geht es gleich mit dem Master an der TU Berlin weiter. „Da bin ich froh, mal was anderes zu sehen“, sagt Gelsen. Studienbedingt trainiert er nun beim BRC, startet aber weiter für Nassovia Höchst. „Ich habe allerdings noch einen weiten Weg vor mir, um zu alter Stärke zu gelangen, weil ich im letzten Jahr nicht so viel gemacht habe“, meint der 24-Jährige. Für die Langstrecke Dortmund musste er kurzfristig absagen.

Marc Weber hatte nach Paris eigentlich nicht richtig aufgehört, sondern die Saison 2025 nach zwei vierten Plätzen im Einer bei der EM und in Luzern wie geplant frühzeitig beendet, um im Studium voranzukommen. Das klappte, nun sitzt er wieder regelmäßig im Boot. Eine Einschränkung gibt es noch: „Zu Beginn des nächsten Jahres hoffe ich, mein Studium mit der Masterarbeit abzuschließen. Da muss ich schauen, wie es mit dem Teamtraining und den Trainingslagern klappt.“  Weber wechselt an den Stützpunkt Hamburg/Ratzeburg und will zusammen mit seiner Freundin im Frühjahr auch in den Raum Ratzeburg ziehen. „Mein Plan ist, dann die nächsten zweieinhalb Jahre im Teamtraining dabei zu sein und wieder voll anzugreifen“, sagt der 28-Jährige. Was nichts anderes heißt als: Los Angeles 2028 will er dabei sein.

Tim-Ole Naske hatte geplant, wie nach seinem ersten Sabbatical nach den Olympischen Spielen von Tokyo stark zurückzukommen. In Paris 2024 war er mit dem Doppelvierer Olympia-Fünfter geworden. Im Herbst legte er sein erstes Jura-Staatsexamen ab, absolvierte dann einen Lehrgang bei der Bundeswehr, doch die Rückkehr ins intensivere Training endete Ende Oktober mit massiven Rückenschmerzen. Die endgültige Diagnose für seine Probleme gibt es noch nicht, in Dortmund kann Naske auf jeden Fall nicht antreten. Der 29-Jährige hofft, „dass nur etwas eingeklemmt ist“. 

Für Max Appel ist es der Rücktritt vom Rücktritt. Vor allem seine Knieprobleme hatten den 29-Jährigen dazu bewogen, seine Ruder-Karriere nach dem fünften Platz im Doppelvierer bei den Olympischen Spielen in Paris an den Nagel zu hängen. „Ich habe wirklich ein Jahr Abstand vom Rudersport gehalten. Das tat mir, denke ich, mal ganz gut. Aber im August habe ich auf einmal wieder richtig Lust bekommen, zu rudern.“ Nun steht er wieder im Training und wird auch in Dortmund dabei sein. „Ich denke mir, so lange alles funktioniert mit der Familie und dem Körper und der Spaß da ist, möchte ich gerne weitermachen“, sagt Appel. Und die Knie? „Sind beide nicht mehr wie neu, machen die Umfänge aber ganz gut mit.“    

Seine Ruder-Karriere beendet hat hingegen Anton Finger (27), der ebenfalls dem Doppelvierer in Paris angehörte.

Angl und Follert greifen wieder an

Auch im Männer Riemen gibt es Verstärkung durch erfahrene Ruderer. Laurits Follert hat sein Pausenjahr dazu genutzt, seine Ausbildung bei der Bundespolizei abzuschließen, „auf andere Gedanken zu kommen und mich mit ein paar Wettkämpfen fit zu halten“. Bei der Langstrecke geht er bereits an den Start. „Mein Ziel ist es, mit Leistung zu überzeugen und den Weg zurück in die Nationalmannschaft zu nehmen“, sagt der 29-Jährige. „Ich möchte der Mannschaft auf dem Weg nach Los Angeles 2028 helfen und weitere Erfolge feiern.“ Nach Tokyo 2021, als er mit dem Achter Silber holte, und 2024 in Paris (Rang fünf) steuert Follert seine dritten Olympischen Spiele an.

Jasper Angl musste wegen einer Operation drei Monate mit dem Sport aussetzen, aber ein Pausenjahr hatte er nach den Olympischen Spielen in Paris, die ihm die Rolle des Ersatzmanns bescherten, ohnehin eingeplant. Mit Henley und der Universiade bestritt er trotzdem „zwei Events, die Spaß gemacht haben, auch wenn der Erfolg nicht so groß war“. Nachdem er im Frühjahr seinen Bachelor erworben hatte, geht es nun als Werkstudent direkt mit dem Masterstudium weiter. Seit September steht der 25-Jährige wieder in Dortmund im Training. Sein Ziel ist klar: “Voll zurückzukommen, das Beste aus mir herauszuholen und Erfolg zu haben.“

Völz nach Fahrrad-Sturz noch nicht im Boot

Im Frauen-Skull kehrt Maren Völz zurück. Wegen eines Schlüsselbeinbruchs bei einem Fahrrad-Sturz kann sie aber nicht in Dortmund am Start sein und muss sich noch gedulden. Die Teilnahme mit dem Bronze-Vierer an der Henley Regatta brachte ihr die Gewissheit, dass sie ihre Karriere fortsetzen will. Trotz des in den Vordergrund gerückten Studiums hatte sie fast täglich trainiert. Anfang Oktober jedoch stürzte sie bei einer Trainingsfahrt im Schwarzwald mit dem Rennrad bei hohem Tempo schwer und musste mit dem Krankenwagen in eine Klinik gebracht werden. Das Schlüsselbein wurde operiert, ist aber noch nicht vollständig wieder zusammengewachsen. „Ich hoffe, dass es im Januar dann wieder voll belastbar ist“, sagt Maren Völz. Derzeit trainiert sie auf dem Trockenen. „Ich versuche es mal positiv zu sehen, und sage, dass ich so sehr viel Grundlagenausdauer mit ins Boot bringen werde.“

Mit Völz im Bronze-Boot ruderte in Paris Leonie Menzel. Sie ist momentan noch sehr mit ihrem Studium beschäftigt, will aber 2026 wieder einsteigen und es dann wohl im Coastal probieren. 

Das plant Cheftrainer Schwarzrock für 2026

Die Wiedereinsteiger sind einer von drei Faktoren, mit denen Cheftrainer Marcus Schwarzrock das Potenzial heben will. Die gezielte Integration von Auslandsstudenten und der besten U23-Athlet:innen sind die beiden anderen. Generell geplant ist für 2026, das Gesamttrainingsvolumen zu steigern. Dabei soll die in diesem Jahr eingeführte Trainingsmethodik, das polarisierte Blocktraining, in allen Disziplinen konsequent umgesetzt und weiterentwickelt werden. Die Erfassung der Trainingsdaten und die entsprechende Diagnostik spielen dabei eine zentrale Rolle.

Schon in diesem Jahr wurde daran gearbeitet, die Grenzen zwischen den Bereichen Skull und Riemen aufzuweichen. Diese Interdisziplinarität soll nun noch konsequenter umgesetzt zu werden, um die leistungsstärksten Athleten auch alle in die Boote zu bringen. Das Ziel wird auch sein, 2026 mehr Bootsklassen an den Start zu bringen, als noch im zu Ende gehenden Jahr. Bei der WM in Shanghai waren die Doppelzweier bei Männern und Frauen nicht besetzt, bei den Frauen gab es auch keinen Riemen-Zweier und -Vierer.

Im Männer-Riemen wurden in den WM-Analysen gemeinsam Faktoren für das unbefriedigende Abschneiden der drei Boote ausgemacht, an denen nun gezielt gearbeitet wird.

Felix Drahotta neuer U23-Bundestrainer

Zwei Neubesetzungen gibt es bei den Bundestrainern. Felix Drahotta besetzt ab 1. Dezember in Berlin die vakante Stelle des U23-Bundesstützpunkttrainers. Drahotta ist 36 Jahre alt, holte 2016 Olympia-Silber im Achter und war zuletzt fünf Jahre Trainer beim Mainzer Ruderverein.

Anna-Maria Götz ist wie bereits berichtet seit 1. November in Berlin Assistenztrainerin in der Disziplingruppe Frauen Riemen. Zuletzt war die Fränkin erfolgreiche Nachwuchs-Cheftrainerin beim Österreichischen Ruderverband.

Ab 4. Dezember Trainingslager in Lago Azul

Nach der Langstrecke Dortmund geht es bereits in ein erstes Trainingslager. Vom 4. bis 20. Dezember sind in Lago Azul (Portugal) alle vier Disziplingruppen dabei. Eingeladen ist der letzte WM-Kader mit einigen Ergänzungen. Von Januar bis März folgen weitere Trainingslager in Lago Azul, dann Männer und Frauen getrennt, weil jeweils auch die U23 dabei sein wird.

WM in Amsterdam 2026 der Höhepunkt

Die wichtigsten Termine im kommenden Jahr im A- und Para-Bereich: drei Weltcups in Sevilla (29. bis 31. Mai 2026), Plovdiv (12. bis 14. Juni) und Luzern (26. Bis 28. Juni) sowie die Europameisterschaften in Varese (30. Juli bis 2. August) und als Höhepunkt die Weltmeisterschaften in Amsterdam (23. bis 30. August). Im Coastal findet die WM im Beach Sprint vom 18. bis 21. Oktober in Quindan (China) statt. Zwei Nachwuchs-Titelkämpfe werden kommendes Jahr in Deutschland ausgetragen: die U23-Weltmeisterschaft vom 23. bis 26. Juli in Duisburg und die U19-Europameisterschaft am 23./24. Mai in Brandenburg an der Havel.