19. Juli 2018 | Wettkampfsport | von DRV-Vorstand

Die eindimensionale Sicht des BRC-Sportvorsitzenden

Die Bootswerft Empacher ist Partner des Deutschen Ruderverbandes.

Üblicherweise reagiert der Vorstand des DRV nicht auf Pressemitteilungen einzelner Vereine, insbesondere wenn diese das aktuelle Vorbild des Präsidenten einer großen Überseenation in Inhalt und Stil imitieren. Die Pressemitteilung von Heiko Köpke, Sportvorsitzender des Berliner RC, vom 17. Juli 2018 ist jedoch geeignet, die Gemeinschaft der in Deutschland leistungssporttreibenden Vereine zu schädigen und verantwortliche Persönlichkeiten zu diskreditieren. Einmal mehr macht der Verein deutlich, dass es ihm um die Durchsetzung von Eigeninteressen geht und zumindest der Verantwortliche die weltweite Entwicklung im Hochleistungssport nicht realisieren kann oder will.

Der Leistungssport im Deutschen Ruderverband wird im Kern aus Mitteln der öffentlichen Haushalte, der Sporthilfe, der Mitgliedsbeiträge der Vereine und weiterer Eigenleistungen aus dem Vereinsumfeld finanziert. Erfreulicherweise ist es dem Verband über Jahre gelungen, mit weltweit namhaften Ausrüstern Kooperationsverträge zu schließen, die dazu beitragen, die Belastungen der Mitglieder zu reduzieren. Mit der Bootswerft Empacher gehört ein weltweit anerkannter Ausstatter aus dem Premiumbereich zu diesen Partnern.

Durch die so verfügbare Bootsausstattung gelingt es dem DRV in Verbindung mit der Bundesförderung, den Aktiven aus über 60 Vereinen in den Nationalmannschaften das bestmögliche Material auf den Spitzen-Events zur Verfügung zu stellen. Auch dem Berliner RC und seinem Heimtrainer ist das Vorgehen seit Jahren bekannt und wurde ohne weitere Probleme zuletzt in den Jahren 2015 und 2017, im vergangenen Jahr unter Beteiligung des in der PM benannten Aktiven Moritz Wolff, realisiert. Die Nominierungskriterien zur U19-WM 2018 sind seit dem 23. März dieses Jahres veröffentlicht und dem Berliner RC ebenfalls bekannt.

Seither steht der Einer der Bootswerft Empacher dem Verein zur Verfügung, was Unbeteiligte durchaus als Privilegierung des Berliner RC interpretieren könnten. Dass er seither im Training und Wettkampf unzureichend oder gar nicht genutzt wurde, liegt in der Verantwortung des verantwortlichen Trainers des Berliner RC. Ob die Motive in Eigeninteressen zu Lasten der Verbandsgemeinschaft zu suchen sind, sei dahingestellt. Ausdrücklich weisen wir die Behauptungen des Berliner RC zurück, wonach Verantwortliche im DRV eine andere als die nun realisierte Vorgehensweise zugesagt hätten. Vielmehr wurde die Umsetzung der Nominierungsrichtlinie immer klar kommuniziert. Zwar ist aus der Kommunikationsforschung bekannt, dass der Empfänger gelegentlich das hört, was er erwartet. Dieses Verhalten mögen sich aber die Verantwortlichen des Berliner RC selbst anrechnen. Bedauerlich ist, wie einzelne Verantwortungsträger des DRV in unanständiger Weise unter Druck gesetzt wurden. Der Verlauf ist in den elektronischen Medien gut dokumentiert, wird aber aus datenschutzrechtlichen und stilistischen Gründen durch den DRV nicht publiziert.

Wir bedauern sehr, wenn der Verein mit seinem Verhalten den Aktiven in seiner Vorbereitung auf die U19-WM verunsichert, weisen aber die Verantwortung dafür zurück. Vielmehr unterstützt die Gemeinschaft der Vereine im DRV Moritz Wolff mit allen Kräften, damit er das bestmögliche Ergebnis auf dem Zielwettkampf errudern kann.

In seiner Pressemitteilung rückt der Berliner RC die Nominierung zur U19-WM in den Kontext der Leistungssportreform im DRV. Obwohl der Sportverantwortliche des Berliner RC die Entwicklung maßgeblich mit beeinflusst hat, wiederholt er - offenbar wider besseren Wissens - die These, Aktive würden zu einem Umzug an die Leitstützpunkte gezwungen. Es ist in der Tat richtig, dass ab November 2018 die Olympischen Spiele 2020 klar in den Fokus rücken werden. Die Phase der intensiveren Vorbereitung und Ausrichtung auf den Zielwettkampf wird damit eingeleitet. Umgesetzt wird dieses dadurch, dass die Disziplinen zu regelmäßigem gemeinsamen Training (fünf Tage in der Woche) zusammenkommen. Der fachliche Grund liegt im weltweit anerkannten Goldstandard, wonach in einem Mannschaftsboot das gemeinsame Training zwingend erforderlich ist. Aktuelle Beispiele haben in diesem Jahr gezeigt, dass Aktive für ein Mannschaftsboot nicht mehr eingesetzt werden können oder wollen, wenn auf das gemeinsame Training in der Gesamtgruppe verzichtet wurde. Insoweit hat der Doppelolympiasieger Karl Schulze eine nachvollziehbare Entscheidung getroffen, die durch seinen Arbeitgeber unterstützt wird. Für die Vereine und damit auch den Berliner RC ist es wichtig zu wissen, dass die Aktiven auch an diesen Stützpunkten ihre Mitglieder bleiben können. Dies hat Auswirkungen bis hin auf die Förderung in der Kommune und den Ländern. Es ist zwar erfreulich, dass der Berliner RC willens und in der Lage ist, einzelne Aktive mittelbar zusätzlich zu fördern. Im Ergebnis führt das aber bei den abgebenden Vereinen häufig zu Nachteilen.

Für erfolgreiche dezentrale Ansätze fehlt jedes internationale Vorbild. Wenn der Berliner RC einen nationalen Wettbewerb fordert, ist offenbar die Entwicklung im Weltrudersport an den Verantwortlichen vorbeibegangen. Auch mag aus der Nabelschau die Einschätzung der sportlichen Realität nicht immer fundiert sein. Der wiederholt geäußerte Hinweis, dass der Berliner RC mit der Zusammenführung einer Männer-Disziplin in der Hauptstadt einverstanden sei, ist dann nur noch eine Petitesse in der Diskussion.

gez.
Siegfried Kaidel
Moritz Petri
Dag Danzglock
Uwe Graf
19.07.2018