11. Juni 2025 | Nationalmannschaft | von Hans Strauss und Luisa Gärtner

Weltcup in Varese: Erster Auftritt der Mixed-Achter

Premiere in Varese: Ob der deutsche Mixed-Achter in der gleichen Besetzung wie bei den Tests in Ratzeburg (unser Foto) fährt, steht noch nicht fest. Foto: Lennart Heyduck

Die Taktung der drei Topevents auf dem Weg zur Weltmeisterschaft im September in Shanghai ist eng. Nur zwei Wochen nach der Europameisterschaft wird am Wochenende (13. bis 15. Juni 2025) auf dem Lago di Varese in der Lombardei der erste von lediglich zwei Ruder-Weltcups der nacholympischen Saison ausgetragen. Weitere zwei Wochen später folgt dann schon der Weltcup in Luzern. Eine gesonderte Wettkampf-Vorbereitung ist durch den Zwei-Wochen-Rhythmus im A-Bereich nicht möglich. „Varese fahren wir aus dem Training heraus, für Luzern sieht es nicht viel anders aus. Wir können es uns nicht leisten, auf zu viel Trainingsumfang zu verzichten. Das würde uns dann bei der WM auf die Füße fallen“, sagt Cheftrainer Marcus Schwarzrock. Für die deutschen Para-Teilnehmer geht es in Varese allesamt um ihre Klassifizierung.

Schwarzrock: Bestätigung und Fortschritte als Ziel

Bei der EM in Plovdiv musste sich der olympische Bereich des DRV mit einer Silber-Medaille durch den Frauen-Doppelvierer begnügen. Das war angesichts des Pausenjahres, das etliche renommierte Athleten und Athletinnen einlegen, und aufgrund der vorgenommenen Umstrukturierungen keine allzu große Überraschung. Andererseits fehlte bei den vierten Plätzen im Männer-Einer und -Achter nicht viel, und die deutsche Bilanz hätte erheblich freundlicher ausgesehen. Medaillenrechnungen will Schwarzrock vor der Reise in die Lombardei dennoch nicht aufmachen. „Wir haben Boote, die ihre guten Leistungen bei der EM bestätigen sollten. Von anderen würden wir gerne Schritte nach vorne sehen.“ Australien, die Volksrepublik China und die USA sind mit ihren Nationalteams vertreten, von den großen Rudernationen fehlen Neuseeland und Rumänien. 

Weber hat nur noch Zeit für Luzern

Die deutsche Weltcup-Mannschaft ist kleiner als die bei der EM, nur acht der zwölf olympischen Klassen sind besetzt, und Leichtgewichte sind keine dabei. Neben Frauen-Doppelzweier, Männer-Doppelzweier und Frauen-Vierer bleibt ungewöhnlicherweise auch der Männer-Einer unbesetzt. Marc Weber kann nach Rang vier bei der EM studienhalber nicht in Varese rudern, wird in Luzern aber noch einmal dabei sein. Bei der Weltmeisterschaft steht Weber ebenfalls definitiv nicht zur Verfügung. Dort wird dann der aktuell pausierende Oliver Zeidler versuchen, trotz wenig Wettkampfpraxis seinen Titel zu verteidigen. Auch der angefragte Jonas Gelsen konnte Varese nicht in seinem Studienplan unterbringen.

Faralisch vor ihrem Comeback

Umbesetzungen gibt es im Vergleich zur EM einige. Im Frauen-Einer gibt Juliane Faralisch nach einer langwierigen Handverletzung ihr Comeback. In der Form der vergangenen Saison, als sie beim Weltcup in Poznan als Zweite aufs Treppchen ruderte, kann sie noch nicht sein. Ohnehin ist sie in erster Linie als Ersatzruderin für den Frauen-Doppelvierer dabei, falls dort etwas passieren sollte. Alexandra Föster bekommt nach der danebengegangenen EM nun Zeit, sich im Training wieder an ihre gewohnte Verfassung heranzuarbeiten. Ob es dann in Luzern wieder zu einem Start für die Olympia-Siebte reicht, bleibt abzuwarten.

Clotten und Mührs verstärken Achter

Stärker besetzt als bei der mit Rang vier zufriedenstellend verlaufenen EM wird der Frauen-Achter antreten. Olivia Clotten und Lene Mührs wurden nach ihrem Ausflug in den Frauen-Zweier ins Großboot beordert. Annabelle Bachmann fällt verletzt aus und wird durch Paula Gerundt ersetzt. Der geplante Zweier ohne mit Judith Guhse und Gerundt muss damit zurückgezogen werden. Starten werden in dieser Bootsklasse aber Malou Wollenhaupt und Antonia Labonde. Beide bilden den aktuellen U23-Zweier, der schon für die WM nominiert ist. Mit Australien, China, Großbritannien, Italien und den USA wartet auf den Frauen-Achter ein illustres Feld.

Der junge Männer-Doppelvierer, der bei der EM mit stabilen Rennen gefiel, wird auf einer Position verändert. Ole Hohensee bereitet sich - zusammen mit Timo Strache - auf die deutsche U23-Meisterschaft in Köln vor. Beide wollen sich dort für die U23-WM im Doppelzweier qualifizieren. Hohensees Rollsitz übernimmt in Varese Til Schindelhauer. 

Der Männer-Achter fährt in gleicher Besetzung wie bei der EM, als es nach dem Beinahe-Weltrekord im Vorlauf im Finale nur zu Rang vier gereicht hatte. „Das Potenzial ist da. Nun hoffen wir, dass es die Mannschaft zwei Mal rüberbringt“, sagte Cheftrainer Schwarzrock. In Varese zählt bei sechs Meldungen aber nur das Finale am Sonntag so richtig. Australien, China. Großbritannien und zwei Achter von Gastgeber Italien sind die Konkurrenten.

Drei Gegner für den Mixed-Achter

Obwohl es sich nur um ein Testrennen handelt, wird der erste Auftritt der neuen Mixed-Achter in Varese zum Abschluss des Samstags besonderes Interesse auf sich ziehen. Bei der WM wird die Disziplin schon zum offiziellen Programm zählen. Der Weltverband will dem IOC den Mixed-Achter für die Spiele 2028 in Los Angeles als zusätzlichen Wettbewerb vorschlagen.

Für das deutsche Boot gibt es bei der Premiere mit Tschechien, USA und Italien drei Gegner. Vier Kraftpakete aus dem Deutschland-Achter übernehmen den männlichen Part. Auf Frauen-Seite dürfte zwei Skullerinnen und zwei Riemerinnen an Bord sein. Ob auch die Besetzung fährt, die bei den Tests Mitte Mai in Ratzeburg wie erwartet am Schnellsten war, entscheiden die Trainer in Varese nach aktueller Verfassung kurzfristig. Steuermann ist auf jeden Fall Florian Koch, der diesen Job auch im Frauen-Achter versieht. Für alle wäre es das dritte Rennen in drei Tagen, das natürlich nicht auf Kosten der Aussichten in den Stammbooten gehen sollte.

Frauen-Doppelvierer visiert wieder Podest an

Dem Frauen-Doppelvierer ist zuzutrauen, nach EM-Silber erneut auf dem Treppchen zu stehen. Im Boot gibt es eine Umbesetzung: Lisa Gutfleisch geht auf Schlag und tauscht mit Pia Greiten den Platz.
Europameister Großbritannien und die Drittplatzierten Niederlande (mit neuer Schlagfrau) sind wie in Varese die Gegner, dazu kommen je zwei Boote aus China und Italien sowie Tschechien.

Im Männer Riemen treten der Zweier ohne und der Vierer ohne in der gleichen Besetzung wie in Varese an. Im Zweier ist auch ein zweites Boot mit den Reservisten Mark Hinrichs und Tom Tewes am Start. 

Klassifizierungs-Meilenstein für  Para-Team

Dieser Weltcup ist für viele Para-Sportlerinnen und -Sportler ein entscheidender Testlauf: Parallel zum regulären Wettkampfgeschehen finden internationale Klassifizierungen durch World Rowing statt. Die deutsche Para Nationalmannschaft entsendet daher ausschließlich Athletinnen und Athleten, die noch eine offizielle internationale Klassifizierung benötigen – sowie deren jeweilige Bootspartnerinnen und Bootspartner.
Eine zusätzliche Herausforderung ergibt sich durch eine neue Vorgabe des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC): Erstmals gehört zur offiziellen Klassifizierung auch eine sogenannte „On Water Observation“, also eine Wettkampfbeobachtung auf dem Wasser. Das bedeutet konkret: Nicht mehr allein das Auftreten vor der Klassifizierungskommission ist ausschlaggebend – vielmehr müssen die Sportlerinnen und Sportler ihre Fähigkeiten auch unter realen Rennbedingungen unter Beweis stellen.

Im Vorfeld wurden alle Athletinnen und Athleten von den nationalen Klassifizierern des DRV – Anna Rohde, Sven Huben und Philipp Säckl – intensiv begleitet und im Rahmen der nationalen Klassifizierung eingeschätzt. „Die Athletinnen und Athleten sind nun nach ihrer nationalen Klassifizierung für den Weltcup gemeldet. Jetzt sind wir gespannt, wie die internationalen Klassifizierer diese Einschätzungen einordnen und wie sich die Wettkampfbeobachtung unter echten Bedingungen auswirken wird. Es kann natürlich sein, dass wir nach der internationalen Einstufung Anpassungen vornehmen müssen“, erläutert Para-Bundestrainer Marc Stallberg.

Im PR2 Frauen-Einer geht Thyrza Kiewik (Offenbacher RG Undine) an den Start. Sie kennt Klassifizierungsprozesse bereits aus ihrer Zeit in der deutschen Sitzvolleyball-Nationalmannschaft und wechselt nun in den Para Rudersport. Im PR3 Männer-Zweier ohne treten Jan Rothländer und Philipp Dosse (RC Bergedorf / Hamburger und Germania RC) an. Rothländer, der seit seiner Jugend rudert, strebt in dieser Saison die Qualifikation für den PR3 Männer-Einer bei der U23-Weltmeisterschaft an. Sein Bootspartner Dosse hat bereits internationale Erfahrungen im U23-Bereich gesammelt und möchte nach seiner Verletzung nun im Para Bereich neu durchstarten. Nach dem ersten Schritt der Medizinischen Klassifizierung, die bereits gestern stattfand, konnte Dosse die erforderliche Minimalbeeinträchtigung nicht erreichen und wurde vorläufig nicht klassifiziert. Er muss sich heute einer zusätzlichen medizinischen Untersuchung unterziehen. Im Anschluss daran erfolgt heute oder morgen die abschließende internationale Einstufung.

Krumbein wird neu klassifiziert
Die beiden Paralympics-Bronze-Medaillen-Gewinner Jan Helmich und Hermine Krumbein (RC Hansa Dortmund / RK Normannia Braunschweig) bilden den ersten PR3 Mixed-Doppelzweier. Krumbein muss sich einer turnusmäßigen internationalen Klassifizierung unterziehen und wird dabei von ihrem Bootspartner begleitet. 
Der zweite PR3 Mixed-Doppelzweier mit Inken Ramöller und Julian Müller (Akademischer RC zu Münster / Karlsruher RV Wiking) musste abgemeldet werden. Bei Ramöller wurden nicht ausreichend Punkte in einer Gliedmaße nachgewiesen, sodass sie nur für den PR3 Mix4+ klassifiziert wurde. Sie fand während ihres Studiums in Irland zum Rudersport und kam aufgrund ihrer gesundheitlichen Vorgeschichte zum Para Rudern. Müller rudert seit seiner Kindheit und bestreitet aktuell sein erstes Junior-A-Jahr. Er möchte sich frühzeitig international klassifizieren lassen.

Der Zeitplan in Varese

Freitag: 8.30 bis 15.40 Uhr Vorläufe und Vorrennen, 15.37 bis 15.55 Uhr Viertelfinals Männer- und Frauen-Einer, 15.59 bis 16.10 Uhr Vorrennen Männer- und Frauen-Achter.

Samstag: 11 bis 12.14 Uhr Finals E bis B, 12.16 bis 16.20 Uhr Halbfinals, 16.21 bis 17.43 Uhr A-Finals, 17.55 Uhr Testrennen Mixed-Achter.

Sonntag: 8.30 bis 9.30 Uhr B-Finals, 9.35 bis 13.30 Uhr A-Finals.

World Rowing überträgt alle Rennen auf seiner Webseite.

Events

Boote

Vorlauf 3 6:34.60 4 . Platz
Finale C 6:29.12 3 . Platz

Vorlauf 1 6:37.87 5 . Platz
Finale C 6:33.27 6 . Platz

Vorlauf 3 5:59.86 2 . Platz
Halbfinale A/B 1 5:51.99 4 . Platz
Finale B 6:01.84 1 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 5:30.55 2 . Platz
Finale A 5:24.80 2 . Platz

Vorlauf 1 5:49.79 5 . Platz
Finale B 5:45.34 4 . Platz

Vorlauf 3 7:32.33 1 . Platz
Halbfinale A/B 2 7:27.85 2 . Platz
Finale A 7:21.28 2 . Platz

Vorlauf 3 7:27.39 5 . Platz
Finale C 7:18.22 4 . Platz

Vorlauf 1 6:27.37 1 . Platz
Finale A 6:22.79 2 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 6:15.78 5 . Platz
Finale A 6:09.63 4 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 7:28.07 2 . Platz
Finale A 7:05.24 1 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 8:15.29 5 . Platz
Finale A 8:03.46 5 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 10:07.50 1 . Platz
Finale A 10:23.78 1 . Platz