14. Juni 2025 | Nationalmannschaft | von Hans Strauss und Luisa Gärtner

Zwei Weltcup-Siege für Paras, Mixed-Achter schlägt sich gut

Magere Vorbereitung, prächtiges Ergebnis: Hermine Krumbein und Jan Helmich waren bei ihrem Weltcup-Sieg im PR3-Mixed-Doppelzweier so schnell wie noch nie. Foto: meinruderbild
Neben dem Volleyball nun auch im Rudern erfolgreich: Thyrza Kiewik mit der Goldmedaille im PR2-Einer der Frauen. Foto: meinruderbild
Schon ein bisschen stolz: der Mixed-Achter nach Rang zwei beim Premierenrennen der neuen Bootsklasse. Foto: meinruderbild
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Der zweite Tag der Weltcup-Regatta in Varese hatte mit Temperaturen über 30 Grad bei gleichzeitig hoher Luftfeuchtigkeit fordernde Umstände. Grund zur Freude gab es im deutschen Lager mehrfach, vor allem im Para-Bereich. Jan Helmich und Hermine Krumbein (RC Hansa Dortmund und RK Normannia Braunschweig) holten sich im PR3-Mixed-Doppelzweier überzeugend den Weltcup-Sieg, Thyrza Kiewik (Offenbacher RG Undine) war im PR2-Einer der Frauen erfolgreich. Bei der Premiere der Mixed-Achter wurde das DRV-Boot knapp von den USA bezwungen Zweiter. Juliane Faralisch qualifizierte sich als Zweite ihres Halbfinales souverän für das A-Finale am Sonntag.

Helmich und Krumbein überraschen sich selbst

Eigentlich waren sie vor allem nach Varese gekommen, weil die Klassifizierung für Hermine Krumbein erneuert werden musste, was auch geklappt hat. Nachdem sie schon mal da waren, setzten Jan Helmich und seine Partnerin im PR3-Mixed-Doppelzweier ein Zeichen. Sie gewannen das A-Finale nicht nur überlegen vor Australien und Brasilien, sie verbesserten dabei auch die noch gültige Weltbestzeit dieser Para-Bootsklasse um fast zwei Sekunden auf 7:05,25 Minuten.

„Wir konnten uns nur getrennt vorbereiten. Deshalb haben wir uns heute selbst überrascht. Wir sind unserem Plan gefolgt und der war gut“, sagte Hermine Krumbein. „Die vielen Trainingskilometer vom letzten Jahr machen sich noch positiv bemerkbar“, ergänzte Jan Helmich. Die Zeitlupe des Videostreams zeigte während des Rennens ein Lächeln auf seinem Gesicht. Er merkte einfach, wie gut das Boot lief – viel besser als im Bahnverteilungsrennen am Vortag, als die australischen Neulinge Lisa Greissl und Sam Stunnek Helmich/Krumbein noch bezwungen hatten. Der große Sieg ist auch deshalb von Bedeutung, weil die Paralympics-Dritten von Paris mittlerweile mit den Europameistern Valentin Luz und Kathrin Marchand enorme Konkurrenz im eigenen Lager haben. Die waren vor zwei Wochen in Bulgarien mit 6:57,41 Minuten noch erheblich schneller. Die Zeit gilt aber, da bei einer EM gefahren, kurioserweise nur als europäische Bestzeit. Bei der Weltmeisterschaft im September in Shanghai darf nur ein deutsches Boot teilnehmen. „Konkurrenz ist immer gut. Mit dem Ergebnis von heute ist es auf jeden Fall wieder offen, wie es weitergeht“, sagte Helmich. "Dass Beide mit so wenig Vorbereitung so ein Ergebnis liefern, spricht für ihre Qualität und Eingefahrenheit", lobte Para-Bundestrainer Marc Stallberg.

Thyrza Kiewik im Rennen gegen sich selbst

Im PR2-Einer der Frauen musste die Mexikanerin Angeles Gutierrez, die am Freitag zum Bahnverteilungsrennen angetreten noch war, aus medizinischen Gründen zurückziehen. So ruderte Thyrza Kiewik (Offenbacher RG Undine) im Alleingang zur Goldmedaille – dem ersten Edelmetall für den DRV in Varese. „Ich konnte es so alleine ein bisschen genießen. Es ist meine erste internationale Regatta, ein Rennen gegen mich selbst ist eine besondere Herausforderung“, sagte der Ruder-Neuling. „Aber ich habe, denke ich, gestern im Bahnverteilungsrennen zeigen können, dass ich nach ein paar Monaten Rudern schon etwas drauf habe.“ Kiewik ist auch Sitzvolleyball-Nationalspielerin, dort steht demnächst die EM an, „auf die ich mich sehr freue“. 

Im Finale des PR3-Männer-Zweiers ohne war die Konkurrenz für Jan Rothländer und Philipp Dosse (RC Bergedorf / Hamburger und Germania RC) noch zu stark. Das deutsche Boot musste sich mit dem fünften Platz begnügen, konnte aber Japan hinter sich lassen. Der Sieg ging an Frankreich vor Italien und Großbritannien. „Philipps Qualifizierung hat uns noch einmal immensen Aufwand gekostet, aber es hat letztlich geklappt. In diesem tollen Feld war es schwer für die Beiden“, sagte Para-Trainer Stallberg, der insgesamt aber zufrieden war: „Für uns standen die Klassifizierungen hier im Vordergrund, das Abschneiden darüber hinaus war absolut erfreulich.“  

Mixed-Achter hauchdünn hinter USA Zweiter

Obwohl es sich nur um ein Testrennen handelte, hatte der erste Auftritt der neuen Mixed-Achter in Varese zum Abschluss des Samstags eine historische Dimension. Bei der WM wird die Disziplin schon zum offiziellen Programm zählen. Deshalb war es etwas verwunderlich, dass neben Deutschland nur die USA und Italien ein Großboot mit jeweils vier Frauen und Männern stellten. Der Weltverband will dem IOC den Mixed-Achter für die Spiele 2028 in Los Angeles als zusätzlichen Wettbewerb vorschlagen.

Fast hätte das deutsche Boot mit Anna Härtl, Michelle Lebahn, Pia Greiten, Mattes Schönherr, Sönke Kruse, Theis Hagemeister, Paul Klapperich, Frauke Hundeling und Steuermann Florian Koch (Frankfurter RG Germania, RC Potsdam, Osnabrücker RV, RC Potsdam, RV Münster, Frankfurter RG Germania, Bonner RG, Deutscher RC Hannover und Donau-RC Ingolstadt) den USA den Sieg noch entrissen. Auf zwei Meter schrumpfte der Vorsprung des US-Bootes, das sich in 6:01,30 Minuten trotzdem als Premierensieger feiern durfte. 0,33 Sekunden langsamer war die DRV-Vertretung als Zweiter, Italien konnte weit abgeschlagen (6:25,95) nicht mithalten.

„Der Schlussspurt hat gezündet, war aber einen Tick zu spät. Gewinnen ist immer schöner. Wir hatten schon Spaß zusammen. Das machen wir noch mal, aber besser“, sagte Frauke Hundeling, die den Schlag übernommen hatte, nach dem Rennen. „Wir sind in drei Positionen verändert gefahren, ich bin erst mal zufrieden“, sagte Trainer Sven Ueck, der vor einer interessanten Aufgabe steht. „Es gibt viele Fragen, die noch zu beantworten sind. Zum Beispiel, wie man Männer und Frauen im Boot richtig setzt. Die größte Herausforderung ist die Abstimmung mit den Disziplintrainern für die Spezialboote. Wir müssen an einem Strang ziehen, das ist wichtig“, sagt Ueck. 

Faralisch gelingt erneut eine Bestzeit

Mit einer blitzsauberen Vorstellung hat sich Juliane Faralisch (Frankfurter RG Germania) für das A-Finale im Frauen-Einer qualifiziert. Im zweiten Halbfinale musste sie sich nur der Favoritin Anna Prakaten (Usbekistan) knapp geschlagen geben und wurde Zweite. Beim Start ließ es Faralisch ruhig angehen, der fünfte Platz nach den ersten 500 Metern war aber kein Grund zur Sorge. Auf dem zweitem Teilabschnitt kam sie ins Rollen und arbeitete sich mit dem größten Speed im Feld stetig nach vorne: Platz drei nach 1000 Metern, Zweite nach 1500 Metern. Der Rennplan funktionierte. Auch ihr Rückstand auf die von Beginn an führende Prakaten schrumpfte immer mehr und betrug im Ziel nur noch 0,29 Sekunden. Auch die Drittplatzierte Katie Clark (Kanada) qualifizierte sich für das A-Finale am Sonntagnachmittag. Dort tritt Europameisterin Lauren Henry (Großbritannien), die den ersten Vorlauf mit der deutlich schnellsten Zeit gewann, als klare Favoritin an. Faralisch scheint nach ihrer langwierigen Handverletzung aber so gut in Form zu sein, dass es zu einem Platz auf dem Podium reichen könnte.

„Gestern waren wir erstmal froh, dass sie das Rennen überstanden hat, denn so oft 2000 Meter am Stück ist Juliane im Training seit ihrer Verletzung noch nicht gefahren. Heute ist sie wieder persönliche Bestzeit gefahren. Wir sind schon jetzt sehr, sehr glücklich über das Ergebnis“, sagte Trainer Sven Ueck.

Männer-Vierer verpasst das A-Finale knapp

Im schnelleren der beiden Halbfinals verpasste der Männer-Vierer ohne den Einzug ins A-Finale knapp. Friedrich Amelingmeyer, Max John, Wolf Niclas Schroeder und René Schmela (Osnabrücker RV, Olympischer RC Rostock, RU Arkona Berlin und Berliner RC) wurden Vierter, hatten sich in dem stark besetzten Feld aber nichts vorzuwerfen. Australien 1, mit den beiden Olympia-Finalisten Hamilton und Hill, war klar das beste Boot und feierte einen Start-Ziel-Sieg. Zweiter wurden die Niederlande 2 mit drei Ruderern aus dem Achter, der bei der Europameisterschaft Silber geholt hatte. Auch Neuseeland war stark und ließ mit einer gleichmäßigen Fahrt die nicht unberechtigten Hoffnungen der Deutschen auf den dritten Rang zerplatzen. Am Sonntag (10.15 Uhr) steht nun das B-Finale an.

Gesamtrang zehn für den Männer-Doppelvierer

China war mit der schnellsten Vorlaufzeit ins B-Finale des Männer-Doppelvierers gelangt. Der daraus ableitbaren Favoritenrolle wurden die Chinesen auch gerecht. Sie gewannen vor Portugal, das noch bis auf eine halbe Sekunde herankam, und Australien. Für Tom Gränitz, Felix Heinrich, Til Schindelhauer und Oliver Holtz (Berliner RC, RK Normannia Braunschweig, RV Kappeln und Rostocker RC) blieb der vierte Platz und damit Rang zehn im Gesamtklassement. „Die Jungs haben wirklich alles gegeben, und Til hat Ole Hohensee, der sich noch für die U23-WM qualifizieren muss, großartig vertreten“, sagte Disziplintrainer Francesco Fossi. „Wir bereiten uns hier intensiv auf Luzern vor und wussten deshalb, dass es heute schwierig werden würde. Das Ergebnis ist zwar enttäuschend für die Jungs, aber ich bin überzeugt, dass wir auf dem richtigen Weg sind – in Luzern werden wir das zeigen.“

Wollenhaupt/Labonde werden durchgereicht

Eine harte Nuss war für den Frauen-Zweier ohne auch das C-Finale. Malou Wollenhaupt und Antonia Labonde (beide Frankfurter RG Germania) lagen nach 1000 Metern in Führung, wurden bis zum Ziel aber auf Rang vier durchgereicht. Bis zur 1500-Meter-Marke war der spätere Sieger Österreich vorbeigegangen, dann zogen auch Japan und Italien noch an den Deutschen vorbei. Die beiden Nachwuchs-Ruderinnen beendeten ihre Weltcup-Premiere damit mit Rang 16. „Mit den ersten 1000 Metern konnten wir zufrieden sein, danach fehlt uns die Konstanz. Unser Ziel ist jetzt, eine gute Vorbereitung zur U23-WM zu schaffen, für die wir schon durchnominiert sind, und dann die besten Rennen der Saison zu fahren“, sagte Malou Wollenhaupt. „Neben uns gab es im Wettbewerb mit den Österreicherinnen nur ein weiteres U23-Boot. Sie haben das C-Finale gewonnen. Das war eigentlich auch unser Anspruch. An der zweiten Streckenhälfte werden wir jetzt bis zur U23-Weltmeisterschaft arbeiten“, sagte Trainer Alexander Osen.

Virnekäs/Schubert Dritte im C-Finale

Im C-Finale des Männer-Zweiers ohne waren beide DRV-Boote am Start. Großbritannien gewann mit einer knappen Bootslänge vor den USA und konterte dabei den Angriff des Verfolgers auf den letzten Metern souverän. Mit etwas Abstand belegten Kaspar Virnekäs und Simon Schubert (Münchener RC und TU Dresden Abt. Rudern) immerhin den dritten Platz, was Gesamtrang 15 unter den 22 teilnehmenden Booten bedeutete. Platz sechs im Rennen blieb für Mark Hinrichs und Tom Tewes (Limburger Club für Wassersport und Münchener RC), die beiden Riemen-Reservisten.

Am Sonntag geht es in vier A-Finals um die Podestplätze

Am Sonntag sind in vier A-Finals DRV-Boote vertreten. Den Anfang macht der Frauen-Doppelvierer (12.19 Uhr), es folgen der Frauen-Achter (13.08 Uhr), Juliane Faralisch im Frauen-Einer (13.08 Uhr) und zum Abschluss der Männer-Achter (13.23 Uhr). World Rowing streamt die Finals auf seiner Webseite.

Events

Boote

Vorlauf 3 6:34.60 4 . Platz
Finale C 6:29.12 3 . Platz

Vorlauf 1 6:37.87 5 . Platz
Finale C 6:33.27 6 . Platz

Vorlauf 3 5:59.86 2 . Platz
Halbfinale A/B 1 5:51.99 4 . Platz
Finale B 6:01.84 1 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 5:30.55 2 . Platz
Finale A 5:24.80 2 . Platz

Vorlauf 1 5:49.79 5 . Platz
Finale B 5:45.34 4 . Platz

Vorlauf 3 7:32.33 1 . Platz
Halbfinale A/B 2 7:27.85 2 . Platz
Finale A 7:21.28 2 . Platz

Vorlauf 3 7:27.39 5 . Platz
Finale C 7:18.22 4 . Platz

Vorlauf 1 6:27.37 1 . Platz
Finale A 6:22.79 2 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 6:15.78 5 . Platz
Finale A 6:09.63 4 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 7:28.07 2 . Platz
Finale A 7:05.24 1 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 8:15.29 5 . Platz
Finale A 8:03.46 5 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 10:07.50 1 . Platz
Finale A 10:23.78 1 . Platz

Galerien