21. Aug. 2007 | von Rudersport

Wir sind noch nicht am Ende unserer Möglichkeiten - 5 Fragen an Denis Oswald, FISA-Präsident

Zur Lage im internationalen Rudersport und den Perspektiven für die Zukunft sprach RUDERSPORT-Redakteur Arno Boes mit dem Präsidenten des Welt-Ruderverbandes FISA, Denis Oswald.

RS: Wo steht die Sportart Rudern heute in der internationalen Sportwelt?

DO: Der Rudersport hat sich bisher gut auch gegen die neuen trendigen Sportarten behaupten können. Unsere Traditionen, die manchmal einer modernen Entwicklung hinderlich zu sein scheinen, werden in den Gremien des Sports anerkannt, unser Ruf ist dort sehr gut. Insbesondere haben wir durch unseren Umgang mit der Doping-Frage und den zum Glück wenigen Fällen hier einen guten Stand. Anerkannt wird aber auch, dass im Rudern die Athletinnen und Athleten an erster Stelle in all unseren Überlegungen stehen. Hinzu kommt, dass sich in den Reihen der Ruderinnen und Ruderer immer wieder Persönlichkeiten finden, die nicht nur zu einer verantwortungsvollen Arbeit in der Sportentwicklung bereit, sondern dazu auch besonders geeignet sind. Im IOC und auch in den nationalen Organisationen des Sports findet man zahlreiche ehemalige Aktive in anspruchsvollen Positionen.
Trotz dieses guten Standings verschließen wir aber nicht die Augen vor einer weiteren Entwicklung unserer Sportart, die Gremien in der FISA arbeiten hier intensiv an den relevanten Themen.
RS: Eine Zeit lang wurde auch über das Ruder-Programm bei den Olympischen Spielen diskutiert. Ist dort jetzt wieder etwas Ruhe eingekehrt?

DO: Auf dem IOC-Kongress 2005 wurde Rudern als Olympische Sportart klar bestätigt, hier droht zunächst keine Gefahr. Inzwischen gehört Rudern auch zu den sog. Kernsportarten der Spiele, womit eine gewisse weitere Sicherheit gegeben ist. Bevor eine der Kernsportarten aus dem Programm geworfen werden kann, bedarf es intensiver Beratungen und Abstimmungen. Bis zu den Spielen 2012 haben wir also eine uneingeschränkte Planungssicherheit, aber das nutzen wir nicht etwa als Ruhekissen. Unsere Kommissionen der Athleten und für den Leistungssport beobachten intensiv das Geschehen und tauschen sich auch mit anderen Kommissionen und Gremien außerhalb der FISA regelmäßig aus, damit wir auf Entwicklungen reagieren und durch eigene Aktivitäten unser Programm für die Spiele auf hohem Niveau halten können.
RS: Wo kann der Rudersport aus Ihrer Sicht seine Attraktivität noch steigern?

DO: Modelle für andere Rennklassen oder –distanzen gibt es viele, werden auch immer wieder in den Gremien der FISA diskutiert und bewertet. Eine Patentlösung ist dabei bisher nicht zu finden gewesen, die alle Anforderungen an unsere Werte und Disziplin auf der einen und den Medien und Zuschauern auf der anderen Seite entspräche. Was wir möchten sind natürlich Rennen mit möglichst langem Spannungsfaktor und spektakulären Zieleinläufen. Das kann man nicht erzwingen, aber die Leistungen der Aktiven sind in den letzten Jahren auf einem so hohen Niveau, dass gerade bei den großen Wettkämpfen solche Rennen oftmals zu finden sind. Die Spitze im Rudersport ist wesentlich breiter geworden, dazu hat sicher auch der Welt-Cup und die Konzentration vieler Verbände auf die Weltmeisterschaften beigetragen.
Woran wir auch immer wieder gemeinsam mit unseren Partnern arbeiten ist die Darstellung z.B. im Fernsehen. Hier wünschen wir uns, dass die Athletik der Sportart und der Kampf um die Plätze und Medaillen noch besser durch Kameraeinstellungen und Grafiken an den Zuschauer herangetragen werden. Erste Erfolge dabei haben wir schon erzielt und ich bin sicher, dass wir hier noch lange nicht am Ende unserer Möglichkeiten sind.
RS: Neu eingeführt sind nun wieder die Europameisterschaften. Was versprechen Sie sich davon?

DO: Das war ein langwieriger und schwieriger Prozess, bei dem es viele Interessen und Meinungen zu berücksichtigen galt. Klar ist, dass wir damit nicht die Ergebnisse von Weltmeisterschaften wiederholen wollen und es sicher nicht in allen Verbänden die Top-Athleten sind, die bei den Europameisterschaften antreten werden. Wir müssen die Entwicklung abwarten, nach den Veranstaltungen in Poznan 2007 und Athen 2008 werden wir sehen, ob das von den europäischen Verbänden mit Mehrheit verabschiedete Konzept aufgeht oder ob es sinnvoller wäre, über andere Formate dieser Meisterschaften erneut nachzudenken.
RS: Die Weltmeisterschaften von München stehen bevor, was erwarten Sie von diesen Titelkämpfen?

DO: Ich erwarte eine gute WM, denn wir haben großes Vertrauen in das Organisationskomitee. Die Mannschaft um Bernd Schuhmacher als Präsident des OK und auch die Strecke mit ihren Einrichtungen haben sich in den letzen Jahren bestens bewährt. Diese Erfahrungen und auch der Einsatz der vielen Experten aus den Gremien des Rudersports machen mich sicher, dass wir in München für das Rudern eine Veranstaltung mit viel Publicity und Initialzündung für die weitere Entwicklung erleben werden. Der Kern dabei sind die Leistungen der Aktiven. Hier sind die besten Mannschaften der Nationen am Start und kämpfen diesmal nicht nur um Medaillen, sondern auch die Olympiaqualifikation. Das verspricht großen Sport, der sich dann sicher auch auf die Stimmung unter den Zuschauern auswirken wird.