16. Sep 2016 | Breitensport | von Rainer Germann

Wanderruder-Fahrt: Unstrut - Saale - Elbe

21. bis 28. Mai 2016

½ 5 Uhr raus aus dem Bett. Pünktlich um 6.00 Uhr Abfahrt. Die Müdigkeit aller bestimmt das Fahren, aber wir kommen zügig auf der Autobahn voran. In Breisach übernehmen wir den Hänger des LRV an das Zugfahrzeug. Das Gespann hat die Länge eines großen Sattelschleppers hat. In Gernsheim steigt noch ein Ruderkamerad des Wormser RC Blau Weiß zu und weiter geht die Fahrt Richtung Erfurt.

Auf Seitenstraßen entlang der Unstrut nähern wir uns Artern/an der Unstrut. Beim örtlichen Kanuverein deponieren wir unsere 2 Gig-E-Boote für den nächsten Tag und machen uns auf den Weg zu unserem knapp 50 km entfernten Quartier in Freyburg. Auf dem Weg dorthin, lässt unser Fahrtenleiter, Werner Rudolph, es sich nicht nehmen, einen Blick auf die offensichtlich kritischen Passagen unter diversen Brücken in Augenschein zu nehmen, was sich nachträglich als sehr vorausschauend zeigen sollte.

In Freyburg angekommen, erwarten uns schon weitere Ruderer/innen unserer Gruppe vor der Pension und Weinschenke, Unstrut Promenade, direkt am Bahnhof.

Tag 1 Sonntag den 22. Mai 2016 Artern - Nähe Bretleben - Roßleben ca. 20 km 2 Schleusen

7.45 Aufstehen. Frühstücken und gegen ½ 9 Uhr Start mit unserem Bus nach Artern. Angekommen in Artern werden wir vom Kanuclub freundlich empfangen. Alle legen Hand an. Die Boote werden aufgeriggert und zu Wasser gelassen. (Bild 5) Dann geht alles schnell. Jeder nimmt seinen Platz ein und mit "Alles Vorwärts" beginnt unsere Wanderruder-Tour die Unstrut aufwärts, die hier nicht viel breiter als 2 Ruderboote ist. Der Fluß, langsam dahin fließend, schlängelt sich durch die weiten Felder. An den Ufern hin und wieder blühende Weißdornbüsche, zum Teil auch rosafarben. Die Luft steht. Ein bisschen wie Sommer. Das Rudern hat noch nicht den gewohnten Bewegungsablauf.

Wir passieren eine Gruppe Canadier-Fahrer. Auf unser "Wo kommt ihr her"? Antwort: "Aus em Schwobaland/Bada Württaberg". Es hat den Anschein, als ob sich heute hier der ganze Süden von Deutschland trifft. -

Nach ca. 4 Kilometern schon in der Nähe von Bretleben gibt Werner Anweisung zur Umkehr. Gar nicht so einfach auf diesem schon recht schmalen Fluss. Flussabwärts geht es wieder nach Artern bis zur Schleuse. Achim öffnet die Schleusentore für uns und schon senkt sich der Wasserspiegel. Es gibt auf der Unstrut keine offizielle Schifffahrt mehr. Dieses Gewässer und v.a. die Schleusen werden nur noch durch den Freizeitsport benützt. Ausfahrt aus der Schleuse. Wir gleiten an kleinen schmucken Häuschen vorüber. Blühende Gärten, schön gepflegte Anwesen, eigene Anlegestellen. Ein Traum für viele von uns. Bei uns zuhause fast unerschwinglich.

Wir kommen zur Schleuse Ritteburg. (Bild 6) Ein kleines Schleusenhäuschen, schönes parkartig angelegtes Gelände mit blühenden Sträuchern. Der Schleuser öffnet von Hand die Zufahrt. Wechsel der Ruderer, Tausch mit dem Landdienst und nach kurzer Zeit öffnen sich wieder die Tore am Ende der Schleuse.

Alle Boote fahren weiter, passieren die nächsten 3 Autobrücken von Kalbsrieth, Schönwerda, Bottendorf. Wir alle sind froh, dass wir uns die Brückendurchfahrten vorab von Land aus angeschaut haben, sonst wäre die Unstrutfahrt spätestens an der Brücke von Schönwerda (Bild 4) zu Ende gewesen.

Diese Stellen sind bei einem ansonsten ruhig dahinfließenden Gewässer die einzigen "Aufregungen", verlangen aber Konzentration und Aufmerksamkeit, speziell jetzt bei etwas unterdurchschnittlichem Wasserstand.

Ankunft der Boote beim Ruderclub Roßleben. Freundliche Aufnahme durch Karl Träger, der uns hilft unsere Boote auf dem Clubgelände zu versorgen. Beim anschließenden Picknick hören wir viel über die Geschichte dieses ehemaligen Ruderleistungszentrums , der sinkenden Mitgliederzahl und den heutigen Schwierigkeiten, verursacht durch Landflucht und v.a. die fehlenden Arbeitsplätze. Die Bevölkerung fühlt sich hier nach der Wende als vergessen.

Mit unserem Bus fahren wir wieder gemeinsam zu unserem Standquartier in das gut 30 km entfernte Freyburg. Wir passieren Memleben mit einem flüchtigen Blick auf das Kloster der Kaiserpfalz aus dem 10. Jahrhundert, Bad Bibra und Laucha.

Freyburg, an der Unstrut, liegt mitten im Weinbaugebiet von Saale-Unstrut und hier befindet sich auch die bekannte Sektkellerei Rotkäppchen. Besichtigung und Sektprobe am späten Nachmittag, fast ein Muss, mit Ausklang in einem Restaurant am Rathausplatz.

Tag 2 Montag der 23. Mai 2016 Roßleben - Freyburg 44 km 5 Schleusen

Nach dem Frühstück geht alles ganz schnell. Ruderklamotten greifen, rein in den Bus und ab nach Roßleben. Das Wetter gemischt Sonne, Wolken. Kurz vor Roßleben werfen wir noch einen Blick unter die Brücke von Memleben, an der schon Ruderboote "zerschellten". Wir sind vorgewarnt. Viel Holzmaterial staut sich an einem Pfeiler. Nur in der Mitte kann die Passage genommen werden.

In Roßleben lassen wir die Boote zu Wasser. Nach Verabschiedung von Herrn Träger, mit Rückenwind und etwas bewölktem Wetter, beginnt die 2. Etappe. Mit gleichmäßigen kräftigen Schlägen rudern wir den Fluss entlang. Wendelstein mit der nächsten Schleuse kommt auf uns zu. Mit dem Kommando "etwas zügiger" versuchen wir mit einem großen Bogen schwungvoll in den abbiegenden Schleusenkanal zu gelangen. Leider war der Schwung zu stark, es treibt uns viel zu weit aus der Kurve. Also anhalten, wenden, nochmal das Manöver wiederholen und Stück für Stück in die schon auf uns wartende Schleuse einfahren. Werner hat alles schon mit dem Schleusenwärter geklärt, so dass nach kurzer Zeit unsere Fahrt wieder weiter gehen kann. Seitlich auf einem Felsenplateau, die Burg Wendelstein, von der man vermutet, dass sie einst der alte Pfalzgrafensitz gewesen war.

In langen Windungen zieht sich die Unstrut durch das flache Land. Rechts und links endlose Felder. Die zuvor besichtigte Brücke von Memleben taucht auf. (Bild 8) Unser erfahrener Steuemann meint noch "wir kommen gut durch". Kaum gesagt presst uns eine starke Querströmung an den mittleren Pfeiler. So schnell wie jetzt alles von statten geht, kann man es nachträglich nicht beschreiben. Fast prallen wir auf diesen Pfeiler. Mein Skull wird mir aus der Hand geschlagen, so dass der Griff an meinem Rumpf vorbei Richtung Bug saust.

Nach 2, 3 Metern ist schon alles vorbei. Nochmal gut gegangen. Wir atmen alle auf. Versuchen das Geschehene in Worte zu fassen. --- Der Fluss, der strömt nun dahin, harmlos, als ob überhaupt nichts passiert wäre. Am Ufer dicke kurze Weidenstämme unterbrochen von grünen Feldern, die bis an den Fluss grenzen. Angenehm zu rudern. (Bild 10) Weites Land. Mehrfach hören wir Kuckucks rufen, sehen sogar ganz nah einen dieser relativ großen Vögel. Wir konzentrieren uns auf das Kommende. Noch müssen 3 Schleusen passiert werden, damit wir spätestens um 18.00 Uhr die Schleuse in Freyburg vor Schließung erreichen. Danach wird das Schleusen teuer, denn Dienstags und Mittwochs, außerhalb der Betriebszeiten, wird nur gegen Gebühr geschleust, das sind etwa 35 € pro Schleusung. Zügiges Rudern ist angesagt. Wir treten ein in den Naturpark Saale-Unstrut. Die flache Landschaft verändert sich, wird hügeliger. Die Ufer treten mit dichtem Baumbestand näher an uns heran. In einem großen Bogen umrunden wir Nebra. Die Himmelsscheibe von Nebra. Das futuristische Museum grüßt uns, hoch gelegen, einige Kilometer weiter von der anderen Seite. Petra Bertram, die mit uns rudernde und mit Rat und Tat unterstützende Wanderruderwartin des LRV Sachsen Anhalt, gibt uns interessanten Geschichtsunterricht. Kurzer Halt, den Wertesten und die Beine vertreten. Noch immer sind es 10 Kilometer bis zum Mittagspausen-Picknick. 12.00 Uhr ist schon lange vorüber, Hunger und Sitzteil machen sich schmerzhaft immer mehr bemerkbar. Jetzt ist durchhalten angesagt. Hoch über uns das Schloss Vitzenburg, angeblich mit einem weiten Blick über Nebra und das Land.

Der Hunger und der kommende Rastplatz vor der Schleuse bei Burgscheidungen, lässt uns beinahe automatisch Schlag um Schlag setzen. Wie süchtig begrüßen wir jedes neue Kilometertäfelchen, das uns gefühlsmäßig näher zum Ziel bringt.

Endlich sagt Birgit: "Halbe Kraft". Viele helfende Hände unterstützen uns beim Landemanöver. Selbst der Schleuser der nahen Schleuse packt mit an. Erschöpft genießen wir das von Landdienstfrau Renate vorbereitete Picknick auf einer am Boden ausgebreiteten Decke.

Alles reduziert sich auf einfache Bedürfnisse, wie Essen, erholen, genießen dieser kurzen Pause. Austausch über Erfahrenes und weiter anstehende Aktionen. Werner drängt zur Eile. Der Schleußer informiert uns über die Charakteristik der Schleuse. Die Wände verjüngen sich von einer Breite von 15 m auf eine Fundamentbreite im Verhältnis eines Ruderbootes in Ortogonalstellung. Das bedeutet, dass während des Schleusenvorgangs das Boot genau in der Mitte gehalten werden muss. Überaktionen in der Schleuse sind eher von Nachteil. Mit den Peikhaken ist es möglich das Boot, durch kleine Korrekturen, genau in der Mitte zu positionieren. Bald ist die Schleusung abgeschlossen und wir verlassen diese Art von Schleuse, die uns von jetzt ab noch häufiger begegnen soll. Ausfahrt entlang großer Buhnen und einem breit überschäumenden Wehr. Etwas entfernt auf einer Anhöhe, thront das Schloss Burgscheidungen eines, ehemaliger Sitz der Thüringer Könige. Lang begleitet uns der Blick auf dieses schöne Anwesen.

Unterwegs, kurz vor Karsdorf, rumpelt eines unserer Boote mitten im Fluss auf eine nicht erkennbare Untiefe und sitzt fest. Wenn man wenigstens vom Boot aus sehen könnte, warum man festsitzt, rundum ist tiefes Wasser. Mit Geduld und Gewichtsverlagerung im Boot kommen wir frei.

Später am Lauchaer Hang auf einer Anhöhe der Fliegerhorst Dorndorf, ein bekannter Segelflieger Startplatz. Wir erreichen Schleuse Laucha km 13,4. Schon routinemäßig erledigen wir den Schleusenvorgang und verabschieden uns vom Schleuser mit einem dreifachen Hipp, Hipp, Hurra. Nochmal kurz vor Freyberg müssen wir die Schleuse bei der Mühle Zeddenbach passieren. Linkerhand von uns liegen die Weinberge von Freyberg, mit ihren hübsch anzusehenden Weinberghäuschen, die sich zu rechten Wochenendpalästen gemausert haben.

Einfahrt in die Schleuse Freyburg. Gut in der Zeit, senken sich die Boote in der modern anmutenden Anlage. Im unteren Bereich erlaubt uns der Schleuser, unsere Boote die Nacht über festzumachen, was uns eine Menge Arbeit an diesem Abend erspart. Landgang. Hundert Meter ist direkt am Wasser unsere Pension Weinhaus, "Unstrut Promenade". Frischmachen und gemeinsamer Spaziergang zum nahe gelegenen Griechen. Bei Blitz und rauschendem Donner eines schwarzen Gewitters, beschließen wir in der Runde, mit einem griechischen Abendessen, diesen Tag.

Tag 3 Dienstag der 24. Mai Freyburg -- Bad Dürrenberg 40,7 km 5 Schleusen

Meine Wetter-App spricht von "starke Bewölkung" und "40 % Regenwahrscheinlichkeit". Regenkleidung greifen, Wasserschuhe, Zimmer räumen und Gepäck verladen. Der Landdienst wird heute den Hänger nach Bad Dürrenberg ziehen. Jürgen hatte Gottseidank schon die vom Gewitter vollgelaufenen Boote vom Wasser befreit, so dass beide Boote nach einer geglückten Selbstbedienungs-Öffnung des Unterwassertores, die weitere Fahrt auf der Unstrut aufnehmen können. Linkerhand wieder Weinberge, weit oben über Freyburg steht das Schloss Neuenburg.

Auf der Steuerbordseite das Naturschutzgebiet "Tote Täler" mit seltenen unter Naturschutz stehenden Pflanzen. Und dann, stoßen wir plötzlich geradezu unspektakulär auf die Saale. Hier am Naumburger Blütengrund, findet die Unstrut ihr Ende. Max Klinger, dessen Villa noch über der Unstrut thront, zum Blütengrund: "Hier ist es ja wie in der Toscana, bloß näher!"

Zusammen mit der Unstrut, lassen wir uns von der Saale aufnehmen. Eine kleine Gierfähre wechselt gerade auf die andere Seite. Ohne Probleme passieren wir das Seil, das ca. 2 m über der Wasseroberfläche verläuft.

In einem großen Bogen verläuft hier die Saale rund um die Stadt Naumburg. Am Steg des Naumburger Ruderclubs Rot Weiß legen wir an. Eine schöne gepflegte Anlage. Leider ist niemand anwesend. Auf der Suche nach einem Restaurant landen wir schlussendlich in dem kleinen Ausflugslokal "Am Pegel". Mit frischen Brötchen, Bismarckheringen und heißem Getränk nehmen wir gestärkt unsere Skulls wieder in die Hand. Gut einen Kilometer nach unserer Mittagspause erreichen wir das, von einer Burg mit einem pittoresken Wachturm geprägte Städtchen, Schönburg. (Bild 14)

4 km weiter taucht der Ort Goseck mit der Schleuse Oeblitz auf. Hoch oben über uns gelegen, das gleichnamige Schloss. Kulturelle Stätten reichen sich hier die Hand. Nach kurzer Wartezeit können wir in die Schleuse einfahren. Wieder diese schrägen Schleusenwände, doch dieses Mal nichts Neues. Relativ zügig sind wir im Unterwasser und treten jetzt ein in die Saalaue bei Goseck.

Viele Nebenarme der Saale prägen diese Stelle. Nur durch abzweigende wild überwucherte Flussarme ist zu erkennen, dass seitlich vom Hauptarm noch weitere brachliegende Gewässer liegen. "Anlande und Betretensverbot, Naturschutzgebiet. Kilometer für Kilometer rudern wir durch diese Landschaft.

Und dann Ansiedlungen, Vorstadt von Weißenfels . 3 Schleusen kurz hintereinander sind zu passieren. Die Schleuse von Beuditz, die Brückenmühlenschleuse und die Schleuse Herrenmühle. Es ist jetzt immer derselbe Schleuser, der uns (heute, am Dienstag nur gegen Schleusengebühr) die Tore öffnet und die Weiterfahrt ermöglicht. An einer Schleuse ist das Baujahr 1774 vermerkt. Petra Bertram informiert uns darüber, wie die Herren in diesem Land es gut verstanden, die Schifffahrt zu unterstützen um dafür entsprechendes Zollgeld einzunehmen. Auf einem der Schleusengelände, hat unser Landdienst nach Erlaubnis der Schleuser unser Mittagspicknick vorbereitet. Eine willkommene Pause mitten in der Stadt. Mitten in der Stadt heißt: Wohnhäuser, Parks, Menschen, Brücken, die wir unterqueren, Autolärm, vorbeidonnernde Züge. Eine vollkommen andere Atmosphäre. Wie sagte Petra doch so schön:" Auf der Unstrut, hörst du nur die Natur und sonst nichts."

Die Saale durchquert hier ganz gelassen diese hektische Stadt, lässt sie hinter sich, um wieder von der Natur empfangen zu werden. Wir passieren, kreuzen, gleiten vorbei an Dörfern, Brücken, Bachzuläufen. Ortsnamen wie Burgwerben, Kriechau, Dehliltz, Skortleben und Großkorbetha liegen außerhalb unseres Blickwinkels, lesen wir nur als Namen auf unser Fahrtbeschreibung.

Wir nähern uns dem Kanu Club Bad Dürrenberg, südostlich von Leuna. Hier herrscht rege Aktivität. Eine ganze Gruppe Erwachsener macht gerade ihr Aufwärmtraining, Boote werden zu Wasser gelassen. Ein Vater scheucht seinen Filius durchs Wasser. Er soll noch viel schneller werden.

Viele helfende Hände beim Bergen der Boote. Unser Bus steht schon zur Abfahrt zum Hotel bereit. Das "Alte Badehaus", liegt mitten in einem Park. Wunderschön anzusehen. Dankbar nehmen wir die reservierten Zimmer in Empfang. Im Speisesaal begegnen uns Stars der Filmszene, fein säuberlich an den Wänden dekoriert. In großer Runde beschließen wir mit einem guten Abendessen diesen Tag. (Bild 15)

Tag 4 Mittwoch der 25. Mai Bad Dürrenberg -- Merseburg 14,9 km 2 Schleusen

Früh raus aus den Betten. Das Wetter durchwachsen, die Vorhersage scheint zu stimmen. Draußen ist es grau in grau. Werner informiert über das heutige Tagesprogramm. Bei unserer Abreise nieselt es leicht. Unser Bus quält sich durch eine große Baustelle vorbei an Baggern und Walzen bis wir den Kanuclub von Bad Dürrenberg erreichen. Heute liegt direkt vor uns die Schleuse von Bad Dürrenberg. Der uns bekannte Schleuser steht schon bereit, so dass wir unverzüglich alle in die Kammer einfahren. Dies sollte für die nächste halbe Stunde die gesamte Aktion sein, denn plötzlich fehlt es an Strom, um die Schleusentore zu schließen. Mit Aufwendung aller Kraft kurbeln 2 Schleuser von Hand die Tore zu. Es will aber nicht so richtig klappen. Irgendwann gibt es wieder Strom und endlich öffnet das untere Tor. Und wieder sind wir auf der Saale, gleiten vorbei an Bad Dürrenberg, unterfahren Auto- und Eisenbahn-Brücken, passieren kleine Orte. Ca. 2 Kilometer nach Bad Dürrenberg, bei Ostrau, wird die Saale offiziell Bundeswasserstraße, ab hier entfallen Schleusengebühren. Von Leuna, dem ehemals bekannten düsteren Industriegebiet, sehen wir vom Fluss aus nicht viel. Am Abend zuvor in Bad Dürrenberg, ließen die vielen Lichter über Leuna vermuten, dass dort eine große Anzahl von Industrieanlagen stehen sollte. Wir sehen heute vom Fluss aus, nur einen riesengroßen Kamin und eine Einflussstelle eines großen Industriebetriebs. Klare Luft über dieser Stadt. Hier hat sich, was die Umwelt anbetrifft, sehr viel verändert.

Wir nähern uns Merseburg. Hohe Bäume links und rechts des Flusses. Dahinter versteckt Häuser, lassen die Stadt vermuten. Der Kanal zur Umgehung von Merseburg ist wohl schon lange gesperrt, denn querliegende Baumstämme versperren die Durchfahrt. Der Fluss windet sich entlang an Merseburg. (Bild 18) Auf der Steuerbordseite dichter Wald im Wechsel mit großen Feldern, Backbord ein zunehmend schmaler Streifen Uferzone mit Feldern, Schrebergärten, kleinen Häuschen, Boote am Steg, ein ausgesprochen friedliches Bild. Am Eisenbahnersportverein (Kanu) grüßt ein Mann. Langsam gleitet unser Boot weiter. Einfahrt in die Rischmühlenschleuse. Eine Selbstbedienungsschleuse, ausgestattet mit Display, einfach zu bedienen. Zügig passiert, rudern wir weiter entlang der Stadt und kurz danach eröffnet sich uns plötzlich der Blick auf das hoch aufragende Merseburger Schloss, den Dom. (Bild 18) Beeindruckendes Bild. Kurz nach Unterfahrung einer großen Straßenbrücke, kommen unsere Boote vor der Schleuse Meschau zum Halt. Taucharbeiten an der Schleuse versperren die weitere Fahrt. Die 20 Minuten Wartezeit verwenden wir für ein Gruppenfoto auf einer Bank (Bild 19). - Nach der Schleuse fahren wir im Kanal ca. 400 m, bis unsere Boote von rechts auf die zügig fließende Alte Saale treffen, um schließlich mit dem Hauptstrom des Flusses in eins überzugehen.

4 Kilometer weiter erreichen wir auf der Backbordseite unser heutiges Tagesziel, die Anlage der Merseburger Rudergesellschaft am Stadtpark. Boote leeren, rausheben und versorgen. Auf dem Weg durchs Bootshaus stoßen wir auf ein Ruderbecken für 4 Ruderer und einen Kraftraum. Bei einem opulenten Mittagspicknick im Stehen wird zunächst mal unser Hunger auf Saures und Süßes gestillt.

Das Nachmittagsprogramm ist ausgefüllt mit Besichtigung der Merseburger Altstadt, inclusive Schloss und Dom. Der Bus bringt uns wieder zurück nach Bad Dürrenberg zu unserem Hotel, Altes Badehaus. Nach kurzer Pause wieder Einsteigen in den Bus und Abfahrt quer über das Land nach Naumburg. - Und dann ist er da, der bekannte Naumburger Dom. (Bild 22) Die Architektur, die Heiligenbilder, die Darstellung der Fürsten und Könige, alles vermittelt Botschaften aus fernen Zeiten. Respekt, Stolz und Würde. Man fühlt sich in eine andere Zeit versetzt. - Wir schlendern durch die Altstadt. Kleine Läden mit kreativ gestalteten Schaufenstern, anders wie bei uns, individueller, Interesse weckend. Hier kann man noch stöbern, forschen, Kleinodien entdecken. .. ein Senfladen, Ausstellungsstücke eines Steinmetzens, Schnecken in unterschiedlichsten Größen.

Zurück zum Bus. Mit von der Sonne in dunklem, orangeton gefärbten Kirchtürmen des Doms, verlassen wir Naumburg, mit dem Gefühl noch einmal hierher zurück kehren zu müssen. Es ist schon dunkel, als wir in unserem Quartier in Bad Dürrenberg ankommen.

Tag 5 Donnerstag der 26. Mai 2016 Merseburg - Wettin 40,3 km 5 Schleusen

Der Morgen beginnt mit der Fahrt durch den morgendlichen Verkehr zum Ruderclub Merseburg. Der Landdienst übernimmt für heute die Aufgabe, sämtliches Gepäck zum nächsten Übernachtungspunkt nach Bernburg zu transportieren .

Boote zu Wasser lassen, Skulls einlegen und los geht die Fahrt. Ein Doppelvierer begleitet uns noch eine ganze Wegstrecke, bis wir auf die längste Eisenbahnbrücke Deutschlands treffen. Ein ICE rast hinter Sichtschutz parallel zu unserem Fluss vorbei. Bei KM 104,4 rechts, Ankunft an der Schleuse Planea. Voll automatisiert. Wir versiert, erledigen dieses Hindernis in kurzer Zeit. Wir rudern weiter auf der jetzt breiter werdenden Saale. Wir treten ein in das Naturschutzgebiet "Abtei und Saaleaue" im Bereich von Schkopau und Halle mit einer Fläche von 381 Hektar. Hier in diesem Uferbereich ist betreten und landen verboten und die Natur zeigt sich von ihrer besonderen Seite. Zuflüsse wie Luppe, Hollebener Mühlgraben, Gerwische und weiße Elster lassen die Saale zu einem beachtlichen Fluss anschwellen. Das eine oder andere Dorf zieht silhouettenhaft vorbei. Angler grüßen bei der Vorbeifahrt. Petra Bertram weist uns auf die Ankunft von Halle Stadt hin. Neu gebaute Häuser, Seniorenwohnheime direkt am Wasser, Bootsanlegestellen, schicke Villen. Die Stadt nimmt Besitz von der Saale. Wir gleiten vorbei an der Rabeninsel, unterqueren Auto- und Fußgängerbrücken. Halle wird akustisch immer präsenter. Von links und rechts Zuflüsse diverser Seitenarme, Kanäle und jede Menge von Brücken, die die beiden Stadthälften miteinander verbinden. Lauschige Ecken am Wasser, genießen kann der, der so einen Platz sein eigen nennt.

In die nächste Schleuse "Halle Böllberg" können wir ungehindert einfahren. Alles schon Routine. Auf der Backbordseite das rauschende Wehr. Dahinter riesige Backsteingebäude, ehemals Industriebauten, die die Wasserkraft zu schätzen wussten. Jetzt hohle Ruinen, Bäume und Sträucher wachsen aus den Mauern. Sie sind dem Verfall überlassen. Erinnerung an eine längst vergangene Zeit. Dass es auch anders geht, sieht man an renovierten Gebäuden, die zu wiedererwachsenen Schmuckstücken das Stadtbild verschönern.

Wieder versperren uns 2 Schleusen unseren Weg, eine direkt unter einer Autobrücke, "Schleuse Halle Stadt" und die Schleuse Gimritz. Die Stadt scheint den Fluss geradezu zu erdrücken. Wir erreichen den Steg des Halleschen Ruderclubs, Universitätssportverein. Hilfreiche Hände unterstützen uns bei der Landung. Kleine Pause bei Ellionor Hassengier, ehemalige Beauftragte des Wanderruderresorts von Sachsen-Anhalt, und ihrem Ehemann Bernd. Kaffee und Kuchen unter einem Baum bei strahlendem Sonnenschein. (Bild 26) Schönes Intermezzo. Der Landdienst tauscht. Mit neuer Bootsbelegung geht es weiter direkt in die nächste Schleuse "Halle-Trotha". Parks links und rechts des Flusses, lassen uns die Stadt in weitere Entfernung weichen. Auf der Steuerbordseite liegt auf einem Felsen die Burg Giebichenstein, schön anzusehen, der Sitz der Kunsthochschule Halle. (Bild 25)

Wir lassen Halle hinter uns. Die Saale strömt wieder alleine durch die Landschaft. Vor dem kleinen Städtchen Lettin erhebt sich auf der rechten Seite die Landschaft, " derTrompeterfelsen." Wir haben die Brachwitzer Alpen erreicht. Es ist der Eintritt zur Franzigmark einer Porphyrlandschaft mit Höhen bis zu über 100 m.

Gut 2 km später treffen wir auf eine Gierfähre. Man gibt uns Zeichen möglichst schnell zu passieren. Die Schleuse vollbelegt mit Autos möchte wieder den Fluss kreuzen. Noch einige kleine Orte weiter, wie Salzmünde mit seinem Yachthafen und Döblitz, erreichen wir endlich unser Tagesziel, Wettin, mit langgestreckter hoch liegender Burg. (Bild 29) Direkt beim Bootsservice ziehen wir für heute unsere Ruderboote aus dem Wasser und versorgen sie am Land.

Reichlich geschafft fallen wir in unseren Bus und lassen uns zu dem neuen Quartier, Pension Berlin, in Bernburg bringen.

Tag 6 Freitag der 27. Mai 2016 Wettin - Bernburg 35,2 km 3 Schleusen

Gut gestärkt und ausgeschlafen, starten wir nach Transfer wieder von unserem Bootsplatz direkt in die Schleuse von Wettin, eine automatisierte Einrichtung mit Fernbedienung von Bernburg aus. Wie ein großes Fallbeil öffnet sich das Tor. Weiter geht die Fahrt. Zügig rudern wir auf der breiten und ruhigen Saale. Auf der linken Seite eine kleine Ortschaft mit thronender Burg "Burg Friedeburg". Ein großes gelbes Haus, ein Kornspeicher, am linken Flussufer. Dann eine im Bau befindliche Zuckerfabrik, mit 4 gewaltigen Silos, die einzigen Anzeichen von Industrie in dieser Landschaft. Ansonsten nur Dächer von kleinen Ansiedlungen und Natur pur. Wir erreichen den Saaledurchbruch. Die Ufer ziehen sich hoch hinauf. Vor uns eine lange Kette gelber Bojen und am Ende ein Schiff. Die Gierfähre von Rothenburg-Zickerwitz. Mit kräftigen Zügen fahren wir vorbei. In einer großen Flussschleife auf der Steuerbordseite, passieren wir eine große Drahtseilfabrik, die WDI Rothenburg. Von hier aus fahren wir ein in den Schleusenkanal der Schleuse Rothenburg. Über Video wurden wir vom Schleuser schon erfasst und können in die geöffnete Schleuse zügig einfahren. Wieder zurück in die Saale und weiter geht die Fahrt. Vorbei an kleinen Dörfer. Ein kleines Fahrgastschiff passiert uns. Viele Menschen winken. Irgendwo rechterhand muss Könnern liegen. Einzige Abwechslung im Grün der Felder sind Brücken von Eisenbahn und Autos. Orte wie Nelben, Gnölpzig und Trebnitz gleiten vorüber. Ungewohnte Namen für unsere Ohren.

Am Stadtrand von Alsleben, bei einem kleinen Yachthafen, hat unser Landdienst freundlicherweise die Erlaubnis bekommen, unsere Mittagspause abzuhalten. Es beginnt zu nieseln. Trotzdem lassen wir uns nicht davon abhalten das reichhaltige Menu, vor allem die Erdbeeren, in Ruhe zu genießen. Gestärkt geht die Fahrt weiter hinein in die Schleuse von Alsleben. (Automatische Steuerung). Vorbei an Industrieanlagen immer flussabwärts der Elbe entgegen. Nach Großwirschleben kommen wir zum Naturschutzgebiet "Auenwald Plötzkau". Wieder umfängt uns grüne Natur. Kleine Orte wie Gröna und Aderstedt sehen wir nur bruchstückweise. Die heutigen 35 km Ruderstrecke machen sich schmerzvoll an unseren Knochen und Gelenken bemerkbar. Das Rudern fällt schwer. Einige Kilometer weiter taucht rechterhand, hoch oben liegend, Bernburg auf. Über allem thronend das Schloss. (Bild 31) Wir legen an beim Ruderclub dieser Stadt. Anlegen, Boote versorgen, Busfahrt zur Pension Berlin, "Aufhübschen" und Besichtigung von Schloss und Stadt.

Jetzt bei Tag ist es erstaunlich, welchen Wandel diese Stadt erfahren hat. Rainer Ambros berichtet von seinem beruflichen Aufenthalt in Bernburg, Anfang 1990. Wo ehemals das Braungrau die Stadt beherrschte, zeigen sich heute viel renovierte, in hellen Farben versehene Häuser. Die Straßen, die Plätze, Cafe`s und die Restaurants, alles aufgerüstet und neu hergerichtet.

Mit einem zünftigen Abendessen im Lindenhof, beschließen wir diesen Tag, gespannt auf die morgige letzte Etappe auf der Elbe.

Tag 7 Samstag der 28. Mai 2016 Bernburg - Elbe Pretzien-Kanal 49,8 km 2 Schleusen

Der Morgen begrüßt uns mit einem ordentlichen Schnürlregen. Alle wirken etwas bedröppelt. Jetzt also doch "Rudern im Regen". Trotzig verweist man auf die Wettervorhersage des Smartphones, und die verspricht aber schönes Wetter, diese behält recht.

Der Landdienst stellt den Bootshänger unterhalb des Pretziener Wehrs, an an einem lauschigen Flussufer der alten Dornburger Elbe ab.

Die Ruder-Mannschaften sind in der Zwischenzeit von Bernburg nach passieren der dortigen Schleusen auf der Fahrt an Nienburg und Calpe vorbei gerudert und erwarten ihr Mittagspicknick an einem vom Landienst gewählten Ort. Zwischen Tornitz und Groß Rosenburg verkehrt eine Fähre. (Bild 33) Bepackt mit Lebensmitteln steuern wir diese Fähre an. Am gegenüberliegenden aufsteigenden Ufer, (Bild 32) ein Rastplatz mit Bootssteg unter Bäumen, wie geschaffen für unsere Zwecke.

Tisch decken, Blumensträußchen auf den Tisch, danach ein herrliches Mittagspicknick im kühlenden Schatten.

Für die letzte Etappe wechselt der Landdienst noch einmal. Die Wettervorhersage hatte doch recht. Nun zeigt sich die Sonne und jetzt schickt sie unerbittlich ihre warmen Strahlen.

Das Bild der jetzt vielleicht 100 m breiten Saale wie gewohnt, bei etwas zunehmender Strömung. Ab und zu ein einfließender Seitenarm. Nach Klein Rosenburg befahren wir wieder ein Naturschutzgebiet. Möwen, ein vorbeischaukelnder Milan. Die Sonne brennt. Ein Tag wie im Sommer. Wenige Kilometer bis zur Mündung der Saale in die Elbe. Die Spannung steigt. -- Und dann ist sie da. Breit wie ein Meer. (Bild 36) Weit geht der Blick. Eine Wasserstraße. Ganz anders wie unser Hochrhein. Es gibt Sandstrände, flache Ufer, ab und zu ein Schifffahrtszeichen. In der Ferne Häuser, Silhouetten von Fabrikgebäuden. Ein Streifen von blau blühendem Schnittlauch begrenzt die Ufer. Auf einer Sanddüne steht ein Silberreiher, hat beide Flügel zum Trocknen ausgebreitet. Er steht da in der Entfernung, wie ein Bundesadler.

Es herrscht eine wesentlich stärkere Strömung. Wir lassen uns treiben. Beide Boote gesellen sich zueinander. Wir passieren die Gierfähre bei Barby. Es ist wie ein Innehalten nach Tagen der Anstrengung, angekommen am Ziel, behutsam getragen werden von dem breiten Strom.

"Alles ist gut".

Bald erreichen wir Km 300,7. Hier zweigt die alte Dornburger Elbe ab. Ein Seitenkanal, der bei Hochwasser die Stadt Madgeburg vor Überschwemmungen schützt. Dafür wurde in Pretzien schon im 19. Jahrhundert ein Wehr errichtet. Petra Bertram hat eine Besichtigung organisiert, und wir haben dabei manchen Eindruck über die Wassergewalten der Elbe und den Hochwasserschutz erhalten. (Bild 37)

Dieser Elbeseitenkanal (Bild 36) ist ungefähr 30 m breit, relativ flach. Durch einen Urwald von Bäumen dringt ab und zu ein Sonnenstrahl. Die Luft ist angenehm kühl. -- Werner kündigt eine Bootsbegegnung an. Und dann, ein bootähnliches Gefährt, mit einer Plattform von ca. 5 x 5 m. In der Mitte ein Sonnenschirm, Stühle, Tisch, 3 Menschen mit Musik. Unter Hallo, gleitet dieses Fahrzeug an uns vorüber. Das Paar beginnt zu tanzen, entschwindet unseren Blicken. Hier weiß man offensichtlich noch das Leben zu genießen.

Wir kommen an den Endpunkt unserer einwöchigen Rudertour. Kaum Zeit zum verschnaufen, beginnt der arbeitssame Abschluss, nämlich das Versorgen der Boote. Alles, aber auch jedes Teil wird geputzt, geschrubbt, verschraubt und versorgt.

Es ist schon 20.00 Uhr als wir sichtlich müde in der Pension Storchennest eintreffen.

Beim Abendessen in einer nahegelegenen Gartenwirtschaft, beschließen wir diese Fahrt. Für alle war dieses eine besondere Woche, ein abwechslungsreiches neues Erlebnis im Deutschland, was uns Süddeutschen noch nicht so geläufig ist. Nachahmen ist angesagt.

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