30. Nov. 2021 | Verband | von Alexander Kersten

5 Fragen an Katharina von Kodolitsch

Katharina von Kodolitsch ist die erste Frau im Vorstand des Deutschen Ruderverbandes.

Katharina von Kodolitsch wurde beim Rudertag 2021 als erste Frau in den Vorstand gewählt. Rudern.de stellt ihr dazu 5 Fragen.

1) Für diejenigen, die Dich (noch) nicht kennen: wie würdest Du dich vorstellen und beschreiben?

Katharina von Kodolitsch: Kurz und knapp: als Vollblut-Ruderin. Sowohl auf dem Wasser wie auch an Land. Ich bin viele Regatten gerudert, als Schülerin, als Mitglied der Nationalmannschaft, als RBL- wie auch als Masters-Ruderin, im Inland wie auch im Ausland. Genauso gerne kümmere ich mich aber auch an Land ums Rudern: bei der Organisation von z.B. Wettkämpfen, durch Gremien- und Verbandsarbeit. Ich würde sagen: Rudern macht einen großen Teil meines Lebens aus.

2) Deine Wahl beim Rudertag war eine kleine, versteckte Kampfkandidatur: Es gab Stimmen, die Dich nicht als Vertreterin für Leistungssport gesehen haben. Wie war die Situation für Dich im Rückblick und wie wirst Du Kritiker eines Besseren belehren?

Heute kann ich darüber schmunzeln, aber beim Rudertag war es natürlich weniger lustig, wenn man als die nette Dame hingestellt wird, die zwar Vereinsgespräche veranstaltet, aber keine Ahnung vom Leistungssport hat. Zum Glück sind sofort Anwesende aufgestanden und haben diese unfaire Art unsachlicher und persönlicher Kritik unterbunden. Im Grunde freue ich mich jedoch, wenn ich so einen Eindruck erweckt habe. Denn ich war für das Ressort Vereinsservice und Verbandsentwicklung gewählt worden und nicht für Leistungssport. Ich habe mich immer breit engagiert, habe mein Herzblut im Leistungssport, aber im Breitensport und Wanderrudern finden sich die meisten Vereinsmitglieder wieder. Ich bin für das ganze Rudern zuständig und nicht nur für Leistungssport. Also eigentlich ist diese Kritik am Rudertag die Bestätigung dafür, dass ich mich breit engagiert habe und immer noch engagiere.

3) Politiker werden ja gerne an den ersten 100 Tagen im Amt gemessen. Was hast Du dir als erstes, als nächstes und als langfristiges Ziel so vorgenommen?

Bei uns sind es eigentlich 365 Tage, denn dann findet der nächste Rudertag statt. Korrektur: es sind 60 Tage weniger, denn zwei Monate vorher ist Antragsfrist. In dieser knappen Zeit müssen wir die Strukturreformen voranbringen, erste inhaltliche Auseinandersetzungen abhaken und tief in die Satzungsänderungen reingehen. Wir haben somit durch den Rudertag 2022 ein enges, vorgegebenes Zeitfenster. Aber wir wollen ja auch die Strukturreform, also müssen wir uns dafür jetzt richtig reinhängen. Dabei hilft und unterstützt uns enorm unser neues Präsidiumsmitglied Martina Schott mit ihrem beruflichen Hintergrund aus der Organisationsentwicklung.

4) Du bist nicht nur Stellvertreterin, Du hast nun auch das Ressort Leistungssport unter Dir: ein Bereich, der besonders stark im Fokus steht. Dein Start als Neue im Vorstand ist zudem besonders anspruchsvoll: Olympia ist nur 3 statt 4 Jahre weit weg und Christian Felkel will doch nicht Chef-Bundestrainer sein – wie gehst Du mit dieser Situation um?

Alle beim Rudertag zur Abstimmung gebrachten Anträge des Präsidiums sind angenommen worden. Damit hat nur ein Vorstandsmitglied einen fest zugeschriebenen Bereich, nämlich Torsten Gorski für den Bereich Finanzen, ansonsten sind die Ressorts frei. Leitung, Geschäftsführung, Personalangelegenheiten und Dienstaufsicht für den Bereich Leistungssport sind ausschließlich den Sportdirektor übertragen worden.

Aber natürlich hat uns diese Nachricht kalt erwischt: frisch im Amt und eine Woche später ist der Cheftrainer weg. Es wird intensiv nach Lösungen gesucht, damit die Trainerinnen und Trainer wieder ins Arbeiten kommen: Sportler und Sportlerinnen zu befähigen, Boote schnell über’s Wasser fahren zu lassen. Wir müssen zügig wieder zu inhaltlichen Diskussionen kommen, statt über das Personal zu diskutieren. Das alles liegt nun in den professionellen Händen von Sportdirektor und Trainerrat. Wir werden zwar informiert, aber ich mische mich nicht in diese Diskussionen und Besetzungsthemen ein. Denn das gehört zur Professionalisierung und zur Trennung von Ehren- und Hauptamt, die wir wollen und beschlossen haben: informiert werden ja, reinreden nein.

5) Kritiker könnten sagen, dass mit Petri, Gorski und Dir „alte DRV-Hasen“ am Ruder sind. Warum glaubst Du, steht Ihr dennoch aus Deiner Sicht für Aufbruch und Veränderung?

Ja, das habe ich auch schon das ein oder andere Mal gehört, finde das aber nur mäßig relevant. Unsere Vorstandskonstellation ist neu und wir müssen auch erstmal rausfinden, wie wir zusammenarbeiten. Wir befinden uns in einem Übergang, dafür brauchen wir sowohl neue als auch erfahrene „Hasen“. Das Besondere an dieser Reform ist ja, dass wir uns durch die geplante Verschiebung des §26 zum Hauptamt selbst entmachten. Diese Entmachtung muss man erst mal wollen! Eine Veränderung ist sicherlich auch, dass ich die erste Frau im Vorstand des DRV bin. Es hat über 130 Jahre gedauert, bis eine Frau eine Vorstandsrolle im Verband bekommt. Auf den Fotos des neuen Präsidiums sind immerhin zwei Frauen: Martina Schott und ich. Nichts, worauf wir als DRV stolz sein können, aber es ist ein Anfang. Mehr Frauen heißt erstmal einen kleinen Schritt in Richtung mehr Diversität. Mehr Diversität bringt unterschiedliche Denkweisen, was immer zielführend für das Erarbeiten von Lösungen ist. Ich hoffe, dass mein Beispiel mehr Frauen ermutigt, sich sowohl in Vereinen wie auch in Verbänden stärker in Führungspositionen zu engagieren!

Bisher erschienene Interviews: Tobias Weysters