25. Apr. 2023 | Nationalmannschaft | von Felix Kannengießer

„Es ist brutal schwierig für mich“

Laurits Follert gibt im Interview einen Einblick in die Geschichte seiner Bandscheiben-Verletzung, die ihn zum Saison-Aus gezwungen hat

Laurits Follert ist seit der Saison 2016/17 ein fester Bestandteil des Team Deutschland-Achter. Eigentlich ist der Duisburger eine Frohnatur durch und durch, doch momentan macht er schwierige Zeiten durch: Ein Bandscheibenvorfall hat ihn außer Gefecht gesetzt, weswegen er nun einen für September geplanten Teil der Ausbildung bei der Bundespolizei vorzieht, hinter diese Saison erstmal einen Haken setzt und für ein Comeback in der kommenden Saison arbeitet. Wie im Ruderboot ist Follert auch in der Reha ein Kämpfer und schaut schon wieder optimistisch nach vorne. Im Interview erzählt der 27-Jährige, wie es zu der Verletzung kam, wie seine Gefühlslage danach war, wie bislang die Reha verläuft und wann er wieder im Ruderboot sitzen will.

 

Wie ist die Geschichte hinter deiner Verletzung?

Laurits Follert: Nach dem zweiten Trainingslager in Lago Azul hatten wir einen Maximalkrafttest. Ich hatte mich eigentlich gut gefühlt, so fit wie lange nicht mehr. Die erste Übung ist gut gelaufen, dann kamen die Kniebeugen. Erst bin ich auch da gut reingekommen, aber als ich mich um fünf Kilogramm gesteigert habe, ging's plötzlich ganz schnell. Ich hatte das Gefühl, dass es unten im Rücken 'Knack' gemacht hat – da habe ich die Stange sofort fallen gelassen und bin in die Knie gegangen. Es war ein stechender Schmerz, der bis ins linke Bein ausgestrahlt hat, ich konnte kaum laufen. Ich wusste direkt, dass es nichts Muskuläres ist, sondern die Bandscheibe.

 

Wie hast du reagiert?

Follert: Es war ein Freitag, deswegen konnte ich am Stützpunkt Dortmund sofort zur Physiotherapie. Mir war eigentlich klar, dass es wahrscheinlich nicht geht, die Bandscheibe einfach so zurückzubiegen. Wir haben danach zwei bis drei Tage abgewartet und dann einen MRT-Termin gemacht, weil es nicht besser geworden ist. Nachdem ich in der Röhre war, hatte ich Gewissheit, der Arzt hat bestätigt, dass es ein Bandscheibenvorfall ist. Ich bin erstmal ruhig geblieben. Ich hatte mal eine Bandscheibenvorwölbung und wollte es wie damals irgendwie noch hinkriegen. Aber es war auch schnell klar, dass ich diesmal noch mehr dafür tun muss, weil die Bandscheibe sich deutlich weiter verschoben hatte. Ich war dann schnell mit Verbandsarzt Uli Kau in Kontakt. Er hat es sich angeschaut und mir eine Intensiv-Reha empfohlen, die ich bei Reha-Med in Freiburg bei Marco Bührer vom DRV absolviert habe.

 

Wie ist die erste Reha gelaufen?

Follert: Das war das beste Rundumpaket, was ich kriegen konnte. Die Behandlung bei Marco war top, dazu gab es eine Spritzentherapie und eine Wasserkur im Thermalbad direkt nebenan. Und im Haus war auch noch ein richtig guter Orthopäde. Insgesamt hat die Intensiv-Reha in Freiburg dreieinhalb Wochen gedauert und mir sehr gutgetan. Wir haben richtig reingeklotzt und alles gemacht, was ging.

 

Wieso hat es mit der Rückkehr ins Ruderboot nicht geklappt?

Follert: Wir mussten von Woche zu Woche schauen, ob es besser wird und wieder fürs Rudern reicht. Es war ziemlich schnell klar, dass ich Leipzig nicht schaffen kann, die Deutschen Kleinbootmeisterschaften kamen dann auch zu früh und irgendwann war das Zwischenziel die Großbootbildung Ende April in Hamburg. Der Druck war unheimlich groß, möglichst schnell wieder fit zu werden. Doch es wurde nicht besser – immer, wenn ich einen Schritt nach vorne gemacht habe, ging es danach wieder zwei Schritte zurück. Da ich habe dann auch jede Bewegung, jeden Schmerz in Frage gestellt.

 

Wie fiel die Entscheidung, wie es weitergeht?

Follert: Irgendwann war ich an einem Punkt angelangt, an dem es so nicht weiterging. Ich habe mich dann mit Bundestrainerin Sabine Tschäge am Stützpunkt in Dortmund getroffen und sie hatte zum Glück eine glorreiche Idee: Ich sollte die Zeit nutzen, die ich für die Reha brauche, um meine Ausbildung bei der Bundespolizei weiterzumachen. Eigentlich war das im September für drei Monate geplant, jetzt haben wir es auf April vorgezogen. Als die Entscheidung gefallen war, ging es ganz schnell. Einen Tag später saß ich im Auto Richtung Bad Endorf und hatte wieder die Uniform an.

 

Wie hast du das Ganze verarbeitet?

Follert: Mit der Entscheidung war klar, dass diese Saison für mich gelaufen ist. Das ist brutal schwierig für mich. Ich bin generell sowieso einer, der nicht gut damit zurechtkommt, verletzt zu sein: Ich will immer sofort loslegen und muss von anderen gebremst werden. Jetzt so die Kollegen zu sehen und auch meinen Zweierpartner Max John in gewisser Weise im Stich gelassen zu haben, das tut schon weh – zumal wir richtig gut im Saft waren. Mich ärgert es, dass ich dem Team nicht helfen kann, wo es jetzt so wichtig wäre mit der Olympia-Qualifikation. Ich wurde einfach so rausgerissen.

 

Wie ist der Kontakt mit den Ruderkollegen?

Follert: Ich will so viel bei der Mannschaft dabei sein, wie es geht, und verfolge natürlich alles. Ich bin auch fast täglich telefonisch mit Max John in Kontakt und regelmäßig mit Sabine Tschäge – da ist es ein Vorteil, dass wir uns seit über zehn Jahren kennen.

 

Wie läuft die Reha aktuell?

Follert: Ich werde hart an meinem Comeback arbeiten. Der größte Vorteil ist, dass der Druck jetzt weg ist. Die Reha setze ich in Bad Endorf fort, die Übergabe hat funktioniert, ich arbeite auch hier gut mit den Physios. Alles läuft aktuell nach Plan, ich bin voll im Soll. Meine Körperhaltung ist viel besser geworden und die Schmerzen aus dem Bein sind raus. Im Alltag bin ich relativ schmerzfrei. Vor zwei Wochen war ich auch erstmals wieder kurz auf dem Ergo und letzte Woche knapp 30 Minuten, da habe ich mich auf jeden Fall schon etwas sicherer gefühlt. Auf dem Rad kann ich wieder voll belasten – das ging anfangs gar nicht, da konnte ich weder sitzen, stehen noch liegen.

 

Wie schaust du nach vorne?

Follert: Es wird wahrscheinlich die längste Zeit der letzten Jahre, die ich nicht im Ruderboot sitzen werde, aber ich will das Beste daraus machen und den Spagat zwischen Reha und Ausbildung hinkriegen. In fünf bis sechs Wochen will ich den Rücken stabilisiert haben, damit ich wieder ruderspezifisch arbeiten und ins Boot steigen kann. Da liegt das Hauptaugenmerk drauf. Meine Ausbildung läuft bis zum 21. Juli, das ist der Freitag, bevor das Team ins Trainingslager nach Völkermarkt fährt. Wenn ich zu dem Zeitpunkt schon so weit bin, würde ich gerne dabei sein, um dann endlich wieder vernünftig mit den Jungs zu trainieren.

 

Wie läuft denn deine Ausbildung aktuell?

Follert: In Bad Endorf habe ich das gleiche Programm, das ich im September in Kienbaum gehabt hätte, nur dass ich hier gemeinsam mit den Wintersportlern zusammen bin. Jetzt stehen für mich erstmals Praktika an: Ich bin zwei Wochen auf dem Flughafen in München im Einsatz und danach am Bahnhof in Rosenheim. Wenn ich den Ausbildungsblock hinter mich gebracht habe, dann habe ich das dritte Jahr abgeschlossen. Nach Olympia muss ich dann nochmal vier Monate machen, dann bin ich fertig mit der Ausbildung.

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