Zum Tod von Peter-Michael Kolbe: Eine Legende des deutschen Sports
Der Deutsche Ruderverband trauert um Peter-Michael Kolbe, einen seiner erfolgreichsten Ruderer und eine Legende des deutschen Sports. Der 70-Jährige starb am Freitag nach schwerer Krankheit in einem Pflegeheim in Lübeck. Kolbe wurde zwischen 1975 und 1986 fünfmal Weltmeister im Einer und holte bei Olympischen Spielen dreimal Silber.
Aufgewachsen in Hamburg kam er schon früh zum Rudersport, den er beim Hammerdeicher RV erlernte und für seinen Verein in seiner Jugend viele Erfolge erzielte. Neben seiner Berufsausbildung zum Fernmeldemonteur fand er immer die Zeit für den Leistungssport und erzielte hauptsächlich im Einer zahllose Erfolge auf nationaler Ebene. So war es nicht verwunderlich, dass er schließlich 1975 seinen ersten Weltmeistertitel im Männer-Einer gewann. Diese Leistung wurde im selben Jahr mit der Auszeichnung zum Sportler des Jahres belohnt, eine Ehre, die außer ihm noch keinem weiteren Einzelruderer zuteil wurde.
In den Folgejahren verstand Kolbe es, Privatleben und Leistungssport unter einen Hut zu bringen. Aber auch in Riemenbooten war P.M.K. erfolgreich. Diesen Einsatz schob er gewissermaßen in sein Einertraining ein. 1974 gewann er (u.a. mit Johann Färber) im 4+ Bronze auf der WM. 1978 wurde er im 8+, 1979 im 4- Deutscher Meister.
Der Liebe wegen nach Norwegen
Der Liebe wegen zog er nach Norwegen, kam noch einmal zurück und begann eine weitere Ausbildung in Hamburg, um 1982 dauerhaft mit seiner norwegischen Frau und seinem Sohn nach Oslo zu ziehen.
Trotz seiner Auswanderung blieb er dem DRV treu und startete weiterhin für Deutschland im Einer. Es folgten in den Jahren 1978, 1981, 1983 und 1986 vier weitere Weltmeistertitel in dieser Bootsklasse.
Legendäre Duelle mit Karppinen
Natürlich startete er in „seiner“ Bootsklasse auch bei Olympischen Spielen. 1976 und 1984 musste er sich im Finale dem Finnen Pertti Karppinen geschlagen geben, im Jahr 1980 war ihm die Teilnahme durch den Olympiaboykott verwehrt. Nach dem überraschenden Ausscheiden des Finnen im Halbfinale sahen die Ruderfans der Bundesrepublik 1988 die Stunde ihres Helden gekommen, jedoch stieg ein weiterer deutscher Stern am Ruderhimmel auf. Thomas Lange gewann in Seoul das olympische Finale für die DDR und es blieb Peter-Michael Kolbe erneut „nur“ die Silbermedaille. (In einer früheren Version des Textes hieß es fälschlich, Karppinen sei zurückgetreten gewesen. Das wurde korrigiert.) Drei Olympiateilnahmen mit drei Silbermedaillen – ein mehr als beachtlicher Erfolg, der zu Unrecht durch den Makel als „ewiger Zweiter“ beschattet wurde.
Kontroverse Diskussionen zum Thema Doping löste im Jahr 1976 die sogenannte „Kolbe-Spritze“ aus, eine „Vitaminspritze“, bestehend aus legalen Inhaltsstoffen, die Kolbe vor dem Endlauf der Olympischen Spiele gegen Erkältungsanzeichen bekam. Als er nach anfänglicher Führung gegen den noch unbekannten Karppinen verlor, sahen einige den Grund in der Verabreichung des Medikaments. Nicht nur die verantwortlichen Sportmediziner, auch der Weltruderverband genehmigte die Zulassung des Mittels und bestätigte, dass es sich nicht um eine verbotene Manipulation handelte. Auch Jahre später störte sich Kolbe daran, dass die Spritze mit seinem Namen und Doping in Verbindung gebracht wurde.
Vier Jahre Sportdirektor des DRV
Im Frühjahr 1989 beendete Peter-Michael Kolbe seine leistungssportliche Laufbahn, begleitet in vielen Jahren von Jürgen Düse, einem echten Hamburger wie P.M.K. selbst. Als Athlet war er als kritischer Geist bekannt, der keiner Diskussion mit den Funktionären des Verbandes aus dem Weg ging, manchmal aber auch eigenbrötlerisch einer eigenen Spur folgend. 1990 wechselte er dann die Seiten und war bis zum Jahr 1994 als Sportdirektor des Deutschen Ruderverbandes tätig. In diese Zeit fiel die Wiedervereinigung der beiden deutschen Ruderverbände und die Zusammenführung zweier unterschiedlicher Leistungssportsysteme - eine schwierige Zeit, in der er sich mit teilweise umstrittenen Entscheidungen nicht nur Freunde machte, die aus seiner Sicht jedoch zwingend notwendig waren und die Zusammenführung beider Verbände unterstützten. Das Ergebnis der Olympischen Spiele 1992 machte es deutlich.
Nach dem Ende seiner ersten Ehe kehrte Kolbe im Jahr 2005 dauerhaft nach Deutschland zurück und lebte zunächst in Hamburg. Er heiratete 2011 seine ehemalige Nationalmannschaftskameradin Karin Kaschke und zog mit ihr nach Lübeck.
Im Jahr 2016 wurde Peter-Michael Kolbe nach vielen weiteren Auszeichnungen eine ganz besondere Ehre zuteil. Er wurde in die „Hall of Fame des deutschen Sports“ aufgenommen, in der neben ihm mit Karl Adam, Dr. Thomas Lange, Gustav Schäfer und Prof. Dr. Dr. Hans Lenk nur vier weitere Ruderer einen Platz gefunden haben.
Auf dem Rad verunglückt
In Lübeck fand Peter Michael Kolbe natürlich beim Lübecker Ruder Klub eine neue Ruderheimat, die er gern nutzte. Aber auch im Kanuclub ganz in der Nähe stieg er öfter ins Boot! Die Stiftung Deutsche Sporthilfe ermöglichte ihm ein gutes Rennrad, das er immer öfter mit Einer und Kanu tauschte. Leider wurde er auf einer seiner Touren durch Lübeck von einem Auto erfasst und schwer verletzt ins Krankenhaus gebracht. Davon erholte er sich trotz fürsorglicher Betreuung eines Ruderfreundes nicht mehr.
Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte Peter-Michael Kolbe krankheitsbedingt sehr zurückgezogen in Lübeck, wo er nun im Alter von 70 Jahren verstarb.
Wir behalten Peter-Michael Kolbe als einen ein wenig störrischen Hanseaten mit trockenem Humor, eigenem Willen und lebenslanger Liebe zum Boot in Erinnerung und gedenken seiner mit großer Wertschätzung. Wir werden ihn nicht vergessen.