27. Apr. 2024 | Nationalmannschaft | von Hans Strauss

Samstag bringt die ersten vier EM-Medaillen für den DRV

EM-Silber für den Deutschland-Achter: Die Leistung im Finale stimmt optimistisch für die nächsten Wochen. Foto: meinruderbild
EM-Bronze für den Frauen-Doppelvierer: Maren Völz, Lisa Gutfleisch, Leonie Menzel und Pia Greiten (von links) zeigten Biss im Finale. Foto: meinruderbild
EM-Silber für Manuela Diening im Para-Einer: Erneut eine starke Fahrt. Foto: meinruderbild
EM-Silber für Hermine Krumbein und Jan Helmich im Mixed-Doppelzweier PR2: Allen Widrigkeiten getrotzt. Foto: meinruderbild
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Drei Mal Silber, ein Mal Bronze: Vier Medaillen holte das Aufgebot des Deutschen Ruderverbandes am ersten Finaltag der Europameisterschaft im ungarischen Szeged (27. April 2024). Damit fällt das Team-Ergebnis schon vor dem Schlusstag mit guten Chancen für weitere DRV-Boote besser aus als bei der letzten EM vor elf Monaten in Bled (Slowenien), als drei Mal Edelmetall herausgesprungen war. Der Deutschland-Achter holte am Samstag EM-Silber, der Frauen-Doppelvierer erkämpfte Bronze. Im Para-Bereich freuten sich Manuela Diening im Frauen Einer PR1 sowie Hermine Krumbein und Jan Helmich im Mixed-Doppelvierer PR3 jeweils über Silber. Teilweise böiger Gegenwind erschwerte die Bedingungen am dritten EM-Tag erheblich. Für den Schlusstag am Sonntag ist noch mehr Wind vorhergesagt.

Deutschland-Achter zeigt, was er kann

Es war eine Leistung, die positiv in die nächsten Wochen schauen lässt: EM-Silber holte der Deutschland-Achter nach einer guten Fahrt im Finale und hielt zudem den Rückstand auf den großen Favoriten Großbritannien, der sich den nächsten Titel holte, mit 2,33 Sekunden so knapp wie schon länger nicht mehr. Nur in der Startphase des Rennens lagen die Rumänen auf Platz zwei vor dem deutschen Flaggschiff auf, das jedoch schon kurz nach der 500-Meter-Marke an ihnen vorbeizog. Bei 1500 Metern war der DRV-Achter sogar bis auf eine halbe Sekunde an den führenden Briten dran, doch dann gingen im vollen Wind auf Bahn 1 die Körner aus und die auf der anderen Seite mit viel weniger Wind fahrenden Rumänen kamen noch einmal auf – jedoch nicht vorbei. Vize-Europameister - Benedict Eggeling, Laurits Follert, Olaf Roggensack, Mattes Schönherr, Max John, Torben Johannesen, Wolf-Niclas Schröder, Hannes Ocik und Steuermann Jonas Wiesen (RC Favorite Hammonia, Crefelder RC, RC Tegel, RC Potsdam, ORC Rostock, RC Favorite Hammonia, RU Arkona Berlin, Schweriner RG, RG Treis-Karden) waren richtig glücklich darüber.

„Das war die Leistung, die ich sehen wollte, und von der ich wusste, dass sie die auch bringen können“, sagte Bundestrainerin Sabine Tschäge erleichtert. „Das müssen wir allerdings stabilisieren. Jetzt können mal wir drei Tage Luft holen, dann müssen wir die Zeit bis zum Weltcup in Luzern nutzen. Dort werden wir gegen die wahrscheinlich komplette Weltspitze sehen, wie unsere Perspektiven für Paris sind.“

„Das Bahnverteilungsrennen hat uns wachgerüttelt und uns gezeigt, in welchen Punkten wir hart zu uns selbst sein müssen“, sagte Schlagmann Hannes Ocik. „Der Gegenwind hat es auch nötig gemacht, dass wir noch einmal einen Schritt aufeinander zugehen. Die schwierige Außenbahn hat uns meines Erachtens sogar gutgetan, weil wir unser Ding machen konnten. Ich bin sehr zufrieden, wie wir uns in den drei Tagen entwickelt haben. Das macht erst mal Bock, nächste Woche wieder ins Training zu gehen und dann für Luzern.“   

Frauen-Doppelvierer bügelt Start noch aus

Der Frauen-Doppelvierer steckte nach einem missglückten Start nicht auf und holte sich in einem turbulenten Finale mit vielen Positionsverschiebungen die Bronze-Medaille. Maren Völz, Lisa Gutfleisch, Leonie Menzel und Pia Greiten (RC Potsdam, Heidelberger RK, RC Germania Düsseldorf, Osnabrücker RV) waren glücklich, dass sie noch den Sprung aufs Treppchen geschafft hatten. Von Rang sechs nach den ersten 500 Metern arbeitete sich das DRV-Quartett stetig nach vorne. Kurz nach der 1500-Meter-Marke gelang vorbei an der Schweiz der Sprung auf Platz drei. Am Ende gab es ein Foto-Finish, denn auf der Außenbahn war Frankreich noch auf 14 Hundertstelsekunden an die Deutschen herangekommen, die jedoch ihren dritten Rang vom Weltcup in Varese wiederholen konnten. EM-Gold holte Weltmeister Großbritannien, der die in Varese siegreichen Ukraine noch abfing. Auf Platz 5 rutschte die auf den ersten 1000 Metern starke Schweiz ab, Sechster wurde Rumänien. Bundestrainer Marcin Wikowski störte der große Rückstand auf die Britinnen, aber natürlich war er froh, dass die Mannschaft trotzdem noch Bronze erkämpfte.

„Wir hatten uns vorgenommen, beim Start an Großbritannien dranzubleiben. Das ist uns heute nicht gelungen. Der Weltmeister ist aber der Maßstab, wenn wir in Paris eine Medaille holen wollen. Umso besser, dass wir weiter an uns geglaubt haben und um jeden Platz gekämpft haben und wirklich noch die Medaille aus dem See gefischt haben“, sagte Pia Greiten, die anstelle der in Rekonvaleszenz nach einem Ermüdungsbruch noch länger fehlenden Tabea Schendekehl auf Schlag rudert. „Ich denke, Tabea freut sich auch sehr über unseren Erfolg. In Gedanken ist sie immer dabei, wir sind ein Fünfer-Team“.

Gaus/Leerkamp halten Rückstand knapp

Alle ihre Gegner am Samstag waren schon für die Olympischen Spiele qualifiziert, der Leichtgewichts-Doppelzweier ist es aber noch nicht. Nach dem sechsten und letzten Platz von Arno Gaus und Paul Leerkamp (Bonner RG, Osnabrücker RV) im A-Finale bleibt es fraglich, ob das Boot in dieser jungen Besetzung zur finalen Qualifikation in Luzern geschickt wird. Möglich ist auch die Rückkehr von Routinier Jonathan Rommelmann. Eine Entscheidung dürfte nächste Woche fallen. Gaus/Leerkamp gerieten von Beginn an ins Hintertreffen, die Konkurrenten waren einfach zu stark. Sie zogen noch einen Endspurt an, der Rückstand auf den Viertplatzierten Tschechien war mit rund 1,4 Sekunden erträglich. Europameister wurde die favorisierte Schweiz vor Italien und Norwegen.

Zeidler gewinnt großes Duell mit Ntouskos 

Ein faszinierendes Duell zwischen Oliver Zeidler und Stefanos Ntouskos drückte dem ersten Lauf im Halbfinale des Männer-Einers seinen Stempel auf. Zeidler gelang ein Start-Ziel-Sieg, aber der war gegen den griechischen Olympia-Sieger auf der Nachbarbahn bei starkem Gegenwind mit enormer Anstrengung verbunden und hart erarbeitet. Zeidlers Zeit lag um fast 40 Sekunden über der Zeit des Vorlaufes bei Windstille. Beide distanzierten die restliche Konkurrenz frühzeitig, aber die pure Qualifikation für das A-Finale reichte beiden nicht. Immer wieder gab es Attacken und Gegenreaktionen. Mehr als auf eine Bootslänge ließ Zeidler den Griechen bis ins Ziel nicht herankommen. „Olli ist sehr gut zurechtgekommen und sehr sauber über die Strecke gegangen. Wir hatten vor, beim Start wie immer vorzulegen, aber uns das Rennen gut einzuteilen. Das hat er sehr gut gemacht“, sagte Trainer Heino Zeidler. Sein Sohn und Ntouskos dürften auch EM-Gold am Sonntag im Finale bei womöglich noch mehr Wind unter sich ausmachen. Ihre Gegner sind Sverri Nielsen (Dänemark), George Bourne (Großbritannien), Giedrius Bieleauskas (Litauen) und der Weißrusse Yauheni Zalati (Neutral).

Gelsen/Weber greifen nach Medaille

Eine überzeugende Vorstellung bot der Männer-Doppelzweier im ersten Lauf des EM-Halbfinales. Jonas Gelsen und Marc Weber hatten seit dem Vorlauf zwar am Start gearbeitet, nach 500 Metern lagen sie aber schon über drei Sekunden hinter Mitfavorit Italien zurück. „Wir sind bei den schweren Bedingungen mit böigem Gegenwind anfangs etwas taktisch gefahren, das Rennen dauert ja um einiges länger“, erläuterte Trainer Ralf Hollmann. Bei Hälfte der Strecke hatten seine Schützlinge den Rückstand auf zwei Sekunden verkürzt, dann aber ging bei ihnen richtig die Post ab. Kurz vor der 1500-Meter-Marke überholten sie mit Italien und legten schnell Wasser zwischen sich und den Konkurrenten. Im Ziel hatten beide fast drei Sekunden Vorsprung. Als Drittplatzierter qualifizierte sich auch Norwegen für das A-Finale am Sonntag. „Wir sind natürlich mehr als zufrieden, weil es auf den zweiten 1000 Metern wieder sehr souverän war. Wir haben Italien geschlagen, das sorgt für eine bessere Bahn im Finale, nun fahren wir wie geplant um die Medaillen“, sagte Hollmann. Und es wäre keine Überraschung mehr, sollte der große Coup gelingen.

B-Finale wartet auf Hinrichs/Kamann

Für Mark Hinrichs und Marc Kamann war der zweite Lauf des EM-Halbfinales im Zweier ohne die erwartet schwere Aufgabe. Im illustren Feld wollte das Boot mit den beiden Riemen-Reservisten nach Möglichkeit Tschechien hinter sich lassen. Das gelang bis kurz vor der 1000 Meter-Marke, dann verwiesen die Tschechen das DRV-Boot auf den sechsten und letzten Platz. Hinrichs/Kamann versuchten noch einmal erfolglos heranzukommen, sparten angesichts der schweren Bedingungen dann aber liebe ihre Körner für das B-Finale am Sonntag (9.43 Uhr).

Großer Tag für den Para-Bereich

„Ein erfreulicher Tag für den Para-Bereich“, sagte Cheftrainer Marc Stallberg. „Einziger Wermutstropfen ist, dass Marcus Klemp hier nicht seine Leistung zeigen konnte. Sein Trainingsrückstand ist einfach zu groß. Er muss jetzt langsam für Paris aufgebaut werden und dann hoffen wir, dass er an das vergangene Jahr anknüpfen kann. Manuela Diening ist ein überragendes Rennen gefahren und hat ihr Ding stur durchgezogen. Das wurde mit Silber belohnt. Ich bin sehr stolz auf sie und ihren Heimtrainer Sebastian Fuchs. Die große Überraschung waren Hermine Krumbein und Jan Helmich im PR3-Mixed-Zweier mit ebenfalls Silber. Das hätte ich nicht für möglich gehalten, da das Training unter keinen Vorzeichen stand und der Start im Finale fraglich war, weil Hermine angeschlagen ist. Aber sie ist eine große Fighterin. Wir sind uns alle drei einig, dass es noch technische Reserven gibt, an denen wir arbeiten werden.“

Diening in großer Form

Para-Ruderin Manuela Diening (RV Münster) sorgte für die erste DRV-Medaille bei diesen Europameisterschaften. Im PR1-Einer der Frauen holte sie hinter der Norwegerin Birgit Skarstein, der sie im Ziel nur eine Bootslänge Vorsprung ließ, zum zweiten Mal nach 2022 in München eine EM-Silbermedaille. Ihre gute Verfassung hatte die 32-Jährige bereits im Bahnverteilungsrennen gezeigt, als sie den zweiten Platz belegt hatte und sogar erstmals vor der Para-Ikone Skarstein ins Ziel gekommen war. Im Finale war Skarstein jedoch wieder gewohnt unantastbar und ließ sich vom Blitzstart der später nur viertplatzierten Israelin Moran Samuel nicht beeindrucken. Diening ließ es am Anfang erneut langsam angehen und lag nach den ersten 500 Metern auf dem sechsten und letzten Rang. Kurz nach der 1000-Meter-Marke hatte sie sich aber schon auf den Bronze-Rang vorgearbeitet und attackierte bei 1500 Metern auch die nun führende Skarstein. Weiter ging es nicht nach vorne, aber Dienings Einstieg in die paralympische Saison war dennoch äußerst vielversprechend. „Das war ein typischer Rennverlauf von mir. Jeder weiß, dass der Start absolut nicht mein Ding ist. Ich werde das irgendwann nach der EM üben“, versprach Diening schmunzelnd. Über ihre Aussichten bei den Paralympics zu sprechen, hält sie für verfrüht: „Bis Paris sind es noch vier Monate, die Konkurrenz schläft nicht, es kann sich noch einiges bei mir als auch bei den anderen Ruderinnen ändern. Von daher kann man dazu noch gar nichts sagen.“

Krumbein/Helmich trotzen den Umständen 

Der PR3 Mixed-Zweier holte überraschend ebenfalls Silber. Die angeschlagene Hermine Krumbein und Jan Helmich (RK Normannia Braunschweig, RC Hansa Dortmund) hatten im Vier-Boote-Feld die dem Wind ausgesetzteste Bahn. Auf den zweiten 1000 Metern zeigten sie aber viel Biss und arbeiteten sich von Platz vier nach vorne, überholten Frankreich und die Ukraine. Im Ziel war nur Großbritannien vor dem deutschen Boot. „Wir hatten gar nichts von diesem Rennen erwartet, weil bis gestern Abend noch gar nicht feststand, ob wir starten können. Umso schöner ist dieses Ergebnis“, freute sich Jan Helmich. „Ich habe in den letzten Tagen mehr geschlafen als ich wach war, um heute so fit wie möglich zu starten“, sagte Hermine Krumbein. 

Klemps Trainingsrückstand zu groß 

Für Marcus Klemp (OR Rostock) war im Finale des Männer-Einers PR1 mit seinem Trainingsrückstand nichts zu holen. Anders als von ihm in Bestverfassung gewohnt, fuhr er dem Feld durchgehend hinterher und wurde Sechster. Europameister wurde der Ukrainer Roman Polanksyi.

Das bringt der EM-Sonntag

Sechs Finals mit deutscher Beteilung stehen am Schlusstag der WM auf dem Programm. Es könnte auch ein goldener Sonntag werden. Oliver Zeidler strebt im Finale des Männer-Einers (14.10 Uhr) seinen dritten EM-Titel an. Mit Jonas Gelsen und Marc Weber wird im Finale des Männer-Doppelzweiers zu rechnen sein (13.39 Uhr). Auch Alexandra Föster will im Frauen-Einer weit nach vorne fahren (13.54 Uhr). Im Frauen-Zweier ohne wollen Lena Sarassa und Hannah Reif eine gute Leistung zeigen (12.35 Uhr). Gleiches gilt auch für den Frauen-Achter, dessen Rennen die EM beschließt (14.25 Uhr). Im Para-Doppelzweier PR2 versuchen Jasmina Bier und Paul Umbach, zumindest Israel hinter sich zu lassen, um mit einem guten Gefühl in die Vorbereitung auf die Paralympics-Qualifikation zu gehen. Das ZDF und World Rowing streamen die Finals auf ihren Internetseiten. 

Events

Boote

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 6:25.18 4 . Platz
Finale A 7:03.53 4 . Platz

Vorlauf 2 7:21.36 3 . Platz
Hoffnungslauf 1 7:47.51 2 . Platz
Finale A 8:25.94 6 . Platz

Vorlauf 2 6:24.62 2 . Platz
Hoffnungslauf 2 6:43.27 1 . Platz
Finale A 6:46.63 3 . Platz

Vorlauf 1 7:29.92 1 . Platz
Finale A 8:28.16 2 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 5:35.02 4 . Platz
Finale A 5:55.23 2 . Platz

Vorlauf 3 6:39.35 4 . Platz
Hoffnungslauf 1 6:55.25 3 . Platz
Halbfinale A/B 2 7:27.18 6 . Platz
Finale B 7:31.78 6 . Platz

Vorlauf 2 6:11.22 1 . Platz
Halbfinale A/B 1 6:42.75 1 . Platz
Finale A 6:51.49 3 . Platz

Vorlauf 1 6:48.92 1 . Platz
Halbfinale A/B 1 7:27.84 1 . Platz
Finale A 7:38.47 1 . Platz

Vorlauf 1 6:33.79 3 . Platz
Hoffnungslauf 1 6:47.31 3 . Platz
Finale A 6:53.81 6 . Platz

Vorlauf 2 8:28.79 4 . Platz
Hoffnungslauf 1 8:54.71 4 . Platz
Finale A 9:28.60 2 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 8:28.49 4 . Platz
Finale A 7:56.99 2 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 9:55.72 2 . Platz
Finale A 10:55.67 2 . Platz

Vorlauf 2 9:33.59 2 . Platz
Hoffnungslauf 1 10:16.35 4 . Platz
Finale A 10:32.61 6 . Platz

Galerien