23. Mai 2024 | Nationalmannschaft | von Hans Strauss

Weltcup Luzern: Top-Boote des DRV treffen auf die Weltspitze

Rotsee im Regen: Starke Niederschläge am Donnerstagvormittag hielten viele Boote vom Wassertraining ab. Doch das Wetter wird sich beim Weltcup bessern. Foto: meinruderbild

Es regnete mal wieder im Luzerner Land. So ergiebig, dass fast alle Boote der Nationalmannschaft sich am Donnerstagvormittag die Fahrt zum Rotsee sparten und lieber im Hotel am Sempachersee indoor trainierten. Das Wetter soll nun besser werden, aber erst der Finaltag des zweiten Weltcups der Saison am Sonntag wird wohl richtig sonnig werden.  Wenige Tage nach der olympischen Nachqualifikation, die für den DRV ein enttäuschendes Ergebnis brachte, sind bis auf den Männer-Doppelzweier, der eine andere Planung verfolgt, nun die deutschen Top-Boote in Luzern am Start.

Für die beiden Einer, die beiden Doppelvierer und den Deutschland-Achter wird die Rotsee-Regatta angesichts der weitgehend versammelten Weltspitze zu einer aussagekräftigen Formüberprüfung auf dem nicht mehr allzu langen Weg zu den Olympischen Spielen. „Wir müssen angreifen, trotz der starken Konkurrenz und einiger Ersatzpositionen. Luzern hat absolut Aussagekraft hinsichtlich unserer Aussichten für Paris“, sagte Cheftrainerin Brigitte Bielig. 

Zeidler misst sich mit allen Herausforderern

Für Oliver Zeidler, den großen Dominator im Männer-Einer, zählt nach eigener Aussage in diesem Jahr nur ein Rennen wirklich: das olympische Finale im Männer-Einer am 3. August, morgens um 10.30 Uhr in Vaires-sur-Marne. Die Gegnerschaft des amtierenden Weltmeisters wird dann kaum viel anders aussehen als in Luzern, wo Zeidler erstmals 2024 sein komplettes Herausforderer-Quartett in einer Regatta trifft: den WM-Zweiten Simon Van Dorp (Niederlande), den WM-Dritten Tom Mackintosh (Neuseeland), den WM-Vierten und letzten Olympiasieger Stefanos Ntouskos (Griechenland), sowie den WM-Fünften Sverri Nielsen (Dänemark).

Zeidler ist gesundheitlich fit, hat seit dem EM-Sieg in Szeged fleißig trainiert, aber ob er alles daransetzen wird, ein weiteres Zeichen zu setzen, um den Nimbus der Ungeschlagenheit mit nach Paris zu nehmen, ist offen. „Wir wollen jedes Rennen gewinnen, uns von Rennen zu Rennen steigern und auch im Vorlauf und Viertelfinale etwas ausprobieren. Zum Beispiel etwas langsamer losfahren“, verrät Trainer Heino Zeidler. „Ob wir im Finale alles auf den Tisch legen, lassen wir aktuell noch offen.“

Den dritten Weltcup in Poznan (Polen) wird Oliver auslassen und bis zu den Spielen nur noch die Henley-Regatta bestreiten, die er nach drei Siegen in Folge schon als sein Wohnzimmer betrachtet.  

Föster trifft die Elite im Frauen-Einer 

Im Frauen-Einer ist das Meldeergebnis ähnlich beeindruckend. Fünf der sechs Frauen, die im letzten September in Belgrad das A-Finale der Weltmeisterschaft bestritten, sind am Start: Karolien Florijn (Niederlande), die seit zwei Jahren kein Rennen mehr verloren hat, die WM-Zweite und letzte Olympiasiegerin Emma Twigg (Neuseeland), die WM-Dritte Tara Rigney (Australien), Klara Kohler (WM-4., USA) und Viktoria Senkute (WM-6., Litauen). Nur Desislava Angelova (Bulgarien) lässt Luzern aus. Dort hat Alexandra Föster vor zwei Jahren mit ihrem Sieg zum ersten Mal im A-Bereich auf sich aufmerksam gemacht. Natürlich würde sich die EM-Zweite gerne in die Phalanx der Top-Athletinnen schieben. Aber Fösters Trainer Bastian Kleinsorgen will keinerlei Ansagen machen: „Wir haben zu viele Gegnerinnen, die wir seit fast einem Jahr nicht mehr gesehen haben. Dazu kommen Gegnerinnen, die wir noch gar nicht im Einer gesehen haben. Wir werden mal schauen, was so passiert. Der Fokus liegt auf Paris, Luzern ist dabei nur eine schöne Abwechslung zum Training.“

Am Start ist auch die aus Rostock stammende und für die Schweiz rudernde Aurelia-Maxima Janzen, die sich in der Nachquali gerade für Olympia qualifiziert hat.

Beide Doppelvierer warten weiter auf Rückkehrer

Die beiden deutschen Doppelvierer haben ein gemeinsames Problem. Sie mussten in der Vorbereitung auf die Olympischen Spiele auf der Schlagposition umdisponieren. Bei den Männern fällt Moritz Wolff weiter aus, die Frauen müssen immer noch auf Tabea Schendekehl verzichten. Wolff ist nach einer Mandeloperation, die gut verlaufen ist, gerade wieder ins lockere Training eingestiegen. In Luzern wird er wieder von Julius Rommelmann auf der Schlagposition vertreten. Da Tim-Ole Naske beim Weltcup-Auftakt in Varese (6. Platz) ausgefallen war, fährt der Männer-Doppelvierer in Luzern erstmals in der derzeit bestmöglichen Besetzung. Die EM hatte das Boot ausgelassen. Das Feld ist mit sechs Booten sehr klein, aber erlesen, und entspricht exakt der Besetzung des letztjährigen WM-Finales. Weltmeister Niederlande, Europameister Italien, Großbritannien, Polen und die Schweiz sind neben dem damals sechstplatzierten DRV-Boot am Start. „Diesmal gibt es leider nur einen scharfen Versuch. Unser Ziel ist es, vor der Schweiz ins Ziel zu kommen“, sagt Bundestrainer Dirk Brockmann. Wie es weiter geht? Brockmann: „Unser Fünfer-Kreis mit Moritz Wolff bleibt bestehen. Wer wann im Boot sitzt, kann ich noch nicht sagen.“

Neue Skulls für Greiten & Co.

Einiges ausprobiert hat Bundestrainer Marcin Witkowski seit der EM mit dem Frauen-Doppelvierer. Am Ende sind es aber nur neue Skulls geworden. Tabea Schendekehl trainiert nach ihrem Rippenbruch schon wieder, muss aber für volle Belastung noch auf das ärztliche „Go“ warten. Die Hoffnung ist, dass sie beim dritten Weltcup in Poznan wieder ins Boot zurückkehren kann. In Luzern wird sie weiter von Pia Greiten am Schlag vertreten. In dieser Besetzung wurde EM-Bronze in Szeged errudert und Rang drei auch beim ersten Weltcup in Varese. Die Gegnerschaft ist klein, aber extrem herausfordernd:  Welt- und Europameister Großbritannien, Niederlande (WM-2.), China (WM-3. und letzter Olympiasieger), Australien (WM-5.) und Schweiz. Das Bahnverteilungsrennen am Freitag wird zeigen, ob sich das Ziel darauf beschränken muss, die Schweiz hinter sich zu lassen. 

Vier Top-Gegner für den Männer-Achter

Der Deutschland-Achter sammelte mit Silber bei der EM hinter Großbritannien neues Selbstvertrauen. In den drei Wochen seitdem gab es „eine gute Vorbereitung“ (Bundestrainerin Sabine Tschäge) auf Luzern. Die vier Gegner dort sind erlesen. „Das Feld verdichtet sich“, sagte Tschäge. Welt- und Europameister Großbritannien ist seit Jahren fast unbesiegbar und der große Goldfavorit für Paris. Der Achter der Niederlande, der bei der EM gefehlt hatte, ist fast immer auf Platz zwei abonniert. Erstmals in Europa lässt sich der letztjährige WM-Dritte Australien sehen. Das zweite Turnier innerhalb weniger Tage bestreiten die USA, denn nach dem sechsten WM-Platz hinter dem deutschen Boot mussten die US-Boys in der Nachquali nachsitzen und lösten das mit einem souveränen Sieg. Für den deutschen Achter gibt es also eine echte Standortbestimmung.

Ersatzleute greifen ins Renngeschehen ein

Auch die deutschen Ersatzleute greifen in Luzern ins Renngeschehen ein. Zweiter Teilnehmer im Männer-Einer ist Paul Berghoff. Der deutsche Kleinboot-Meister trainiert nun am Stützpunkt in Hamburg, hat sich gut entwickelt, und freut sich sehr auf sein Debüt auf der Weltcup-Bühne.  Die zweite DRV-Starterin im Frauen-Einer ist Juliane Faralisch. Sie war schon beim ersten Weltcup in Varese am Start und wurde hinter Föster (Zweite) respektable Vierte. Im Männer-Zweier sind Mark Hinrichs und Marc Kammann, die Riemen-Ersatzleute, am Start. Im leichten Männer-Einer will Arno Gaus erneut angreifen. Beim Weltcup in Varese hatte er den zweiten Platz geholt.

Im Leichtgewichts-Doppelzweier der Männer gibt es für Nikita Mohr und Finn Wolter zum zweiten Mal einen Weltcup-Start. Die letztjährigen U23-Weltmeister hatten in Varese bereits den fünften Platz errudert. Nun können sie sich mit Größen wie Weltmeister und Olympiasieger Irland und dem WM-Zweiten Schweiz messen.

Diening kann volles Programm rudern

Das Para-Rudern gehört erstmals zum Programm auf den Rotsee, nachdem es im letzten Jahr Testwettkämpfe gegeben hatte, um sich auf die besonderen Erfordernisse einstellen zu können. Am Start sind zwei deutsche Boote. Manuela Diening im PR1 Frauen-Einer freut sich darauf, in Vorbereitung auf die so strukturierten Paralympics ein komplettes Programm mit Vorlauf, eventuellem Hoffnungslauf und Finale absolvieren zu können. Bei sieben Starterinnen ist das möglich. Bei der EM war nur Birgit Skarstein vor ihr gewesen. Nach einer guten Vorbereitung in Rostock hoffen Diening und Trainer Sebastian Fuchs erneut auf ein sehr gutes Ergebnis. 

Umbesetzung im PR3-Doppelzweier

Im PR3-Mixed-Doppelzweier ist Cheftrainer Marc Stallberg, der das Boot selbst betreut, gespannt, wie sich die bei der Vorbereitung in Dortmund vorgenommene Umbesetzung auswirkt: Jan Helmich wechselte in den Bug, um Hermine Krumbein bessere Entfaltungsmöglichkeiten zu geben. Mangels Gegenmeldungen musste der PR3-Mixed-Vierer auf einen Start in Luzern ebenso verzichten wie Marcus Klemp, der noch im Aufbautraining ist.

Der Zeitplan in Luzern

Am Freitag werden auf dem Rotsee Vorläufe (ab 9 Uhr), Viertelfinals im Männer-Einer und Hoffnungsläufe sowie Bahnverteilungsrennen (ab 15 Uhr) ausgetragen. Am Samstag folgen Halbfinals und weitere Hoffnungsläufe (ab 9 Uhr) sowie erste Finals (ab 11.45 Uhr). Der Sonntag (ab 9 Uhr) beginnt mit weiteren B-Finals. Den Reigen der A-Finals eröffnet der PR1 Frauen-Einer (10.05 Uhr). Die aus deutscher Sicht besonders interessanten A-Finals der Doppelvierer, der Einer und der Achter laufen zwischen 13.46 Uhr und 15.05 Uhr. World Rowing streamt alle A-Finals am Sonntag auf seiner Webseite.

Events

Boote

Vorlauf 2 7:35.50 2 . Platz
Halbfinale A/B 1 7:35.21 3 . Platz
Finale A 7:36.14 5 . Platz

Vorlauf 2 7:45.54 4 . Platz
Hoffnungslauf 1 7:48.04 3 . Platz
Halbfinale A/B 1 7:38.80 4 . Platz
Finale B 7:50.90 5 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 6:24.28 2 . Platz
Finale A 6:21.24 4 . Platz

Vorlauf 2 7:01.40 1 . Platz
Viertelfinale 1 7:05.59 1 . Platz
Halbfinale A/B 1 6:52.11 1 . Platz
Finale A 6:49.33 2 . Platz

Vorlauf 6 7:09.17 3 . Platz
Viertelfinale 4 7:04.90 3 . Platz
Halbfinale A/B 2 7:04.80 4 . Platz
Finale B 7:13.62 4 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 5:55.29 4 . Platz
Finale A 5:53.91 5 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 5:39.76 5 . Platz
Finale A 5:32.70 5 . Platz

Vorlauf 2 7:23.07 3 . Platz
Hoffnungslauf 1 7:21.31 2 . Platz
Finale A 7:11.74 6 . Platz

Vorlauf 3 6:49.44 3 . Platz
Halbfinale A/B 1 6:32.55 4 . Platz
Finale B 0:00.00 6 . Platz

Vorlauf 2 10:10.15 1 . Platz
Finale A 10:01.03 1 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 7:24.94 1 . Platz
Finale A 7:23.37 1 . Platz