24. Juli 2020 | Verband | von Siegfried Kaidel

Halbzeitbericht des Vorsitzenden Siegfried Kaidel

Der DRV-Vorsitzende Siegfried Kaidel blickt auf die erste Hälfte des turbulenten und Corona-überschatteten Jahres 2020 zurück. Foto: Tomski-media

Liebe Ruderkameradinnen und Ruderkameraden,

die erste Hälfte des turbulenten und Corona-überschatteten Jahres 2020 liegt hinter uns. Nachdem das geplante olympische Jahr noch vielversprechend begann, wurde die Welt Ende Februar/Anfang März durch den Ausbruch der Corona-Pandemie auf den Kopf gestellt. An die Ausübung unseres geliebten Rudersports war lange Zeit nicht zu denken. Mittlerweile ist dank der Lockerungen immerhin ein wenig Normalität zurückgekehrt, doch das Coronavirus wird uns sicherlich noch eine lange Zeit begleiten.
Was sich in den letzten sechs Monaten in den jeweiligen Ressorts und im DRV im Allgemeinen alles getan hat, möchte ich im Folgenden kurz vorstellen. Für ausführlichere Informationen empfehle ich wie immer einen Blick auf unsere Verbandswebsite rudern.de sowie in das Magazin rudersport.

Henrik Lotz verstorben
Am 8. Juli 2020 ist unser Ehrenvorsitzender Henrik Lotz im Alter von 90 Jahren verstorben. Als ehemaliger Vorsitzender des Deutschen Ruderverbandes hat er den Rudersport über 12 Jahre lang geprägt und maßgeblich mitgestaltet. Nach der Wiedervereinigung führte Lotz die zwei Verbände aus Ost und West in eine erfolgreiche Zukunft. Aber auch außerhalb des Rudersports engagierte sich der gebürtige Finne in vielen Bereichen und wurde für seine Arbeit sehr geschätzt. Sein jahrzehntelanges Wirken dankte ihm der Verband im Jahr 1995 mit der Ernennung zum Ehrenvorsitzenden.
Wir behalten Henrik Lotz als einen geistreichen und humorvollen Ruderkameraden in Erinnerung und gedenken ihm mit großer Wertschätzung.

Die Verschiebung der Olympischen Spiele ins Jahr 2021
Für unsere Nationalmannschaftsathletinnen und -athleten sollte 2020 eigentlich ein ganz besonderes Jahr werden. Vier Jahre lang haben sich die Sportler auf das große Highlight, die Olympischen Spiele in Tokio, vorbereitet und ihre komplette Lebensplanung danach ausgerichtet. In zahlreichen Trainingslagern wurden die Grundlagen für eine erfolgreiche Saison gelegt. In den jeweiligen Ausscheidungsrennen der einzelnen Disziplinbereiche Anfang des Jahres wurden die Bootsbesetzungen für Tokio 2020 ausgefahren. Doch ehe die Regattasaison dann überhaupt begonnen hatte, war sie auch schon wieder vorbei. Corona machte allen Planungen einen Strich durch die Rechnung. Nachdem zunächst nur die Weltcups und die Europameisterschaften abgesagt bzw. verschoben wurden, lag der letzte Funken Hoffnung auf Olympia – doch auch dieser Traum war im April ausgeträumt. Das IOC verschob die Spiele erstmalig um ein Jahr auf 2021. Auch, wenn diese Entscheidung absolut nachvollziehbar ist, war es für das gesamte Team natürlich eine große Enttäuschung. Alle nach-olympischen Pläne waren auf einmal dahin. Ein jeder Sportler musste nun seine Lebensplanung für ein weiteres Jahr umstellen. Für uns erfreulich war, dass fast alle Athletinnen und Athleten an Bord blieben und ihren olympischen Traum weiterverfolgen. 

Nach mehreren Wochen im „Home-Office“ konnten die Sportler im Mai dann endlich wieder aufs Wasser – auch, wenn zunächst nur das Rudern im Einer und mancherorts auch im Zweier erlaubt war. Da jedes Bundesland eigene Regeln aufgestellt hatte, war die Lage sehr unübersichtlich. Ein erstes Regatta-Feeling kam beim internen Test-Wochenende in Ratzeburg auf.

#DRVJuniorTeamChallenge
Unsere jungen Athletinnen und Athleten konnten sich während der Schließung der Bootshäuser bei der DRVJuniorTeamChallenge beweisen. Über mehrere Wochen lief das von Junioren-Bundestrainerin Sabine Tschäge und Landestrainer Johannes Karg ausgearbeitete Programm, an dem mehr als 100 Sportlerinnen und Sportler teilnahmen und großartige Leistungen auf dem Ergo und beim Laufen abriefen.

Nennhaus übernimmt kommissarisch das Amt des Junioren-Bundestrainers
Da die aktuelle Junioren-Bundestrainerin Sabine Tschäge nach dem Weggang von Robert Sens nach Österreich das Training des leichten Männer-Doppelzweiers übernommen hat, war der Deutsche Ruderverband auf der Suche nach einer kommissarischen Vertretung bis nach den Olympischen Spielen in Tokio 2021. Mit Bernd Nennhaus hat der Verband einen über Jahrzehnte erfolgreichen Landestrainer für diese Aufgabe gewinnen können.

Unübersichtliche Lage im Breitensport
Unsere Breitensportler mussten sich leider länger als unsere Nationalmannschaftsathleten gedulden bis sie wieder rudern durften. In Zusammenarbeit mit dem DOSB wurden frühzeitig sogenannte Leitlinien erstellt. Gemeinsam mit Prof. Dr. med. Jürgen Steinacker haben wir ein Hygienekonzept erarbeitet, das über Wochen immer wieder aktualisiert wurde, um die sich ständig ändernden Anforderungen der Länder zu erfüllen. Wir als Verband konnten aber auch immer nur Empfehlungen aussprechen. Das letzte Sagen hatten die Länder. Während in NRW beispielsweise schon relativ früh auch wieder im Mannschaftsboot gerudert werden konnte, mussten sich die Berliner bis Mitte Juli gedulden. Mittlerweile kann zum Glück bundesweit wieder in allen Bootsklassen gerudert werden.

Vor allem für unsere Mitgliedsvereine war die durch das Coronavirus bedingte Schließung der Bootshäuser eine äußert schwierige Situation – nicht zuletzt durch die zahlreichen Ruderkurse, die ausfallen mussten. Viele befürchten nun zum Jahresende eine größere Mitgliederfluktuation. Zudem durften viele angeschlossene Gastronomien nicht öffnen, was die finanzielle Situation der Vereine nicht leichter machte. Dank der Erstellung und Einhaltung von Hygienekonzepten können alle Vereine ihre Mitglieder mittlerweile wieder willkommen heißen. Jetzt bleibt nur zu hoffen, dass sich die negativen Auswirkungen im Rahmen halten, der Rudersport diese Krise meistert und alle Mitglieder ihren Vereinen den Rücken stärken.

Absagen nationaler Regatten
Anfang April beschloss das Präsidium, alle DRV-Veranstaltungen inklusive der Ruder-Bundesliga bis Mitte August abzusagen. Auch das für September geplante 55. DRV-Wanderrudertreffen musste kurze Zeit später auf das kommende Jahr verschoben werden.
Um vor allem auch unseren jungen Sportlerinnen und Sportlern in diesem Jahr noch einen Zielwettkampf bieten zu können, haben wir alles daran gesetzt, im Herbst eine Art Bundesfinale der Jahrgänge U17/U19/U23 auf die Beine zu stellen. Leider konnte trotz intensiver Suche und zahlreicher Gespräche kein Ausrichter gefunden werden, sodass auch diese Veranstaltung nicht stattfinden wird. Wann ein Regattabetrieb wieder aufgenommen werden kann, ist derzeit nicht absehbar.
Aktuell ist zumindest eine Coastal Rowing Regatta im August in Bremerhaven geplant.

Anpassung Fahrtenwettbewerb
Das Präsidium hat eine Anpassung der Kilometerleistungen innerhalb des Fahrtenwettbewerbs 2020 beschlossen. So werden die Anforderungen sowohl für das Jugend- als auch für das Erwachsenen-Fahrtenabzeichen um je 50% verringert. Hinsichtlich des Wanderruderpreises hat sich das Fachressort Wanderrudern und Breitensport entschlossen, diesen für das aktuelle Jahr auszusetzen. Die genauen Werte können der amtlichen Bekanntmachung entnommen werden.

Verschiebung des Rudertages
Auch der für Ende Oktober geplante 65. Deutsche Rudertag in Schweinfurt musste aufgrund der Größenordnung, finanziellen Risiken und der Unsicherheit beim Ausrichter auf das kommende Jahr verschoben werden. Das Präsidium folgte damit auch einer Empfehlung des Bayerischen Staatsministeriums. Zusätzlich zum neuen Termin (15.-17. Oktober 2021) soll im Frühjahr 2021 eine eintägige Vorbereitungsveranstaltung stattfinden.

DRV-Geschäftsstelle arbeitet mobil von Zuhause
Um eine Ausbreitung des Coronavirus auf der DRV-Geschäftsstelle in Hannover und auch in der Ruderakademie in Ratzeburg zu vermeiden, arbeiten alle Mitarbeiter seit Mitte März mobil von Zuhause. Dank der fortgeschrittenen Digitalisierung stellte dies den Verband vor keine Herausforderung. Bis Ende August sind die Kollegen noch in Kurzarbeit. Um die Erreichbarkeit der Geschäftsstelle gewährleisten zu können, sind aber mindestens zwei Mitarbeiter pro Tag im Büro, die die Anrufe und Post annehmen.

Auch das DRV-Präsidium ist auf die virtuelle Kommunikationsschiene umgestiegen. Rund alle zwei Wochen treffen sich alle Mitglieder per Videokonferenzen, tauschen sich über die aktuellen Geschehnisse aus und fassen Beschlüsse.

Lenkungsausschuss Digitalisierung berufen
Das Thema Digitalisierung ist in Corona-Zeiten wichtiger denn je. Der zuständige Arbeitskreis hat in der ersten Phase eine Bestandsaufnahme durchgeführt. Als nächster Schritt wurde eine Lenkungsgruppe eingesetzt, die von vier bis fünf Arbeitsgruppen unterstützt werden soll. Mit Claus Schicks, Steffen Christgau, Wilhelm Hummels und Johannes Rauh wurden vier Personen in diese Lenkungsgruppe berufen.

Neue Partnerschaft mit Berner
Es gibt aber auch positive Nachrichten in der Corona-Zeit. Wir freuen uns, dass wir die Albert Berner Deutschland GmbH aus Künzelsau als offiziellen Werkzeugpartner gewinnen konnten. Berner zählt zu den führenden Handelsunternehmen von Verbrauchsmaterialien, Werkzeugen, Zubehör und Services für Profianwender in der Bau- und Kfz-Branche sowie in der Industrie. Der Handelsspezialist wird vorrangig die Nationalmannschaften ausstatten.

DRV ist Partner der Initiative „Gewässerretter“ des NABU
Seit Juli dieses Jahres sind wir offiziell Partner der Initiative „Gewässerretter“, die seit 2013 eine starke Partnerschaft zwischen dem NABU und den großen deutschen Wassersportverbänden ist. Vor allem im September finden jedes Jahr zahlreiche Cleanup-Aktionen statt, zu denen wir unsere Mitgliedsvereine und Mitglieder aufrufen.

Hamburg bekommt Zuschlag für die WRIC 2022
Da war der Jubel groß, als die FISA Ende Juni verkündete, dass die World Rowing Indoor Championships 2022 in Hamburg stattfinden werden. Das von Katharina von Kodolitsch (Ressortvorsitzende Vereinsservice und Verbandsentwicklung) und Björn Schulze-Gülich (Alster Ergo-Cup) zusammen mit dem LRV Hamburg erarbeitete Konzept konnte sich gegen namhafte Konkurrenz aus Lima (PER), Kairo (EGY), Prag (CZE) und London (GB) durchsetzen.

Mehr als 4.000 Teilnehmerinnen bei der WRC
Dass Indoor-Rowing beliebter ist denn je, zeigt die Rekord-Teilnehmerzahl bei der diesjährigen Women’s Rowing Challenge. Mit fast 4.400 Athletinnen, die insgesamt 44.411.402 Meter (44.411 km) auf dem Concept2 Indoor-Rower zurückgelegt haben, konnte die Teilnehmerzahl gegenüber dem Vorjahr erneut verdoppelt werden.

Jonathan Rommelmann als Sportstipendiat des Jahres nominiert
Auch in diesem Jahr hat es mit Jonathan Rommelmann (Crefelder RC) wieder ein Ruderer in die Top-5 bei der Wahl zum Sportstipendiaten des Jahres geschafft. Mit der Auszeichnung ehren Deutsche Sporthilfe und Deutsche Bank bereits zum achten Mal einen Athleten, dem die Kombination aus Spitzensport und Studium in besonderer Art und Weise gelingt. Noch bis zum 2. August könnt ihr hier für unseren WM-Bronzemedaillengewinner im LM2x abstimmen: www.sportstipendiat.de

Blick nach vorne
Das Jahr 2020 ist noch lange nicht vorbei und verspricht – sofern Corona es zulässt – noch einige Highlights. Mit der U23-Heim-EM in Duisburg (05./06. September) und der A-EM in Poznań (09.-11. Oktober) stehen aktuell noch zwei internationale Regatten in diesem Jahr an. Hinter der Junioren-EM in Belgrad (26./27. September) hingegen steht aufgrund der derzeitigen Lage in Serbien ein großes Fragezeichen. Eine finale Entscheidung wird Ende August erwartet.

Die Nominierungskriterien für diese Veranstaltungen müssen selbstverständlich angepasst werden. Die Richtlinien für 2021 wurden bereits vom Präsidium verabschiedet.

FISA-Kongress im Herbst
Auch der für Herbst geplante FISA-Kongress findet in diesem Jahr virtuell statt. Das Programm beinhaltet unter anderem die Veränderungen des Olympiaprogrammes.

Soviel zu Halbzeit eins in Zeiten von Corona. Ich hoffe, dass uns keine zweite Welle erreicht und wir den Regattabetrieb Stück für Stück wieder aufnehmen können. Wir sitzen alle im selben Boot und werden diese Krise gemeinsam meistern.

Ich wünsche allen Ruderinnen und Ruderern trotz der schwierigen Zeit einen erholsamen Sommer mit hoffentlich vielen schönen Stunden im Ruderboot. Bleibt gesund!

Euer
Siegfried Kaidel
Vorsitzender des Deutschen-Ruderverbandes