23. Sep 2022 | Nationalmannschaft | von Hans Strauss

WM-Tag 6: Drei Mal Bronze, Deutschland-Achter verpasst das A-Finale

Große Freude über die Bronze-Medaille für Paul Umbach (dritter von links) im Einer herrschte im deutschen Para-Team. Foto: meinruderbild.de/Detlev Seyb
Bronze holte auch der Leichtgewichts-Doppelvierer der Männer mit Johannes Ursprung, Simon Klüter, Fabio Kress und Joachim Agne. Foto: meinruderbild.de/Detlev Seyb
Der Leichtgewichts-Frauen-Zweier holte ebenfalls WM-Bronze. Eva Hohoff und Sophia Wolf freuten sich. Foto meinruderbild.de/Foto Detlev Seyb
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Der sechste Tag der WM in Racice brachte dem Deutschen Ruderverband mit den ersten Finals auch die ersten Medaillen. Insgesamt drei Mal Bronze gab es für Paul Umbach im Para-Einer, den Leichtgewichts-Zweier der Frauen und den Leichtgewichts-Doppelvierer der Männer. In den olympischen Bootsklassen ist das Ergebnis aber so mager, wie es angesichts der vielfältigen Probleme befürchtet worden war. Nur Oliver Zeidler im Männer-Einer und der Frauen-Doppelzweier mit Frauke Hundeling und Pia Greiten schafften den Sprung in die A-Finals. Der Deutschland-Achter scheiterte im Hoffnungslauf, Alexandra Föster verpasste im Halbfinale des Frauen-Einers die Qualifikation knapp. Nach dichtem Nebel am Morgen, der eine Zeit lang kein Training auf der Regattastrecke zuließ, kehrte zu den Rennen die Sonne zurück.

Paul Umbach mit Willensstärke

Der Para-Bereich holte die erste WM-Medaille für die deutsche Mannschaft. Paul Umbach vom Ruderclub Nürtingen kämpfte sich im Finale des Männer-Einers PR2 auf den dritten Platz und holte überraschend Bronze. Nach 1000 Metern lag Umbach noch auf Rang fünf, ging dann aber am Boot aus den USA vorbei und rückte Usbekistan immer näher. Mit einer hohen Schlagfrequenz und viel Biss schob sich Umbach in einem Fotofinish noch um 13 Hundertstelsekunden vorbei an dem Usbeken und gewann Bronze. „Ich rudere erst seit einem Jahr PR2. Dass ich gleich eine WM-Medaille mit nach Hause nehmen, ist etwas Besonderes.“ Trainer Lutz Bühnert war begeistert: „Paul hat physisch und psychisch eine absolut starke Leistung gebracht.“  Und Bundestrainer Marc Stallberg lobte: „Paul hat die Willensstärke, die er schon im Training gezeigt hat, heute voll umsetzen können.“

Im Para-Männer-Einer PR1 M1x schafft es Marcus Klemp (OR Rostock) als Dritter seines Halbfinallaufes ins Finale. Bei 500 Metern lag das noch in weiter Ferne, aber Klemp ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und holte Meter um Meter gegen den Spanier auf. Bei 1000 Metern lag er noch sechs Sekunden zurück, bei 1500 m noch weniger als eine Sekunde. Der Gegner aus Spanien, der am Anfang das höllische Tempo der beiden Topathleten aus Italien und der Ukraine mitgegangen war, brach ein und Klemp lag am Ende fast 15 Sekunden vor dem Spanier.

Überzeugender Auftritt von Oliver Zeidler

Oliver Zeidler FRG Germania) gewann das zweite Halbfinale des Männer-Einers in überzeugender Manier mit einem Start-Ziel-Sieg. Der Titelverteidiger war dabei auch vier Sekunden schneller als der im ersten Lauf siegreiche Niederländer Melvin Twellaar. Dem Europameister aus den Niederlanden folgten der Norweger Kjetil Borch und der griechische Olympiasieger Stefanos Ntouskos ins Finale.  Hinter Zeidler qualifizierten sich der Britte Graeme Thomas und der Neuseeländer Parry für die nun mit Spannung erwartete Entscheidung am Sonntag (14.45 Uhr).

„Beim Start hat der dritte Schlag nicht gepasst, aber dann lief es und Olli hat sich wie geplant vor das Feld gesetzt. Er hat den Speed über die gesamte Strecke hochgehalten, nur auf den letzten Metern hat er noch Potenzial“, sagte Ollis Vater und Trainer Heino Zeidler. Selbstbewusst ergänzte er: „Wir sind mit der schnellsten Zeit ins Finale gekommen. Die Favoritenrolle müssen wir jetzt annehmen und das dort noch einmal genauso runterfahren.“ Oliver Zeidler war da etwas vorsichtiger: „Melvin Twellaar ist hier bisher ungeschlagen und damit für mich der Favorit. Aber genauso wie 2019, als ich Weltmeister geworden bin, können alle sechs Finalisten den Titel gewinnen. Jeder wird am Sonntag mit dem Messer im Mund im Boot sitzen.“ Zeidler unterstrich, dass er für seine dauerhaften 40 und später 38 Schläge an die Grenze gehen musste: „Ich denke, dass ich auf den ersten 1000 Metern gut gefahren bin, dann wurde es schon relativ hart. Aber das ist in einem WM-Halbfinale einfach so.“

Alex Fösters Endspurt reicht diesmal nicht

Alexandra Föster (RC Meschede) verpasst als Vierte ihres Laufes im Halbfinale des Frauen-Einers den Einzug ins Finale knapp. 75/100 Sekunden fehlen dem „German Wunderkind“ (Streckensprecher) auf die Britin Hannah Scott, die als Dritte hinter der Olympiasiegerin Emma Twigg (Neuseeland) und der Spanierin Virginia Diaz Rivas weiterkam. Das Aus mussten Alex und Trainer Sebastian Kleinsorgen erst einmal verkraften. „Natürlich sind wir enttäuscht. Anders als beim Weltcup-Sieg in Luzern und beim dritten EM-Platz in München war der Spurt von Alex dieses Mal zu wenig. Sie ist vorher ein gleichmäßiges Rennen gefahren, aber nicht mit der gewohnten Aggressivität. Vielleicht war die Pause seit dem Vorlauf einfach zu lange. Letztlich war es in diesem bisher so guten Jahr das schwächste Rennen und das leider zum Saisonhöhepunkt. Das müssen wir analysieren“, sagte Kleinsorgen.

„Ich hatte das Gefühl, dass ich nicht genug entgegenzusetzen hatte“, sagte Föster, „das war frustrierend. Ich habe versucht, mein eigenes Rennen zu fahren, aber es hat am Ende nicht gereicht. Das ist enttäuschend, aber davon geht die Welt nicht unter. Ich bin ja noch am Lernen.“ Nun startet sie am Sonntagvormittag im B-Finale. Föster wird auch das mit dem bekannten Ehrgeiz angehen. WM-Siebte, das würde sich für die aufstrebende 20-Jährige mit etwas Abstand auch noch sehr gut anhören.

Hundeling/Greiten mit Ruhe auf Rang drei

Der Frauen-Doppelzweier sorgte für den zweiten A-Final-Einzug für den DRV. Frauke Hundeling und Pia Greiten /Deutscher RC Hannover/Osnabrücker RV) qualifizierten sich als Dritte ihres Laufes hinter den Niederlanden und Italien für die Entscheidung um die Medaillen und freuten sich nach der Zieldurchfahrt riesig. Während Kanada mit einem 45-Schläge-Einstieg einen Überrumpelungsstart versuchte, im Laufe des Rennens aber einbrach, ließen sich die beiden Deutschen von Rang fünf nach 500 Metern nicht aus der Ruhe bringen. Bei der 1000-Meter-Marke waren sie auf Platz vier aufgerückt, bei 1500 Metern hatten sie ich schon auf den nötigen Rang drei hinter den Niederlanden und Italien geschoben. Den brachten sicher ins Ziel. „Wir wussten, dass wir am Start nicht ganz vorne dabei sein würden, obwohl wir schneller angegangen sind als im Viertelfinale. Wir sind ruhig geblieben und haben unser Ding gemacht. Auf den zweiten 1000 Metern haben wir dann Boot für Boot eingesammelt“, sagte  Pia Greiten.

Der Einzug unter die sechs besten Boote ist schon ein großer Erfolg für sie und Frauke Hundeling. „Im Doppelzweier gibt es einige Topboote, dahinter ist es immer eng. Wir sind deshalb froh, unser Ziel Finale verwirklicht zu haben. Um die Medaillen mitzukämpfen, wird schwer“, sagte Greiten.

Männer-Achter erkennt seine Grenzen

Der Deutschland-Achter hatte gegen die Niederlande und die USA keine Chance und schied als Dritter seines mit vier Booten besetzen Hoffnungslaufes aus. Knapp zwei Längen fehlten zu den zweitplatzierten US-Amerikanern. Mark Hinrichs (Limburger Club für Wassersport), Jasper Angl (RV Münster), Max John (OR Rostock), Tom Tewes (Münchner RC), Benedict Eggeling (RC Favorite Hammonia), Mattes Schönherr (RC Potsdam), Wolf-Niclas Schröder (RU Arkona Berlin), Torben Johannesen (RC Favorite Hammonia) und Steuermann Jonas Wiesen (RG Treis-Karden) bildeten die Mannschaft.

Erstmals seit 14 Jahren steht das deutsche Parade-Boot damit nicht im A-Finale von Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften, das gefällt niemand. „Uns wurden die Grenzen aufgezeigt. Der Achter ist noch nicht wieder auf Weltklasse-Niveau. Im Boot saßen heute fünf Athleten aus dem U23-Bereich, deshalb fehlt es noch an den physischen Voraussetzungen“, sagte Trainer Uwe Bender. Unzufrieden war er mit dem Rennen aber nicht. „Die Mannschaft hat sich an den Plan gehalten, aber im Mittelteil waren die USA einfach stärker. Der Rückstand war so in Ordnung, mehr konnten wir heute nicht leisten.“ Der kurzfristige Wechsel im Boot – Max John aus dem Vierer ersetzte den erkrankten Julian Garth – spielte keine entscheidende Rolle.

„Man muss einfach anerkennen, dass die anderen weiter sind als wir. Den Entwicklungsprozess haben wir einfach noch nicht hinbekommen“, sagte Schlagmann Torben Johannesen, der als einziger Silbermedaillen-Gewinner von Tokio noch dabei war. Im kommenden Jahr, in dem es um die Olympia-Qualifikation geht, müsse das Boot im Winter deshalb „noch enger zusammenrücken und härter als Team trainieren“. Mittelfristig zurückkehren werden die beiden Olympia-Teilnehmer Olaf Roggensack und Laurits Follert, die derzeit ihre Ausbildung bei der Bundespolizei fortführen. Roggensack soll, so Bender, bereits beim SH-Netz-Cup in einer Woche in Rendsburg schon einmal eingesetzt werden.

Leichtgewichte auf dem Siegersteg

Zwei Bronze-Medaillen in nichtolympischen Leichtgewichtsklassen sorgten für Freude im DRV-Lager. Der Leichtgewichts-Doppelvierer ruderte in einem fünf Boote kleinen, aber namhaft besetzten Feld auf den dritten Rang. Johannes Ursprung (Frankfurter RG Germania), Simon Klüter (Mannheimer RC Amicitia), Fabio Kress und Joachim Agne (beide Akademischer RC Würzburg) mussten wie schon im Bahnverteilungsrennen Italien und China den Vortritt lassen. Im Endspurt rückten die Deutschen dem chinesischen Boot immer näher, dass letztlich gerade mal 0,20 Sekunden Vorsprung ins Ziel rettete. „Es war eine lange Saison, die Jungs haben super gearbeitet und sich diese Medaille mehr als verdient. Sie haben den Rennplan voll eingehalten und sind auf Silber gefahren, aber auch mit Bronze können wir sehr zufrieden sein“, sagte Trainer Andreas Holz. „Wir freuen uns auf zwei weitere Jahre bis Paris“, sagte Schlagmann Joachim Agne.

Zuvor hatte der Leichtgewichts-Frauen-Zweier ebenfalls Bronze geholt. Im Vier-Boote-Feld ließen Sophia Wolf (Akademischer RC Würzburg) und Eva Hohoff (Ludwigshafener RV), anders als im Bahnverteilungsrennen, das Boot aus Brasilien weit hinter sich. So standen die Schützlinge von Trainerin Julia Hoffmann zusammen mit Italien (Gold) und den USA auf dem Siegersteg. „Wir haben uns das in den letzten Tagen erarbeitet. Es hat mich überrascht, dass wir relativ entspannt auf Platz drei fahren konnten. Ich hätte erwartet, dass es spannender wird“, sagte Sophia Wolf.

Einen schönen WM-Abschluss gab es für Finn Wolter (RG Witten). Er legte einen souveränen Start-Ziel-Sieg im C-Finale des Leichtgewichts-Einers der Männer hin und belegte damit Rang 13 im Gesamtklassement.  Zweiter wurde der Iraner Mahmoodpour, Dritter der Iraker Al-Khafeji.

Und das bringt der Samstag

Am achten und vorletzten Tag der WM spielen die deutschen Ruderinnen und Ruderer nur eine ungewohnte Nebenrolle. Fünf Boote stehen in den B-Finals: der Para-Mixed-Zweier (11.30 Uhr), der Leichtgewichts-Frauen-Doppelzweier (12.04 Uhr), der Leichtgewichts-Männer-Doppelzweier (12.12 Uhr), der Männer-Vierer (12.28 Uhr) und der Frauen-Doppelvierer (12.36 Uhr). Um die Medaillen kämpft lediglich der Para-Mixed-Vierer PR3 um Schlagfrau Katrin Marchand im A-Finale gegen Italien, Großbritannien, Australien, Frankfurt und die USA (13.18 Uhr).

Events

Boote

Vorlauf 3 7:33.44 1 . Platz
Halbfinale A/B 2 7:33.07 4 . Platz
Finale B 7:35.99 1 . Platz

Vorlauf 1 6:46.31 1 . Platz
Viertelfinale 1 6:57.79 2 . Platz
Halbfinale A/B 2 6:44.03 1 . Platz
Finale A 6:48.67 1 . Platz

Vorlauf 2 7:53.34 4 . Platz
Hoffnungslauf 4

Vorlauf 4 7:16.00 3 . Platz
Viertelfinale 1 7:11.87 4 . Platz
Halbfinale C/D 1 7:27.15 2 . Platz
Finale C 7:08.76 1 . Platz

Vorlauf 2 10:29.83 2 . Platz
Hoffnungslauf 1 10:36.37 3 . Platz
Finale A 10:23.57 4 . Platz

Vorlauf 1 10:18.88 4 . Platz
Hoffnungslauf 2 9:41.94 1 . Platz
Halbfinale A/B 1 9:22.67 3 . Platz
Finale A 9:37.93 5 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 9:31.28 5 . Platz
Finale A 9:21.12 3 . Platz

Vorlauf 2 6:58.96 3 . Platz
Hoffnungslauf 2 7:07.91 1 . Platz
Halbfinale A/B 1 6:56.21 3 . Platz
Finale A 7:04.29 6 . Platz

Vorlauf 3 6:26.27 4 . Platz

Vorlauf 3 7:07.10 2 . Platz
Hoffnungslauf 3 7:11.75 2 . Platz
Halbfinale A/B 1 7:17.62 6 . Platz
Finale B 7:18.47 6 . Platz

Vorlauf 4 6:19.53 2 . Platz
Viertelfinale 2 6:22.71 3 . Platz
Halbfinale A/B 2 6:36.48 6 . Platz
Finale B 6:31.33 4 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 7:56.86 4 . Platz
Finale A 7:54.97 3 . Platz

Vorlauf 2 9:02.48 3 . Platz
Hoffnungslauf 1 9:07.09 3 . Platz
Finale B 8:50.79 2 . Platz

Vorlauf 2 6:29.76 4 . Platz
Hoffnungslauf 1 6:28.28 2 . Platz
Halbfinale A/B 2 6:43.70 6 . Platz
Finale B 6:44.95 6 . Platz

Vorrennen/Bahnverteilungsrennen 6:02.48 3 . Platz
Finale A 5:59.47 3 . Platz

Vorlauf 3 6:01.76 3 . Platz
Hoffnungslauf 2 5:55.82 2 . Platz
Halbfinale A/B 2 6:09.92 5 . Platz
Finale B 5:59.08 1 . Platz

Vorlauf 1 7:21.56 2 . Platz
Hoffnungslauf 1 7:17.13 1 . Platz
Finale A 7:06.94 2 . Platz

Vorlauf 2 5:43.17 4 . Platz
Hoffnungslauf 2 5:33.17 3 . Platz
Finale B 5:33.33 1 . Platz