04. Dez. 2020 | Verband | von Siegfried Kaidel

Jahresrückblick 2020

Der DRV-Vorsitzende Siegfried Kaidel blickt auf das Jahr 2020 zurück. Foto: DRV/Schwier

Liebe Ruderkameradinnen und Ruderkameraden,

das Ausnahmejahr 2020, in das wir mit großen Erwartungen gestartet waren, wird schon bald Geschichte sein. Nach dem Lockdown im April und Mai und einem etwas ruhigeren Sommer, bestimmt nun aktuell das Coronavirus wieder unser aller Alltag.

Die strengen Kontaktbeschränkungen treffen erneut den Sport und die Vereine besonders hart. Rudern ist augenblicklich – wenn überhaupt – nur stark eingeschränkt möglich und nach wie vor müssen wir uns an die jeweilige Landes-Corona-Verordnung halten. Dies schränkt die Aktivitäten in allen Bereichen ein, ist aber derzeit wohl unumgänglich. Auch der diesjährig geplante Rudertag musste in das kommende Jahr (15.-17. Oktober 2021) verschoben werden. Folglich sitzen nach wie vor die bisherigen Vorstands- und Präsidiumsmitglieder im Verbandsboot des Deutschen Ruderverbandes. Sie sind sich der besonderen Verantwortung bewusst, die diese Interimsphase ohne Wahlen des Rudertages mit sich gebracht hat.

Trotz dieser besonderen Herausforderungen des Jahres 2020 kann ich im Namen des Präsidiums einiges berichten, was zeigt, dass wir nicht aufgeben und es immer weitergeht. Alles Wichtige zur ersten Jahreshälfte 2020 kann in meinem Halbjahresbericht auf rudern.de nachgelesen werden. Im Folgenden möchte ich nun einen Gesamtüberblick über das vergangene Jahr und verstärkt über die letzte Jahreshälfte liefern. Gerne verweise ich für ausführlichere Berichte auf unsere Verbandswebsite (rudern.de) sowie den „rudersport“.

Abschied von Henrik Lotz
Bereits im Halbjahresbericht erwähnt, aber seitdem nicht minder schmerzhaft, mussten wir uns im Juli von unsrem Ehrenvorsitzenden Henrik Lotz verabschieden. Er verstarb im Alter von 90 Jahren. Allen, die ihn kennenlernen durften, bleiben seine Reden – inhaltlich wertvoll und immer mit einem Augenzwinkern – in Erinnerung. Er wird uns fehlen.

DRV-Vereinspreis-Sieger gekürt
Unter dem Motto „Stärkung von weiblichem Engagement im Rudersport“ haben sich für die Ausschreibung 2020 über 30 Vereine um den DRV-Vereinspreis beworben. Der dreiköpfigen Jury unter Leitung von Katharina von Kodolitsch fiel die Entscheidung sichtlich schwer. Am Ende konnte sich ein detailstarkes Konzept der RG Speyer den ersten Platz sichern. Der Mündener RV belegte Platz zwei, gefolgt vom DRC Hannover auf Platz drei. Durch die Absage des Rudertags wurden die Gewinner nicht, wie gewohnt, dort, sondern an ihren Standorten im Verein gekürt. Über eine erneut zahlreiche Teilnahme an der Ausschreibung für 2022 – genauere Infos folgen zu Beginn des kommenden Jahres – freue ich mich. Das gewonnene Knowhow ist sowohl für den Verband als auch unsere Mitgliedsvereine unabdingbar.

Verlegung des Wanderrudertreffens 2020
Auch die Wanderruderer hatten es in diesem Jahr besonders schwer, weil sie auf Begegnungen mit Ruderfreunden und -partnern – über die städtischen Grenzen hinaus – verzichten mussten. Auch das Wanderrudertreffen in Saarbrücken musste nun auf September 2021 verlegt werden. Die Planungen dafür laufen bereits auf Hochtouren. Anmeldungen werden voraussichtlich ab Anfang des neuen Jahres möglich sein.

Prävention sexualisierter Gewalt im Sport
Der Arbeitskreis beschäftigt sich aktiv mit der Fortentwicklung des Themas und bringt somit das dsj-Stufenmodell sowie das DRV-Präventionskonzept weiter voran. Dieses wichtige Thema wird zunehmend auch in Workshops und Maßnahmen des DRV integriert. Darüber hinaus hat der DOSB nun ein Stufenmodell entwickelt und einen Fahrplan bis 2024 erstellt, den die Mitgliedsverbände zu erfüllen haben.

Ergebnisse der gemeinsamen Sitzung von Präsidium und Länderrat
Zwischen Lockdown und Lockdown-light tauschten sich Präsidium und Länderrat zu den aktuellen Verbandsthemen im Rahmen einer Präsenzsitzung Ende September in Hannover aus. Die Digitalisierung, welche wichtiger denn je ist, gewinnt auch beim DRV an Fahrt. Die Lenkungsgruppe Digitalisierung wurde beauftragt, Vorschläge für die Optimierung der gesamten Geschäftsprozesse vorzulegen.

Des Weiteren hat das Präsidium über den Haushalt 2021 beraten. Aufgrund zu erwartender Mindereinnahmen und aufgrund der Tatsache, dass durch die Verschiebung des Rudertages kein bewilligter Haushaltsplan vorliegt, ist eine globale Kürzung von 10% beschlossen worden.

Lehrgänge und die Digitalisierung
Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Trainer C BFD-Ausbildung sowie die Fortbildung Trainingsplanung und -steuerung im Nachwuchsleistungssport online im edubreak®Sportcampus durchgeführt. Die allseits beliebten Präsenzveranstaltungen für Bootswarte bei Empacher in Eberbach oder auch der „Langtursteuerleutekurs“, in Kooperation mit dem Dänischen Ruderverband, in Ratzeburg mussten hingegen leider ausfallen. Die Ausbildungen Trainer B und Trainer A fanden wie bisher im Blended Learning-Format statt, einer Mischung aus Präsenz- und Onlinephasen.

Auch die DRJ bietet seit Ende November Live-Videos bei Instagram an, in welchen erfahrene Trainer und Übungsleiter aus ganz Deutschland verschiedene Workouts für zu Hause anbieten. Der Schritt zu Online-Veranstaltungen bestätigt den Ansatz des DRV, digitale Prozesse zu optimieren.

Auch der Lenkungsausschuss Digitalisierung (LaRuDi) nimmt sich des Themas an und fokussiert sich dabei auf drei zentrale Aspekte. Erstens der Schaffung einer online-basierten administrativen Abwicklung und medialen Übermittlung von Daten – primär in den Bereichen Regatten, Ergometerrudern und Fahrtenbuch, zweitens eine ablauf- und kosteneffizientere Administration im DRV und in den Landesruderverbänden und drittens die bereits erwähnte mediale Online-Transformation von Lehr- und Trainingsinhalten. Die LUDUM-Plattform kann ab dem kommenden Jahr von allen Kaderathleten und dem Nachwuchsleistungssport genutzt werden.

Deutsche Sprintmeisterschaften - 44 Vereine rudern zu Medaillen
Die 24. Deutschen Sprintmeisterschaften waren aufgrund von Corona die einzigen deutschen Meisterschaften, die in diesem Jahr stattfinden konnten. Ein Rekordmeldeergebnis, welches im Vergleich zum Vorjahr um 50% gestiegen ist, spiegelte die Vorfreude auf die Meisterschaften wider. Ein ausgearbeitetes Hygienekonzept sowie die engagierte Vorbereitung und Durchführung des Ausrichters, dem Ruder-Klub Werder (Havel), ermöglichten dies. Während zeitgleich in Poznań die A-EM ausgetragen wurde, ruderten über die 450m-Distanz bei herbstlichem Wetter insgesamt 44 Vereine zu Medaillen. Erfolgreichster Verein war dabei der RC Potsdam.

Hinweis auf die 4. Auflage der Women‘s Rowing Challenge
Voller Stolz blicke ich auf die Rekordteilnehmerzahl von 4.400 Athletinnen bei der dritten Auflage der Women’s Rowing Challenge aus dem Januar dieses Jahres zurück. In nun knapp einem Monat startet dann bereits die vierte Runde. Für diese kommende Auflage wünsche ich mir eine ebenso starke Teilnahme - wenn auch mit der Bitte, sich an die jeweiligen Corona-Verordnungen zu halten.

Re-Start RBL
Nach dem Rückzug von Boris Orlowski als Ligamanager der Ruder-Bundesliga hat nun ein Team aus Ehrenamtlichen des DRV die Organisation des Projektes übernommen. Insbesondere Nils Warnke sorgt dafür, dass für 2021 fünf interessante, teils neue Austragungsorte gefunden werden können. Ich hoffe, dass sich zahlreiche Mannschaften bis zum Lizenzierungsschluss am 31.12.2020 für einen Start in der stärksten Sprint-Liga der Welt entscheiden.

Positive Resonanz zur ersten Coastal-Tour
Durch das neue DRV-Projekt „Coastal Rowing – Trainerentwicklung in einer neuen Sportart“ soll mit dem ehemaligen erfolgreichen Leichtgewichtsruderer Lars Wichert das Coastal Rowing – zunächst im norddeutschen Raum – bekannt gemacht werden. Mit Hilfe dieses durch den DOSB geförderten Projektes erhoffen wir uns, neue Coastal-Trainer zu gewinnen und entsprechend fortzubilden sowie Ruderinteressierte für das neue Format zu begeistern. Das Feedback zur vergangenen Tour war sehr positiv.

A-Mannschaft holt acht EM-Medaillen in Poznań
Die kurz vor dem Lockdown-light stattgefundene Europameisterschaft in Poznań erbrachte erfreuliche – wenn auch nicht überragende Ergebnisse. Mit acht Medaillen – davon sechs in den olympischen und paralympischen Bootsklassen – sind die Ergebnisse des deutschen Teams dennoch als gut zu bewerten. Mein Dank gilt allen Athleten und Trainern für ihre Hingabe und Einsatzbereitschaft in diesen Zeiten.

Erfolgreiche U23-Heim EM in Duisburg
Die DRV-Athleten haben bei der Heim-EM in Duisburg ein großartiges Ergebnis errudert. Bei 19 Finalteilnahmen wurden 15 Medaillen geholt – davon 4 x Gold, 5 x Silber und 6 x Bronze. Vor allem der Frauen-Achter hat überrascht und den Titel verdient gewonnen. Auch der BM8+, der BW4x und der BM4+ sind U23-Europameister. Insgesamt sind wir mit allen Ergebnissen mehr als zufrieden und die komplette Mannschaft inklusive des Trainerteams hat super zusammengearbeitet und in allen Bootsklassen bis zum Umfallen gekämpft. Der Dank gilt auch dem Organisationsteam, das gezeigt hat, wie internationale Wettkämpfe unter besonderen Bedingungen realisiert werden können.

Absage der Junioren-EM
Der Deutsche Ruderverband musste aufgrund der hohen Fallzahlen und der damit verbundenen Reisewarnung des Auswärtigen Amtes die bittere Entscheidung treffen, kein Junioren-Team zur EM in Belgrad (Serbien) zu schicken. Diese Absage war natürlich richtig, aber auch sehr schade für unseren Ruder-Nachwuchs. Damit stand für unsere Juniorinnen und Junioren in diesem Jahr kein einziges internationales Rennen auf dem Programm. Wir hoffen, es bleiben trotzdem alle an Bord und freuen uns auf ein großartiges Team in 2021 – mit dann wieder ereignisreichen Wettkämpfen.

FISA-Kongress
Die ordentliche und die außerordentliche Vollversammlung der FISA wurden erstmalig in einem virtuellen Format abgehalten. Die teilnehmenden Nationen haben unter anderem die Aufgabe des Leichtgewichtsruderns und die Aufnahme der Disziplin Coastal Rowing mit drei Bootsklassen ins olympische Programm 2024 beschlossen.

Redaktionelle Anmerkung vom 16.12.2020:
Nach der Erstellung dieses Beitrags teilte das Internationale Olympische Komitee (IOC) am 9.12.2020 mit, dass der leichte Doppelzweier (männlich, weiblich) vorerst doch olympisch bleibt und an den Spielen 2024 in Paris teilnehmen wird. Etwas überraschend kam, dass die Aufnahme der beiden Coastal-Einer und eines Coastal Mixed-Doppelzweiers abgelehnt wurden – zumindest vorerst. Als Begründung nannte das IOC eine herausfordernde Integration der Sportart sowie die massiven Auswirkungen der Corona-Pandemie. Das IOC lässt weiterhin Spielraum, dass die neue Disziplin für 2028 in Los Angeles aufgenommen wird. „Der leichte Doppelzweier ist nach wie vor eine sehr geschätzte Bootsklasse und ich bin froh, dass wir gemeinsam mit den Athleten und Athletinnen 2024 mitfiebern können." zeigte sich Siegfried Kaidel darüber erfreut „Wir können uns auch glücklich schätzen, dass bei uns im Gegensatz zu anderen Sportarten keine Disziplin aus dem Programm genommen wurde und die perspektivische Aufnahme des Coastal Rowing für 2028 bestehen bleibt.“

Sanierung der Olympia-Regattastrecke München
Das seit Jahren diskutierte und 2019 beschlossene Budget für eine umfangreiche Sanierung der traditionsreichen Olympia-Regattastrecke in München-Oberschleißheim wurde um 6 Millionen auf nunmehr 9 Millionen Euro verringert. Dennoch blickt man den Umbauten in den nächsten Jahren freudig entgegen.

Verband und seine Mitglieder
Drei kooptierte Mitglieder für das Präsidium – ich freue mich, dass ab sofort Dr. Martina Schott, Dr. Lars Koltermann und Axel Eimers das DRV-Präsidium als „dauerhafte Gäste“ unterstützen werden.

Mit Oliver Zeidler, Donau-Ruder-Club Ingolstadt e.V., wurde in diesem Jahr auch ein Ruderer von der Jury in der Kategorie - "Botschafter des bayerischen Sports" für besondere Sympathieträger in Bayern - ausgezeichnet.

Für seine außergewöhnlichen sportlichen Erfolge wurde Dr. Thomas Lange, Vorsitzender des Ratzeburger Ruderclubs, in die „Hall of Fame“ der Stiftung Deutsche Sporthilfe aufgenommen. In den 80er und 90er Jahren dominierte er im Ruder-Einer sowie im Doppel-Zweier. Mit zwei Olympiasiegen und fünf Weltmeistertiteln gehört er seitdem mit zu den erfolgreichsten Ruderern weltweit.

Solche Auszeichnungen sind besondere Aushängeschilder für unseren Rudersport und unterstreichen den Stellenwert unseres Sports in Deutschland.

Neuer Referent für Marketing und Kommunikation
Nach dem Weggang von Patrick Amrhein haben wir seit Oktober einen neuen Mitarbeiter in der Geschäftsstelle, herzlich Willkommen Hajo Hollatz. Als Referent für Marketing und Kommunikation übernimmt Hajo auch einige Aufgaben von Judith Garbe, die sich aktuell im Mutterschutz befindet.

Neuigkeiten/Events
Aufgrund vermehrter Nachfrage nach einer alternativen Challenge, an der sich alle Ruderinnen und Ruderer beteiligen können, hat der DRV die Kampagne „Fit bleiben & Gutes tun“ ins Leben gerufen. In Form eines Ruderbingos kann sich so zwischen den Jahren fit gehalten und dabei Gutes getan werden für Verein und Umwelt. Wir freuen uns auf eine zahlreiche Teilnahme bei der ersten Auflage.

Für das zweite Quartal des Jahres 2021 ist die neue Kampagne „Woche des Rudersports“ geplant. In Anlehnung an den Tag des Rudersports können Vereine mit Hilfe des DRV einen (ruderspezifischen) Erlebnistag organisieren. Unser gemeinsames Ziel ist es, den Rudersport populärer zu machen und Mitglieder für die Vereine zu gewinnen. Weitere Infos dazu folgen.

 

Zu guter Letzt möchte ich mich im Namen des Präsidiums bei allen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitern für ihre Flexibilität, Zuverlässigkeit und ihre großartige Unterstützung in diesem außergewöhnlichen Jahr bedanken.

Der Rudersport hat in seiner Geschichte viele Herausforderungen erlebt. An dieser Stelle will ich nicht einzelne Ereignisse gegeneinander aufwiegen, aber aktuell ist die Covid-19-Pandemie die Herausforderung, die wir bewältigen müssen. Wenn wir uns hierbei auf unsere Werte des Rudersports besinnen und diese auch nach außen tragen, werden wir gestärkt aus der Pandemie hervorgehen. Rudern ist ein attraktiver Sport und ich bin sicher, dass die Menschen lokale Sportangebote mehr denn je interessieren werden. Hier können wir Ruderinnen und Ruderer mit unserer naturnahen Sportart, die nahezu im gesamten Leben ausgeübt werden kann, ein attraktives Angebot bieten. Die eigenen Bootshäuser bieten eine gewisse Unabhängigkeit von anderen öffentlichen Angeboten und eine Heimat für die Vereinsmitgliedschaft.

In diesem Sinne wünsche ich allen eine schöne Weihnachtszeit sowie einen guten Rutsch in ein hoffentlich gesundes neues Jahr! Passt auf Euch und Eure Mitmenschen auf!

Euer
Siegfried Kaidel